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Der Problemmann (German Edition)

Der Problemmann (German Edition)

Titel: Der Problemmann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrun Misselhorn
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so sehen. Es war zu spät, Tom war bereits bei ihr und hielt ihren Kopf. Seine Hand war wunderbar kühl und das kleine, fiese Männchen hatte für eine Millisekunde ein einsehen und ließ von ihr ab. Sie hörte die Spülung, die einen Luftzug zu ihr empor wirbelte. Zeitgleich wurde sie vom Boden genommen. Stützend hielt er sie über dem Waschbecken, damit sie sich ihre Zähne putzen konnte. Dabei immer wieder ihren Kopf streichelnd. Ihre Haare waren fettig und hingen in dünnen Strähnen an ihr herunter. So sollte sie niemand sehen und schon gar kein Mann. Sie war ihm hilflos ausgeliefert. Zu schwach um ihm zu sagen, er solle verschwinden und sie in Ruhe sterben lassen. Kaum hatte sie ihren Mund vom restlichen Zahnpastaschaum befreit, nahm er einen Waschlappen und fing an sie damit in ihrem Gesicht zu waschen. Das kühle Wasser war angenehm. Dennoch glaubte sie kaum auf ihren Beinen stehen zu können. Leicht knickte sie ein, woraufhin er sie sicher hielt und zurück in ihr Bett verfrachtete.
     
    Als sie erneut die Augen aufschlug, war der Vormittag bereits angebrochen. Sonne schien in ihr Zimmer. Dennoch war es nicht grell erleuchtet, die Vorhänge flatterten vor den Fenstern im Wind. Aroma von frischem Kaffee drang zu ihr. Entfernt war das Plärren des Radios wahrzunehmen. Töpfe und Geschirr klapperten dumpf. Schritte waren über ihr an der Decke zu hören. Sie drehte den Kopf zur Seite und war froh, dass sich offensichtlich niemand mehr daran zu schaffen machte und ihr Schmerzen verursachte. Sie hob ihn, um sich in ihrem Zimmer umzusehen. Schwindel packte sie und sie legte sich zurück. Sie wollte nicht denken, und doch kam die Erinnerung mit Wucht zurück, was sie ihre Augen abrupt aufreißen ließ.
    Ich habe mit Tom geschlafen, dachte sie. Sie schlug ihre Hände vors Gesicht. Du meine Güte, was soll jetzt werden? Konnte er nicht sofort wieder nach Deutschland verschwinden? Ganz so wie Christian es getan hatte, bevor er vollbrachte, was nun Tom für ihn übernommen hatte. Schwerfällig wälzte sie sich aus dem Bett. Wie jeden Morgen ging sie zum Fenster um zu schauen, was der neue Tag bringen würde. Was würde der neue Tag für Überraschungen für sie bereithalten? Zwei Tage musste sie mit Tom zusammen sein bevor der wieder abreisen würde. Sie konnte ihn unmöglich auffordern vorher zu verschwinden. Er war ausschließlich ihretwegen gekommen. Welcher Mann hatte das zuvor für sie getan? Niemand, musste sie erschreckt feststellen. Weder Michael war hier, noch war Christian zurückgekehrt. Einzig Tom hatte an sie gedacht. Wie würde es jetzt weitergehen?
    Sie zog die Vorhänge zur Seite und blickte in den Garten. Wie jeden Morgen lag er vor ihr. Still, friedlich und wunderschön. So wie sie war ging sie hinaus und setzte sich auf die Bank. Vögel zwitscherten in den Bäumen, die Sonne brannte auf ihrer Haut. Sie legte den Kopf zurück an den Baum, schloss die Augen und genoss wie jeden Tag dieses traumhafte Land. Wäre es nicht schön für immer hier bleiben zu können? Nie mehr zurück in ein Leben kehren zu müssen, was ihr bisher nur Strapazen gebracht hatte. Sie war kurz davor wieder einzuschlafen, als sie bemerkte, wie sich jemand neben sie auf der Bank nieder ließ. Sie brauchte nicht ihre Augen zu öffnen, um zu wissen, dass es Tom war. Wer auch sonst? Sie konnte es trotzdem an seinem Geruch wahrnehmen. Ohne auf ihn zu reagieren, saß sie weiterhin mit geschlossenen Augen neben ihm. Plötzlich nahm er ihre Hand und drückte sie sanft. Sie wusste nicht ob die Tatsache, dass er ihre Hand nahm oder seine Berührung sie erschreckte.
    „Geht es dir jetzt besser?“
    „Ja danke“, sie hatte nun doch ihre Augen geöffnet und sah ihn an.
    Noch nie zuvor sah sie ihn so wie an diesem Vormittag. Auch er sah müde aus, und doch lag ein anderer Ausdruck in seinen Augen.
    „Was möchtest du denn heute machen?“
    „Keine Ahnung.“
    „Wollen wir mit dem Auto nach Udine fahren? Wir könnte ein bisschen shoppen.“
    „Ich habe kein Geld zum shoppen.“
    „Das macht nichts. Wir schauen uns die Auslagen im Schaufenster an und vielleicht kaufe ich dir was Schönes. Du hattest schließlich Geburtstag.“
    „Das musst du nicht.“
    Es kam ihr eigenartig vor, dass er ihr auf einmal ein Geschenk machen wollte.
    „Ich weiß. Lass uns trotzdem fahren. Wie viel hast du bisher von Italien gesehen außer dem Haus und dem Ort?“
     
    Eine Stunde fuhren sie mit dem Auto bis nach Udine, in der sie sich kaum unterhielten.

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