Der Prinz von Atrithau
wisst Euch zu verteidigen.«
Unvermittelt ließ er den Säbel kreisförmig durch die Luft zischen. Die Sonne blitzte wie von silbernen Radspeichen.
Der Prophet hatte sich erhoben, zog sein seltsames Schwert mit dem großen Knauf rechtshändig aus der Schulter scheide, richtete es auf den Boden vor seinen Stiefeln und kickte dem Schwerttänzer damit eine Ladung Staub in die Augen. Als der Hüne fluchend einen Schritt zurückstolperte, machte der Prinz einen Satz nach vorn, stieß ihm die Schwertspitze tief in den Gaumen und legte den Toten mit der Waffe am Boden ab.
Nun stand er allein vor einem Panorama aus Streit und Jammer. Haupthaar und Bart flatterten im Wind. Dann drehte er sich zu Martemus um und schritt über den Leichnam des Schwerttänzers hinweg.
Im Schein der Morgensonne erschien er dem General wie eine schreckliche, allzu grelle Vision.
Der General stolperte rückwärts und hatte Mühe, sein Schwert zu ziehen.
»Martemus«, sagte die Vision, streckte die Hand aus und packte den General am Handgelenk.
»Ja, Prophet«, keuchte Martemus.
Die Vision sagte lächelnd: »Skauras weiß, dass der Scylvendi uns führt. Er hat die Swazond-Standarte gesehen.«
General Martemus stierte sein Gegenüber verständnislos an.
Der Kriegerprophet drehte sich um und wies mit dem Kopf auf das Schlachtfeld.
Dort waren keine Kampflinien mehr zu erkennen. Martemus entdeckte zuerst Proyas und seine Ritter aus Conriya, die im Lehmziegeldurcheinander des fernen Dorfs gestrandet waren. Mehrere tausend Reiter der Kianene kamen – angeführt von der dreieckigen Standarte von Cuäxaji, dem Sapatishah von Khemema – aus dem Schatten der Obstgärten gestürmt und rauschten ihnen in die Flanke. Die Leute aus Conriya sind verloren, dachte Martemus, begriff aber nicht, worauf der Kriegerprophet hinauswollte… Dann blickte er Richtung Anwurat.
»Khirgwi«, murmelte der General. Sie preschten zu Tausenden auf Kamelen heran, stürmten in die hastig zusammengezogene Infanterie der Leute aus Conriya, rollten ihre Flanken auf und hetzten die Anhöhe hinauf, der Swazond-Standarte entgegen.
Ihnen entgegen.
Ihr zermürbendes Kriegsgeheul übertönte den übrigen Lärm.
»Wir müssen fliehen! «, schrie Martemus.
»Nein«, sagte der Kriegerprophet. »Die Swazond-Standarte kann nicht untergehen.«
»Natürlich kann sie das!«, rief Martemus. »Sie ist schon mal untergegangen!«
Der Kriegerprophet lächelte, und in seinen Augen glitzerte etwas Wildes und Unbesiegbares. »Es kommt auf die Überzeugung an, General Martemus«, sagte er und packte ihn mit auratisch leuchtender Hand an der Schulter.
»Im Krieg siegt, wer vom Sieg überzeugt ist.«
Verwirrung und nackte Angst hatten die Ritter der Ainoni ergriffen. Vom Staub um die Orientierung gebracht, riefen sie nach ihren Kameraden, um sich auf eine Vorgehensweise zu einigen. Scharen leichtfüßiger Bogenschützen umgaben sie und schossen ihnen die Pferde unterm Hintern weg. Ritter fluchten und duckten sich unter ihre von Pfeilen gespickten Schilde. Jedes Mal, wenn Uranyanka, Sepherathindor und die anderen angriffen, flohen die Kianene in alle Richtungen, hängten die Inrithi ab und ließen dabei noch mehr Ritter auf den ausgedörrten Boden krachen. Viele Ainoni hatten völlig die Orientierung verloren, saßen plötzlich irgendwo fest und wurden von allen Seiten bedrängt. Kusjeter, der Pfalzgraf von Gekas, fand sich zufällig auf dem Höhenkamm wieder und war auf einmal zwischen den mit Speeren bewehrten Dämmen, die die ersten Attacken der Ainoni abgewehrt hatten, und den unbarmherzigen Lanzen der nachdrängenden Coyauri gefangen. Immer wieder wehrte er die Elitekavallerie der Kianene ab, wurde dann aber abgeworfen und von den eigenen Männern für tot gehalten. Nun gerieten sie in Panik, und er wurde erst bei ihrer Flucht totgetrampelt.
Unterdessen stürmte Cinganjehoi, der Sapatishah von Eumarna, über die tiefer gelegenen Weiden. Die meisten seiner Granden schwärmten nordwärts aus, um das Lager der Inrithi in Schutt und Asche zu legen. Der Tiger selbst galoppierte mit seiner Gardekavallerie durch Scharen Reißaus nehmender Fußsoldaten der Ainoni nach Westen und überrannte den Kommandoposten von General Setpanares. Der General wurde getötet, Chepheramunni aber gelang erstaunlicherweise die Flucht.
Weit im Nordwesten versank der Kommandostand Cnaiürs von Skiötha, des Schlachtmeisters des Heiligen Kriegs, in Chaos und wechselseitigen Verratsvorwürfen. Die vielen
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