Der Prinz und der Soeldner
frustriert die Stirn. »Sicherlich kannst du die Datei auf dem internen System aufrufen.«
»Auf dem internen System, ja. Was ich nicht tun kann, ist das interne System mit einem externen System für eine Datenübertragung zu verbinden. Also hast du kein Glück.«
»Hast du eine Komkonsole für das interne System in eurem Büro?«
»Sicher.«
»Also«, sagte Miles ungeduldig, »dann ruf die Datei auf, dreh dein Pult herum, und lass die beiden Vids miteinander reden. Das kannst du doch machen, nicht wahr?«
Ivan kratzte sich am Kopf. »Würde das funktionieren?«
»Versuch es!« Miles trommelte mit den Fingern, während Ivan das Pult herumdrehte und an der Fokussierung rumfummelte. Das Vidbild war schwächer, aber lesbar.
»Ja, so habe ich es mir gedacht. Blättere für mich weiter, ja?«
Faszinierend, äußerst faszinierend. Die Datei enthielt eine Sammlung von geheimen Berichten einer Untersuchung des Sicherheitsdienstes über den mysteriösen Tod eines Gefangenen, für den Metzov zuständig gewesen war, einen komarranischen Rebellen, der seinen Wächter getötet hatte und selber getötet wurde, als er zu fliehen versuchte. Als der Sicherheitsdienst die Leiche des Komarraners für eine Autopsie anforderte, hatte Metzov Asche aus einem Kremation geschickt, zusammen mit einer Entschuldigung: wenn man ihm nur ein paar Stunden früher gesagt hätte, dass die Leiche gewünscht würde usw.
Der untersuchende Offizier wies auf Anschuldigungen wegen illegaler Folter hin – vielleicht aus Rache für den Tod des Wächters? –, aber er konnte nicht genügend Beweise zusammenbringen, um die Genehmigung zu erhalten, die barrayaranischen Zeugen, darunter auch einen gewissen Fähnrich Ahn, unter Schnell-Penta zu vernehmen. Der untersuchende Offizier hatte einen formellen Protest eingelegt gegen die Entscheidung seines Vorgesetzten, den Fall abzuschließen, und das war das Ende. Anscheinend. Wenn es noch mehr Informationen zu dieser Geschichte gab, so existierten sie nur in Simon Illyans bemerkenswertem Kopf, einer geheimen Datei, die Miles nicht anzapfen konnte. Und doch war damals Metzovs Karriere abrupt zu einem Halt gekommen.
»Miles«, unterbrach Ivan zum vierten Mal, »ich glaube, wir sollten das wirklich nicht tun. Das ist ein Zeug, von dem man hier sagt: Schlitz dir die Kehle auf, bevor du es liest.«
»Wenn wir es nicht tun sollten, dann sollten wir es auch nicht können. Du müsstest doch immer noch das Kabel für Direktübertragung dazu haben. Kein wirklicher Spion wäre dumm genug, dort stundenlang im Kaiserlichen Hauptquartier zu sitzen und solches Zeug von Hand durchzublättern und darauf zu warten, dass er erwischt und erschossen wird.«
»Jetzt reicht’s.« Ivan brach mit einem Schlag seiner Hand auf die Tastatur die Anzeige der Datei des Sicherheitsdienstes ab. Das Vidbild schwankte heftig, als Ivan sein Pult wieder herumdrehte, dann hörte man ein schrubbendes Geräusch, denn er rieb hektisch mit seinem Stiefel über die Spuren auf dem Teppich.
»Ich habe nichts getan, hörst du?«
»Ich habe doch nicht dich gemeint. Wir sind doch keine Spione.« Miles sank bedrückt zusammen. »Trotzdem … ich nehme an, irgend jemand sollte Illyan von dem kleinen Loch erzählen, das man in seinen Sicherheits-Vorkehrungen übersehen hat.«
»Ich nicht!«
»Warum nicht du? Bring es als eine brillante theoretische Anregung ein. Vielleicht verdienst du dir eine lobende Erwähnung. Sag ihm natürlich nicht, dass wir es tatsächlich gemacht haben. Oder vielleicht haben wir nur deine Theorie getestet, was meinst du?«
»Du«, sagte Ivan streng, »bist Gift für meine Karriere. Verdunkle nie wieder meine Vidscheibe. Ausgenommen zu Hause, natürlich.«
Miles grinste und erlaubte seinem Cousin, sich auszuklinken. Er saß noch eine Weile in dem Büro, beobachtete, wie die bunten Wetterholos flimmerten und sich veränderten, und dachte über den Kommandanten der Basis nach und über die Arten von Unfällen, die trotzigen Gefangenen widerfahren konnten.
Nun gut, das war alles vor sehr langer Zeit gewesen. In fünf Jahren würde Metzov vielleicht in den Ruhestand treten, mit seinem Status als Mann mit einer Dienstzeit von zweimal zwanzig Jahren und mit einer Pension, und damit in die Bevölkerungsgruppe der unangenehmen älteren Männer überwechseln. Also nicht so sehr ein Problem, das unbedingt gelöst werden musste, sondern einfach überstanden, ausgestanden, zumindest was Miles anging. Er rief sich ins Gedächtnis,
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