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Der Prinzessinnenmörder

Der Prinzessinnenmörder

Titel: Der Prinzessinnenmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Föhr
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bitten, ihn unter ihre Decke zu lassen. Er hatte seit vierzehn Jahren keine Frau mehr berührt. Aber er wusste noch, wie das war, wenn man mit einer Frau unter einer Decke lag. Es war ein Gefühl, das einen jedes Misstrauens beraubte, das einem Geborgenheit vorgaukelte und Sicherheit. Genau dieses Gefühl wollte er jetzt haben. Es war ihm egal, ob Frau Dr.Jochbein ihn hinterging. Vielleicht hasste sie im Inneren ja, was sie tat. Vielleicht zwangen sie sie dazu. Das änderte nichts an den Tatsachen. Aber unter diesen Umständen würde es Wickede möglich sein, mit ihr zu schlafen.
    Frau Dr.Jochbein wohnte in der Bismarckstraße. Das hatte Wickede auf einer Postkarte aus Norwegen gelesen, die die Ärztin neben viele andere an der Pinnwand der Stationsteeküche angeheftet hatte. Auch Wickede hatte dort eine Karte hängen. Die hatte ihm sein Bruder vor acht Jahren aus der Türkei geschrieben. Wickede wusste von der Bismarckstraße, dass sie in Dortmund-Süd lag. Wo sich der Hafen befand, war ihm nach all den Jahren entfallen. Eigentlich war er auch früher nie am Hafen gewesen. Jetzt bedauerte er das.
    Wickede sah sich um. Es war niemand zu sehen. Nur Straße, Betongeländer, Kräne, Binnenschiffe. Er lauschte in die Nacht und hörte das Rauschen der kahlen Bäume im Wind. Aber kein Auto. Er sah die Straße hinunter, dann in die Gegenrichtung. Kein Scheinwerfer blitzte auf, kein Motorengeräusch drang durch die Dunkelheit. In etwa hundert Metern Entfernung führte eine Brücke über einen Kanal. Aus dieser Richtung blies ein Windstoß. Wickede hörte deutlich eine menschliche Stimme. Dann war da wieder nur das Rauschen der Bäume. Er ging ein paar Schritte zur Seite, denn der Schein einer Straßenlaterne versperrte ihm die Sicht auf einen Teil der Brücke. Dort bewegte sich etwas, wie Wickede nun erkennen konnte. Es war ein Mann, daneben ein Auto. Wickede wusste nicht, was dieser Mensch dort um die Zeit zu schaffen hatte. Aber der Mann auf der Brücke war der Einzige weit und breit, der Wickede sagen konnte, in welche Richtung es zur Bismarckstraße ging. Möglicherweise handelte es sich auch um einen Agenten der Gegenseite, der sich nur zu dem Zweck dort drüben den Arsch abfror, Wickede zu beschatten. Wenn dem so war, dann bestand sogar eine Chance, dass der Mann ihn mit dem Auto zu Frau Dr.Jochbein fuhr.
    Auf dem Weg zur Brücke bemerkte Wickede, dass der Mann einen schweren Gegenstand über das Geländer wuchtete. Den Gegenstand konnte man nicht erkennen. Die Laternen am anderen Ufer blendeten zu stark. Als Wickede die Brücke erreichte, war der Mann dabei, den Gegenstand am Brückengeländer festzubinden. Das schien den Mann anzustrengen. Er stöhnte und fluchte leise und bemerkte Wickede nicht. Erst als Wickede sich dem Mann auf vier Meter genähert hatte, wurde der auf ihn aufmerksam und wandte ihm den Kopf zu. Der Mann trug eine Baseballkappe, deren Schirm tief ins Gesicht gezogen war. Auch ohne die Kappe hätte man die Augen des Mannes nicht sehen können. Denn er trug trotz der nächtlichen Stunde eine Sonnenbrille. Wickede hob die Hand zum Gruß und zum Zeichen, dass er in friedlicher Absicht gekommen war. Der andere richtete sich auf und hob ebenfalls die Hand – wenngleich zögernd.
    »Kennen Sie mich?«, fragte Wickede.
    »Nein«, sagte der Mann. »Warum?«
    »Vielleicht hat man Ihnen Fotos von mir gezeigt. Oder eine Videoaufnahme.«
    »Nein … hat man nicht. Wer sollte mir so etwas zeigen?«
    »Lassen wir die Spielchen. Wir können offen reden. Alles andere ist vergeudete Zeit. Irgendwie kommt mir Ihre Stimme bekannt vor. Sind wir uns vielleicht schon mal begegnet?«
    »Nein, bestimmt nicht.«
    Wickede war sich absolut sicher, den Mann schon einmal getroffen zu haben. Er kannte die Stimme. Es wunderte Wickede allerdings nicht, dass der Mann das abstritt.
    »Wie Sie meinen«, sagte Wickede. »Habe ich Sie übrigens gestört?«
    »Wie?«
    Wickede wies auf das Seil, das am Brückengeländer befestigt war.
    »Oh, das … nein. Ich war gerade fertig.«
    »Ist das, was sie da tun, etwas Wichtiges – oder haben Sie sich nur die Zeit vertrieben, bis ich vorbeikomme?«
    »Nun, als Zeitvertreib möchte ich es nicht bezeichnen. Es hat … Bedeutung.«
    »Verstehe. Sie sind beruflich hier?«
    »Ja, genau.«
    »Was ist Ihr Beruf?«
    »Ich bin … nun, ich war Versicherungsagent.«
    »Was macht ein Versicherungsagent morgens um Viertel nach vier am Dortmunder Hafen?«
    Der Mann zögerte, überlegte, dann lachte

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