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Der Prinzessinnenmörder

Der Prinzessinnenmörder

Titel: Der Prinzessinnenmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Föhr
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Kürze wettzumachen.
    Sie blickten die Straße hinauf, hinein in die Sonne. Es war kein Fahrzeug zu sehen. Dann blickte Schartauer in die andere Richtung. Hier war die Sicht besser, weil ihm die Sonne im Rücken stand. Aber auch aus dieser Richtung näherte sich nichts. Sie standen eine Weile. Die Sonne sank tiefer, die Schatten auf dem Schnee wurden länger. Schartauer sah Kreuthner von der Seite an. Kreuthner blickte mit scharfem Blick mal hierhin, mal dorthin, als seien dort Einzelheiten zu sehen, die er sich einprägen musste, um sie im rechten Augenblick in Zusammenhang mit anderen scheinbar ebenfalls nebensächlichen Einzelheiten zu setzen und dann unerbittlich seine Schlussfolgerungen zu ziehen. In der Hauptsache gab es hier Schnee zu sehen. Außerdem kahle Bäume und gelegentlich Zaunpfähle, die aus dem Schnee ragten. Kreuthner sah zu Schartauer, wandte aber den Blick schnell ab, als er merkte, dass Schartauer seinerseits zu ihm sah. In diesem Augenblick hörte man das Geräusch eines herannahenden Fahrzeugs.
    Rathberg hatte drei Stellen im Landkreis ausgesucht, die ihm für sein Vorhaben geeignet erschienen. Sie mussten einerseits so beschaffen sein, dass man nicht von Zeugen gesehen werden konnte. Andererseits durften sie nicht so abseits liegen, dass bei dem Mädchen Argwohn aufkam. Eine vertrauensvolle Atmosphäre war unabdingbar. Wenn das Mädchen Verdacht schöpfte oder sich auch nur Sorgen machte, konnten unvorhergesehene Dinge passieren, die die Ausführung der Tat unmöglich machten. Rathberg war bewusst, dass der Erfolg seines Unternehmens von einer Vielzahl von Umständen abhing. Bis jetzt hatte alles funktioniert. Aber er wollte nicht den Fehler vieler Erfolgreicher machen: zu glauben, ihm würde alles gelingen.
    Im Laderaum des Transporters waren zwei Filmkameras, mehrere Stative, Scheinwerfer und andere Filmausrüstung. Darunter auch ein schwarzes Flightcase, in dem sich neben Filzdecken eine Thermoskanne, eine Schere zum Zerschneiden der Kleidung des Mädchens, ein goldenes Brokatkleid in Größe 34 sowie eine angebrochene Flasche Flunitrazepam befanden. Rathberg hatte entschieden, auf Nebenstraßen zu fahren. Möglicherweise gab es Polizeikontrollen, und er wusste nicht, wie weit die Polizei schon bei ihren Ermittlungen gekommen war. Es war denkbar, wenn auch unwahrscheinlich, dass man bereits nach seinem Gesicht Ausschau hielt.
    Rathberg steuerte gemächlich die kleine Landstraße entlang, die durch die verschneiten Hügel des Voralpenlandes führte. Nach einer Kurve sah er im Gegenlicht einen Wagen in einem von der Straße abgehenden Feldweg stehen. Neben dem Wagen standen zwei Menschen, die Rathberg nicht genau erkennen konnte. Die Abendsonne blendete ihn. Einer der Menschen trat an den Straßenrand und winkte. Dann sah Rathberg, dass der Winkende etwas in der Hand hielt. Schließlich waren die beiden blauen Lichter auf dem Wagendach zu erkennen, in deren Glas sich die Sonne brach. Rathbergs Herzschlag beschleunigte sich. Sein Mund wurde trocken. Er verstand nicht, wie die Polizei auf die blödsinnige Idee verfallen konnte, hier am Ende der Welt eine Straßenkontrolle durchzuführen. Er atmete tief in den Bauch und versuchte, sich zu beruhigen. Dann verlangsamte er seine Fahrt und hielt neben dem Polizeiwagen.
    Kreuthner betrachtete interessiert das Fernsehlogo auf der Seite des Transporters. In den letzten Wochen waren viele Kamerateams im Landkreis unterwegs, sogar welche aus dem Ausland.
    »Ich fürchte, das war nichts. Ist nur einer vom Fernsehen«, sagte Schartauer.
    »Mein lieber junger Freund«, sagte Kreuthner, »ich, wenn Serienmörder wär, ich tät genau in so einem Wagen umeinandfahren.«
    Schartauer nickte. Es wollte ihm heute einfach nicht gelingen, irgendetwas zu sagen, ohne sich zu blamieren. Der Fahrer des Wagens ließ das Seitenfenster herunter.
    »Grüß Gott. Die Papiere bitte.«
    Rathberg kramte nach Führerschein und Fahrzeugschein.
    »Fernsehen, ha?«
    »Ja. Wir …«, Rathberg reichte die Papiere nach draußen. »Wir machen was über diese Mordserie. Haben Sie da auch mit zu tun?«
    Kreuthner gab die Papiere an Schartauer weiter. Der verschwand wortlos in Richtung Streifenwagen, um Fahrer und Fahrzeug zu überprüfen.
    »Ob ich was damit zu tun hab?« Kreuthner lachte kurz auf. Dann lächelte er Rathberg nachsichtig an. Der Mann konnte es nicht besser wissen.
    »Ja, kann man so sagen.« Kreuthner blinzelte melancholisch in den Sonnenuntergang, als hänge er einer

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