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Der Professor

Titel: Der Professor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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gewesen. Und eine riesige Schweinerei, die sie hinterher wegmachen mussten. Das Ganze hatte bei ihnen beiden einen schlechten Beigeschmack hinterlassen und war eine miserable Geschäftsidee gewesen.
    Bei Nummer 3 waren sie sorgfältiger vorgegangen. Stundenlang hatten sie an den kleinsten Details ihres Todes gefeilt, doch am Ende schlug sie ihnen ein Schnippchen und wurde urplötzlich krank. Linda hatte den Verdacht, dass die Krankheit irgendwie auf die Schläge zurückzuführen war, die sie ihr verabreicht hatten. Sie hatten wohl tatsächlich den physischen Aspekt der Unterwerfung übertrieben. Aus diesen Fehlern hatten sie gelernt und waren mit Nummer 4 viel vorsichtiger umgegangen. Schmerzen zufügen, aber nicht
verletzen
. Quälen, aber nicht
foltern
. Missbrauchen, aber nicht
mit allzu roher Gewalt
.
    Das Ergebnis konnte sich wahrlich sehen lassen.
    Ihr Dilemma war andererseits, dass das Ende sich bis jetzt noch nie wie geplant vor laufender Kamera abgespielt hatte, während alle gebannt auf ihre Monitore oder Fernseher starrten. Sie wusste, dass die Klientel das erwartete – ja verlangte. Sie wollten Action und keine Unfälle oder abgebrochene Übertragungen und Entschuldigungen. Und ganz gewiss würden sie sich nicht damit zufriedengeben, dass Nummer 4 sich einfach nicht mehr bewegte und ein bisschen Blut herauswürgte so wie ihre Vorgängerin. Andererseits wollten sie auch nicht, dass Michael sie einfach in Echtzeit exekutierte. Das fand selbst Linda geschmacklos. Es würde sie in die Nähe von Terroristen rücken. Sie mussten etwas weitaus Intelligenteres, Kultivierteres bieten.
    Linda betrachtete den Tisch mit ihrer Waffensammlung. Noch schemenhaft kam ihr eine Idee. Sie stand auf, ging hinüber und griff zu einem Magnum-Revolver Kaliber 357. Mit einer versierten Bewegung aus dem Handgelenk heraus öffnete sie die Kammer und sah nach, ob sie geladen war. Lächelnd legte sie die Waffe wieder weg und griff zu einem Block, der zufällig in der Nähe lag. Aufgeregt brachte sie ein paar Notizen zu Papier. Eine Herausforderung, dachte sie. Eine einmalige Herausforderung für die Zuschauer. Aber vor allem für Nummer 4.
    Linda hob den Kopf. Sie hörte, wie draußen der Truck eintraf. Sie beugte sich über ihre Notizen und dachte:
Michael wird begeistert sein.
    Es war wie ein Geschenk.

40
    A drian merkte, wie Cassie sich direkt hinter seinem Kopf bewegte. Er lehnte sich im Sessel zurück und spürte, wie sie ihm mit den Fingern durchs Haar strich. Dann legte sie die Arme um ihn und drückte ihn wie ein Kind. Sie summte etwas vor sich hin wie früher, wenn der kleine Tommy krank war und Fieber hatte. Wahrscheinlich war es ein Schlaflied, doch er konnte die Melodie nicht erkennen. Dennoch beruhigte es ihn, und so war er bereit, als sie ihm zuflüsterte: »Es wird Zeit, Audie. Es wird Zeit …«
    Mark Wolfe war nicht mehr wichtig. Das Haus des Exhibitionisten, seine Mutter, sein Computer – all die grobschlächtigen Szenen, die er sich virtuell zugemutet hatte, schienen in die Ferne zu entgleiten. Detective Collins war nicht mehr wichtig. Sie ließ sich von Dienstvorschriften gängeln und war viel zu ängstlich bemüht, das Richtige zu tun, um wirklich hilfreich zu sein. Mary Riggins und Scott West waren von keinem Belang. Ihnen waren aus Arroganz, Unsicherheit und unkontrollierten Gefühlen die Hände gebunden. Der Einzige, der noch aktiv nach Jennifer suchte, war Adrian, und er wusste, dass er am Abgrund des Wahnsinns taumelte.
    Vielleicht wendete sich der Wahn für ihn zum Vorteil, dachte er. Seine tote Frau und sein totes Kind und sein toter Bruder vermischten sich mit dem Mädchen unter der schwarzen Haube, das ihm durch den Bildschirm die Hand entgegenstreckte.
    Es war, als lauschte er auf zwei Instrumente, die dasselbe Stück spielten, nur in verschiedenen Tonarten und Oktaven.
    Widerstrebend löste er sich aus der Umarmung seiner Frau. Er fühlte, wie ihre Hände von seiner Haut glitten und in Erinnerung an glücklichere Tage eine angenehme Glut hinterließen.
    »Du hast jetzt genug in der Hand«, sagte sie und stupste ihn.
    »Ja, das denke ich auch.«
    Auf einem Blatt Papier hatte er die GPS -Koordinaten für die Website Whatcomesnext.com notiert. Er ging zu seinem eigenen Computer und zögerte einen Moment.
    »Adrian, Liebling«, drängte ihn Cassie, »ich glaube, du musst dich beeilen.«
    Er senkte den Blick und sah, wie seine Hände über der Tastatur schwebten.
Drück aufs E. Schreib ein R.

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