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Der Prinz von Atrithau

Der Prinz von Atrithau

Titel: Der Prinz von Atrithau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. Scott Bakker
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gesorgt, dass ihr alle auf diesem verfluchten Schlachtfeld umgekommen wärt! Und glaubt mir – dies ist der Ort, an dem ihr keinesfalls sterben wollt…«
    Saubon sah ihn nur sprachlos an.
    »Ihr wisst, wovon ich rede«, sprach der Oberbefehlshaber ihn nun direkt an, »und dass Euer Handeln schreiende Torheit war.« Auf seinem goldenen Brustharnisch spiegelte sich das Feuer, als würden ihm brennende Ölschlieren über die Rüstung laufen.
    Die Menge war komplett verstummt. Kellhus begriff, dass er nun einschreiten musste.
    Conphas ist zu schlau, um…
    »Die Feiglinge sehen überall Torheit«, dröhnte eine kraftvolle Stimme von den unteren Rängen. »Alle Kühnheit gilt ihnen als unbesonnen, weil sie ihre Feigheit Umsicht nennen.« Cnaiür hatte sich von seinem Platz neben Xinemus erhoben.
    Monate waren vergangen, und noch immer überraschte Kellhus der Scharfsinn des Scylvendi. Cnaiür hatte die Gefahr offenbar erkannt und begriffen, dass Saubon nutzlos war, wenn er in Misskredit geriet.
    Conphas lachte. »Dann bin ich also ein Feigling, Scylvendi?« Mit der rechten Hand stieß er wie zufällig an den Knauf seines Schwerts.
    »In gewisser Hinsicht ja«, sagte Cnaiür. Er trug eine schwarze Kniehose und eine graue Weste, die ihm bis zur Taille reichte. Beides hatte er im Lager der Kianene erplündert. Die Weste ließ seine nackte Brust und die narbigen Arme sehen. Der Widerschein des Feuers lag schimmernd auf ihrer Seidenstickerei und glitzerte aus seinen blassen Augen. Wie immer strahlte der Mann aus der Steppe eine wilde Intensität aus, die andere, wie Kellhus merkte, in nicht näher zu definierende Alarmbereitschaft versetzte. Alles an ihm wirkte hart wie eine Sehne, die man nicht zerschneiden konnte, sondern zersägen musste.
    »Durch deinen Sieg über die Scylvendi hast du großen Ruhm erlangt«, fuhr Cnaiür fort. »Deshalb missgönnst du anderen den gleichen Ruhm. Der Heldenmut und die Weisheit Saubons haben Skauras besiegt – und das ist keine Kleinigkeit, wenn man dem glauben darf, was du beim Kniefall vor deinem Kaiser gesagt hast. Da aber dieser Ruhm nicht deiner ist, hältst du ihn für falsch. Du nennst ihn Narrheit, bloßes Glück…«
    »Aber es war bloßes Glück!«, rief Conphas. »Die Götter begünstigen Trunkene und Geistesschwache… Das ist das Einzige, was wir gelernt haben.«
    »Ich weiß nicht, wen deine Götter begünstigen«, gab Cnaiür zurück, »doch du hast viel gelernt, sehr viel. Du hast gelernt, dass die Fanim einem entschlossenen Angriff der Ritter nicht standhalten und eine Abwehrstellung des Fußvolks nicht durchbrechen können. Du hast die Stärken und Schwächen ihrer Taktik und ihrer Waffen gegen einen schwer gerüsteten Widersacher kennen gelernt. Du hast die Grenzen ihrer Geduld erlebt. Und du hast sie etwas sehr Wichtiges gelehrt: das Fürchten nämlich. Selbst in den Hügeln rennen sie nun davon wie Schakale vor dem Wolf.«
    Jubel brandete durch die Menge und wuchs nach und nach erneut zu ohrenbetäubendem Gebrüll.
    Benommen sah Conphas den Scylvendi an. Seine Finger kneteten den Knauf seines Schwerts. Er war rundum besiegt. Und das so schnell…
    »Wird Zeit für eine neue Narbe auf deinen Armen!«, schrie jemand, und das Theater dröhnte vor Lachen. Cnaiür schenkte der Versammlung ein seltenes, freilich böses Grinsen.
    Sogar aus der Entfernung sah Kellhus den Oberbefehlshaber der Nansur weder Scham noch Verlegenheit empfinden, sondern lächeln, als hätte eine Gruppe Lepröser seinen Schönheitssinn beleidigt. Für Conphas bedeutete der Spott vieler Tausender so wenig wie der Spott eines Einzelnen. Es zählte allein das Spiel.
    Unter denen, die Kellhus beherrschen musste, war Ikurei Conphas ein besonders schwieriger Fall. Nicht nur litt er an grotesk übertriebenem Stolz, sondern zudem an pathologischer Geringschätzung anderer. Außerdem glaubte er wie sein kaiserlicher Onkel, Kellhus habe mit Skeaös in Verbindung gestanden – also mit den Cishaurim, wenn man Achamian trauen konnte. Zählte man noch eine Kindheit inmitten der labyrinthischen Intrigen im Kaiserpalast hinzu, dann war Conphas fast so immun gegen die Techniken des Dûnyain wie der Scylvendi.
    Und er plante – wie Kellhus wusste – etwas für den Heiligen Krieg Katastrophales.
    Noch ein Rätsel. Noch eine Bedrohung.
    Die Hohen Herren stritten weiter über dieses und jenes. Zuerst meldete sich Proyas mit Argumenten zu Wort, die er – wie Kellhus vermutete – mit Cnaiür geübt hatte. Er schlug

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