Der Privatdozent
frühstücken und uns auf das Wiedersehen am Abend freuen. Gott ist das schlecht! Aber so wünsche ich es mir nun mal: kitschig und altmodisch!
Stattdessen stehe ich jetzt auf und weiß nicht, ob ich wirklich zu Lukas rübergehen darf. Immerhin ist er in meinem Kopf doch schon so gut wie mit Mara zusammen. Aber die Beziehung dürfte ohnehin recht kompliziert werden, denn immerhin weiß Mara, dass Lukas und ich uns in den letzten Tagen näher gekommen sind, als sie es gern wahr haben möchte. Und wie sollte das schon in Zukunft aussehen? Lukas kann ja wohl kaum hier wohnen bleiben. Die Gefahr, dass sich unser morgendliches Arrangement wiederholt, ist viel zu groß. Und ich an Maras Stelle würde da nicht auf die Kraft der Liebe vertrauen wollen – nicht, wenn ich weiß, dass ein Sexpartner nur ein Zimmer weiter schläft und man sich jederzeit über den Weg läuft. Was bedeutet das eigentlich dann für mich? Würde Mara mir vertrauen, wenn ich ihr verspreche, Lukas in Zukunft abblitzen zu lassen? Kann unsere gerade erst beginnende Freundschaft überhaupt bestehen? Immerhin muss sie in mir ja dann den Kerl sehen, mit dem ihr Lover in die Kiste gehüpft ist. Oh Mann, gut, dass ich ihr keine Einzelheiten erzählt habe! Trotzdem schlimm genug. Und was ist, wenn sie wirklich sauer auf mich ist deswegen? Ich kann zwar nichts dafür, aber Gefühle sind nun mal unberechenbar. Mittlerweile habe ich ihr über Marco und mich schon so viel erzählt, dass sie uns jederzeit das Leben schwer machen könnte …
„Morgen”, reißt mich Lukas aus meinen Gedanken. Wir stehen uns im Flur gegenüber, beide auf dem Weg zum Bad.
„Kein Sex!”, sage ich sofort.
Lukas guckt mich irritiert an und hebt entschuldigend die Hände. „Schon gut, hab ja nur ‚Morgen’ gesagt …”
Mir wird bewusst, dass ich mehr auf meine Grübeleien reagiert habe, als auf ihn. Ich lächle. „Morgen”, gebe ich etwas entspannter zurück.
„Was ist los?”, fragt Lukas.
„Keine Ahnung”, sage ich, obwohl ich schon eine gute Vorstellung davon habe, was hier los ist.
„Du bist seit gestern – so komisch. Ich wollte echt nicht einfach so reinplatzen …”
„Ist okay, bin nur – in Gedanken irgendwie.”
„Aha, und was denkst du so?”
„Dass ich ins Bad will …”, weiche ich aus und schlüpfe an ihm vorbei ins Badezimmer.
„Hey, ich bin zuerst …”
„Pech gehabt!”, rufe ich und schließe die Tür von innen ab.
„Sag schon, was los ist!” Lukas scheint sich von der geschlossenen Tür nicht abhalten zu lassen. „Hab ich was falsch gemacht?”
„Nee”, rufe ich zurück.
„Was dann?”
Ich höre, dass sich Lukas gegen die Tür lehnt. Offenbar wird er nicht so schnell aufgeben. „Bist du in die Kleine verknallt?”
Einen Augenblick bin ich perplex. „Nein!”, sage ich dann entrüstet. „Wie kommste denn jetzt darauf ?”
„Du ziehst dich mit ihr ins Zimmer zurück und bist sauer, wenn ich euch störe? Und dann hast du auch so komisch geguckt, als ich mich ihr vorgestellt habe!”
„Quatsch”, sage ich, obwohl ich sein Argument eigentlich nicht so einfach von der Hand weisen kann. Nur, dass er halt den falschen Schluss daraus zieht. Aber bevor er sich in solche Ideen verrennt, gebe ich vielleicht doch besser nach: „Ich hatte eher den Eindruck, dass zwischen euch irgendwas war …”
Lukas lacht. „Die Kleine ist süß, aber ich kenn sie doch gar nicht.”
„Spielt das ’ne Rolle?”
„Nö.” Lukas räuspert sich. „Kannste öfter mitbringen, dann kann ich sie ja kennenlernen.”
Ich schlage mir die Hand vor die Stirn. Gut, damit habe ich die Sache jetzt auch noch in die Richtung gelenkt, die ich eigentlich vermeiden wollte …
„Es sei denn natürlich, du bist eifersüchtig”, fügt Lukas noch an.
„Eifersüchtig? Worauf?”
„Auf sie?”
„Wieso sollte ich?”
Lukas druckst herum. „Na ja, wegen uns …”
„Was ist denn mit uns?”
„Du weißt schon.”
„Was weiß ich?”
„Jetzt verarsch mich nicht!”, ruft Lukas und bollert gegen die Tür. „Du weißt ganz genau, wovon ich rede.”
„Ich bin nicht eifersüchtig”, sage ich ruhig, obwohl das natürlich gelogen ist. Ich bin eifersüchtig. Aber nicht auf die Weise, die Lukas vermutet. Es fällt mir einfach nur schwer, anderen eine Beziehung zu gönnen, wenn das bei mir selbst nicht klappt. Das ist selbstsüchtig und total dämlich, aber so fühlt es sich an. Und dann auch noch eine so komplizierte Beziehung, die sich
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