Der Prinzessinnenmörder
Gelegenheit, um mit Essens- und Getränkeständen Umsatz zu machen. Auch der Kakadu hatte eine kleine Bar aufgebaut, an der man Getränke, heiße Würste und Apfelstrudel aus der Mikrowelle kaufen konnte. Wie Wallner gehofft hatte, war Melanie Polcke am Stand. Conny Polcke war ebenfalls da und half ihrer Mutter. Mit bemüht lockerem Schritt näherte sich Wallner dem Stand, musste aber eine Weile warten, bis Melanie sich umdrehte und ihn bemerkte. Sie lächelte.
»Hallo«, sagte Wallner.
»Hallo«, sagte Melanie. »Kommen Sie nicht mehr in den Kakadu?«
»Ich war sehr beschäftigt die letzten Tage.«
»Ja. Kann ich mir vorstellen. Möchten Sie was zu trinken?«
»Gibt’s ganz normalen Kaffee?«
»Klar. Auf Wunsch sogar mit Sahne aus der Dose.«
»Milch und Zucker reicht. Danke.«
»Spatz!« Melanie Polcke wandte sich an ihre Tochter, die gerade mit einem gleichaltrigen Mädchen schwatzte. »Bringst du mal einen Kaffee mit Milch und Zucker?«
Conny Polcke setzte sich widerwillig in Richtung Kaffeeautomat in Bewegung.
»Ich wollte meine Frage noch einmal wiederholen.«
Melanie sah ihn fragend an.
»Ob wir mal abends was zusammen machen wollen.«
»Ja, stimmt. Da sollten wir drüber reden.« Sie sah ihm direkt in die Augen. »Ich heiße übrigens Melanie.«
»Schön. Ich mag den Namen. Hat so was Sanftes. Kann natürlich täuschen.«
»O ja. Da wär ich vorsichtig.«
»Ich heiße Clemens«, sagte Wallner.
»Clemens!« Melanie nickte wissend.
»Ist was mit dem Namen?«
»Nein … Also irgendwie schon. Meine Jugendliebe hieß Clemens.«
»Was für ein witziger Zufall«, sagte Wallner, unsicher, was er davon halten sollte.
»Wir waren über zehn Jahre zusammen.«
»Dann ist Clemens-Ex der Vater von …«, Wallner deutete auf Conny, die gerade mit dem Kaffee kam. Sie stellte die Tasse vor Wallner ab.
Wallner dankte. Dann wandte sich Conny an ihre Mutter. »Hat ein bisschen gedauert. Es ist nämlich einiges los, und ich schmeiß den Laden ganz allein, falls du es noch nicht gemerkt haben solltest.«
»Du machst das super, Spatz. Und Mami hat das durchaus bemerkt.«
Conny kniff ihrer Mutter kräftig in die Hüfte und ging wieder. Es war jetzt wirklich mehr Betrieb. Das schien Melanie aber nicht zu stören.
Melanie lachte. »Ist ein tolles Thema fürs erste Date – Ex-Partner.«
»Find ich auch«, sagte Wallner. »Vor allem, wenn einer noch nicht so richtig drüber weg ist.«
»Klingt nach ’ner schlechten Erfahrung.«
»Mein letztes Date hat schon geheult, als die Getränke kamen. War wohl alles noch ein bisschen frisch.«
»Keine Sorge. Ich mach so was nicht. Und Clemens haben wir eh durch. Wie sieht’s bei dir aus?« Sie ging ohne weitere Formalien zum Du über. Wallner war erleichtert, dass das Thema damit abgehakt war.
»Ach, ist nicht so interessant.«
»Wieso?«
Wallner sah ein neugieriges Blitzen in Melanies Augen. Er fand das ausgesprochen weiblich und anziehend.
»Warum müssen Frauen immer im Privatleben anderer Menschen herumstochern?«
»Weil’s interessant ist.«
Wallner puhlte zwei Zuckerwürfel aus dem Papier und ließ sie in den Kaffee gleiten.
»Kann aber auch gefährlich werden. Man weiß ja nie, was rauskommt.«
»Das ist ja das Spannende.«
»Was willst du wissen?«
»Deine längste Beziehung.«
»Sieben Jahre.«
Melanie taxierte Wallner.
»Du warst verheiratet, stimmt’s?«
»Ja. Die Scheidung ist fünf Jahre her.«
»Kinder?«
Wallner zögerte.
»Das weiß man doch.«
»Ein Mädchen. Marlene.«
»Klingt ein bisschen wie Melanie.«
Wallner lächelte in sich hinein und rührte etwas verlegen im Kaffee.
»Mag sein. Ja.«
»Wie alt ist Marlene?«
»Sie lebt nicht mehr.«
Melanies Blick verfinsterte sich. Aus dem netten Geplauder war man mit einem Mal auf vermintes Terrain geraten.
»Das tut mir leid. Du hattest recht. Ich bin zu neugierig.«
»Das muss dir nicht peinlich sein. Ich hab eigentlich nur Angst vor dem Thema, weil ich weiß, dass es für andere unangenehm ist. Ist auch alles schon eine Zeitlang her.«
»Woran ist Marlene gestorben?«
»Marlene war schwerbehindert, als sie zur Welt kam. Die Ärzte haben ihr nicht mehr als vier Wochen gegeben. Sie … sie hat fast drei Monate gelebt.«
»Habt ihr vorher gewusst, dass sie behindert ist?«
»Ja. Wir wussten, dass sie nicht lange leben wird.«
Melanie sagte nichts. Dann wandte sie den Blick zu ihrer Tochter, die gerade kassierte. Als sie Wallner wieder ansah, war die Beklemmung nicht
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