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Der Prinz von Atrithau

Der Prinz von Atrithau

Titel: Der Prinz von Atrithau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. Scott Bakker
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wie.
    Aber die Männer des Stoßzahns scherten sich nicht mehr darum. Sie tranken Wasser, würgten und tranken mehr davon. Tausende und Abertausende rannten brüllend die Dünen herunter, fielen in die Oase ein und drückten und stießen die Leute vor ihnen, nur um selbst von den Nachdrängenden gedrückt und gestoßen zu werden. Hunderte wurden zu Tode gequetscht, weitere Hunderte ertranken. Es verstrich viel Zeit, bis die Hohen Herren Ordnung herstellen konnten. Lehnsleute und Ritter drängten die Männer mit vorgehaltener Klinge aus der Oase und mussten dabei mehr als nur ein paar Exempel statuieren. Schließlich wurden lange Reihen gebildet, um die Wasserschläuche zu füllen und zu verteilen. Auch wurden die Toten aus dem Teich geborgen und in der Sonne gestapelt.
    Die Hohen Herren verweigerten Detnammi und seinen Männern ein ehrenvolles Begräbnis, weil ihnen klar war, dass er nicht nach den Brunnen der Khirgwi gesucht hatte, sondern direkt Richtung Subis gezogen war, um seine Haut zu retten. Chepheramunni, der regierende König von Ainon, brandmarkte den Pfalzgrafen von Eshkalas öffentlich und erkannte ihm posthum Rang und Stellung ab. Flüche wurden in seine Haut geritzt, ehe er den Geiern zum Fraß vorgeworfen wurde.
    Unterdessen löschten die Männer des Stoßzahns ihren Durst. Viele zogen sich in den Schatten der Palmen zurück, lehnten sich an die Stämme und staunten darüber, wie sehr Palmwedel Geierflügel ähnelten. Nun, da ihr Durst gestillt war, begannen sie sich Sorgen über Krankheiten zu machen. Die heilkundigen Priester des Seuchengottes, die Akkeägni, wurden vor die Hohen Herren zitiert und zählten die Krankheiten auf, die man sich zuziehen konnte, wenn man von Leichen verunreinigtes Wasser trank. Da sie ihre Medizin und ihre Kultgegenstände in der Wüste hätten zurücklassen müssen, könnten sie im Übrigen kaum mehr als Präventivgebete murmeln, erklärten sie.
    Gott würde damit kaum zufrieden sein.
    Alle bekamen die eine oder andere Beschwerde wie Frösteln oder Übelkeit, doch Tausende wurden schwer krank und litten an Brechkrämpfen oder hartnäckigem Durchfall. Am nächsten Morgen war die Haut der am stärksten Betroffenen voll roter Stellen, und sie krümmten sich mit Unterleibsschmerzen.
    Im Rat stierten die Hohen Herren ständig auf die Landkarten von Conphas. Enathpaneah war, wie sie wussten, einfach zu weit weg. Sie sandten mehrere Dutzend Trupps an verschiedene Punkte der Küste, wo sie – entgegen aller Wahrscheinlichkeit – die kaiserliche Flotte zu finden hofften. Der Kaiser wurde übler Machenschaften beschuldigt, und Conphas und Saubon mussten zweimal davon abgehalten werden, aufeinander loszugehen. Als die Suchtrupps erfolglos zurückkehrten, einigten die Hohen Herren sich darauf, weiter nach Süden zu marschieren.
    So oder so – Gott sei mit ihnen, sagte Prinz Kellhus.
    Mit Schläuchen voll verschmutzten Wassers verließen die Inrithi am nächsten Abend Subis. Mehrere hundert Mann, die zu krank waren, blieben zurück und warteten auf die Khirgwi.
    Krankheiten verbreiteten sich unter den Inrithi, und wer keine Freunde oder Verwandten hatte, wurde zurückgelassen. Der Heilige Krieg wurde zu einer Armee schlurfender Menschen und stolpernder Pferde, die durch bläuliche Landschaften aus von der Sonne zerborstenem Fels und im Sand verstreutem Kies zog. Um den Nagel des Himmels drehten sich Wolken von Sternen. Wer zu krank war, Schritt zu halten, fiel zurück, weinte zerrüttet im Staub und fürchtete die Morgensonne wie die Khirgwi.
    »Enathpaneah«, flüsterten die Wanderer sich ermunternd zu, doch die Hohen Herren hatten gelogen, als sie gesagt hatten, es liege nur drei Tage entfernt – tatsächlich waren es mehr als sechs. »Gott wird uns den Weg nach Enathpaneah weisen.«
    Ein verheißungsvoller Name. Wie Shimeh.
    Für die, die an Durchfall litten, war die Wasserration einfach zu klein. Ohnehin geschwächt, brachen sie zusammen und rangen im kühlen Sand nach Atem. So starben tausende von Erkrankten.
    Nach zwei Tagen ging das Wasser zu Ende, und der Durst kam zurück. Lippen wurden spröde, Blicke merkwürdig weich. Die Haut wurde straffer und trocken wie Papyrus und riss an den Gelenken.
    Einige Männer wirkten in dieser Prüfung unglaublich stark. Proyas gehörte zu den wenigen Adligen, die sich weigerten, ihr Pferd zu tränken, solange ihre Männer dursteten. Er hielt sich inmitten der unerschütterlichen Ritter und Soldaten aus Conriya auf, hatte stets ein

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