Der Prinz von Atrithau
aufmunterndes Wort auf den Lippen und erinnerte sie daran, der Glaube bewähre sich vor allem in Situationen der Prüfung.
Gefolgt von zwei schönen Frauen, verbreitete auch Kellhus stärkende Worte. Sie würden nicht einfach leiden, sagte er den Inrithi, sie würden für etwas leiden – für Shimeh, für die Wahrheit, für Gott! Und für Gott zu leiden, bedeute, sich Ruhm im Jenseits zu sichern. Zwar würden viele in diesem Glutofen zu Grunde gehen, doch wer überlebe, werde den Charakter seines Herzens kennen und anders als andere sein – mehr als andere.
Er werde zu den Auserwählten gehören.
Wo immer Prinz Kellhus und seine beiden Frauen auftauchten, drängten sich Menschen um sie und bettelten darum, berührt, geheilt und von ihren Sünden losgesprochen zu werden. Mit wüstenfarbenem Staub, sonnengebräuntem Gesicht und wallendem, fast weiß gebleichtem Haar schien Kellhus der Inbegriff von Sonne, Stein und Sand zu sein. Er allein konnte in die endlose Carathay starren und lachen, die Arme zum Nagel des Himmels ausstrecken und Dank sagen für ihr Leiden.
»Gott hat es so gewollt!«, rief er dann. »Gott!«
Und seine Worte waren wie Wasser.
In der dritten Nacht hielt er in einer Senke zwischen zwei Dünen, markierte eine Stelle im zertrampelten Sand und hieß mehrere seiner engen Vertrauten, seiner Zaudunyani, zu graben. Als sie die Hoffnung fahren lassen wollten, etwas zu finden, befahl er ihnen, weiterzumachen, und sie erreichten feuchten Sand… Dann ging er weiter und hieß die Vorbeieilenden, an verschiedenen Stellen weitere Löcher zu graben. Andere ließ er einen bewaffneten Verteidigungsring bilden. Durch Wälle von Speeren zurückgehalten, drängten sich die erstaunten Inrithi zu Tausenden am Rand der Senke und warteten neugierig, was geschehen würde. Nach einigen Stunden glitzerten vierzehn Teiche im Mondlicht.
Das Wasser war schlammig, aber süß, und es schmeckte nicht nach Toten.
Als die ersten Hohen Herren sich schimpfend einen Weg in die Senke bahnten, sahen sie Prinz Kellhus und ein Dutzend andere knietief in einem Teich stehen und den gierig ausgestreckten Händen über ihnen prall gefüllte Wasserschläuche zuwuchten.
»Er hat mich hierher gewiesen«, sagte Kellhus lachend, als die Inrithi ihm zujubelten. »Gott hat mich hierher gewiesen!«
Auf Geheiß der Hohen Herren wurden weitere Brunnen gegraben und neue Wasservorräte angelegt. Da der größte Teil des Heiligen Kriegs stark dehydriert war, wurde eine mehrtägige Rast gemacht. Man schlachtete die letzten Pferde und verspeiste sie in Ermangelung von Holz roh. Im Rat wurde Kellhus zu seiner Entdeckung beglückwünscht, doch das war fast alles. Viele Inrithi – vor allem aus den niederen Ständen – bejubelten ihn als den Kriegerpropheten. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit berieten die Hohen Herren über den Prinzen von Atrithau, wurden sich aber nicht einig. Ikurei Conphas warnte, die Wüste habe schon den falschen Propheten Fane hervorgebracht.
Derweil sammelten die Khirgwi sich in der Überzeugung, der Heilige Krieg habe wie ein Schakal seinen Platz zum Sterben gefunden. In der nächsten Nacht griffen sie in großer Zahl an. Tausende Kamelreiter stürmten in der Erwartung über die Dünen, mehr Leichen als Lebende anzutreffen. So überrascht die Männer des Stoßzahns auch waren, gelang es ihnen doch – körperlich und im Glauben frisch gestärkt –, die Wüstenkrieger einzukreisen und niederzumetzeln. Ganze Stämme, die bei den Scharmützeln in Khemema schon viel Blut gelassen hatten, wurden vernichtet. Die Überlebenden zogen sich in ihre verborgenen Oasen zurück.
Die letzten Nahrungsvorräte gingen zur Neige. Erneut wurden Schläuche gefüllt und auf starke Rücken gepackt. In der dunklen Wüste stimmten sie Lieder an, oft waren es Lobgesänge auf den Kriegerpropheten. Der Heilige Krieg nahm den Marsch nach Süden ungebrochen und trotzig wieder auf. Seit Mengedda war er um fast ein Drittel geschrumpft, doch noch immer reichten seine Verbände bis zum Horizont.
Sie durchquerten tiefe, vom seltenen Winterregen ausgewaschene Wadis, erklommen Wanderdünen und lachten erneut über die Kotjäger, die mit ihrem Dung über den Sand huschten. Der Tag brach an, und sie schlugen ihre Zelte gegen die sengende Sonne auf, um die gnadenlose Hitze zu verschlafen.
Als es Abend wurde und sich das Heer erneut marschbereit machte, bemerkten viele die Wolken im Westen – die ersten, die sie seit Gedea gesehen zu haben glaubten. Ihr
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