Der Profi
Arrestzellen der UDYCO zu verstecken!«
»Ruhig Blut, Cruz …« Valls presste den Kopf ins Kissen. Plötzlich hatte die Hilfskommissarin den Eindruck, er sei eingeschlafen. »Oh Mann, ich kann nicht mehr, ich bin fix und fertig. Sprich mit niemandem über die Ermittlungen, Cruz, und vor allem: Vertraue niemandem!«
»Na toll!«, zischte Cruz.
»Warte, lass mich überlegen. Doch … Ja genau: Du musst Druck auf Corsini ausüben und so schnell wie möglich die Identität des korrupten Kripobeamten herausfinden.«
»Leichter gesagt als getan, Román. Wenn Jarrete mich über die Gänge der UDYCO schleichen sieht, geht er in die Luft!«
Román Valls brauchte eine ganze Weile, um zu antworten:
»Cruz, du … du sitzt in der Scheiße.«
Er musste husten. Anschließend klang seine Stimme noch schwächer.
»Dank dir, Valls! Ich werde Corsini suchen. Wie geht’s dir jetzt?«
»Blendend«, antwortete er mit kaum wahrnehmbarer Stimme.
Fünf Minuten später, ich wollte gerade den Parkplatz des Krankenhauses verlassen, erhielt ich einen Anruf von Cruz Navarro.
Sie meldete sich mit energischer Stimme: »Corsini!«
»Ach, Hilfskommissarin! Was für eine Überrasch…«
»Heben Sie sich Ihre Späße für später auf. Ich will Sie morgen früh sehen!«
In diesem Moment fing jemand hinter mir an, wie wild zu hupen. Da fiel mir erst auf, dass die Schranke offen stand und ich den gesamten Verkehr blockierte. Ich fuhr los.
»Ich bin den ganzen Tag über beschäftigt«, versetzte ich.
»Das interessiert mich ehrlich gesagt einen feuchten Kehricht, Corsini!«
Aus dieser Hilfskommissarin sollte mal jemand schlau werden … Plötzlich war sie wieder ganz die Draufgängerin!
»Gut. Und wo sollen wir uns treffen?«
Sie zögerte kurz.
Dann schlug ich ihr vor: »Wie wär’s mit dem Retiro-Park? Das Wetter soll morgen hervorragend werden. Hinter dem See gibt es eine hübsche Caféterrasse.«
»Einverstanden. Morgen früh um Punkt neun!«
Dann legte sie auf. Ich machte mich auf den Weg zu Apolinar Estilos Wohnung.
Es war bereits kurz vor Mitternacht, als ich die Calle Bal lesta erreichte. Mohammed hatte mir eine Adresse ge nannt: einen verfallenen Hauseingang, von dessen Fas sade der Putz abblätterte. Daneben ein Sexshop, dessen Schaufenster komplett mit Graffiti besprüht waren. In dieser Straße mischten sich moderne Pärchen auf der Suche nach Abwechslung mit illegalen Einwanderern aus Afrika in regenbogenfarbenen Klamotten und den typischen Flaneuren einer Großstadt. Ich probierte kurz aus, ob sich die Eingangstür des Gebäudes öffnen ließ. Aber sie gab nicht nach. Also bezog ich ein paar Meter weiter meinen Wachtposten.
Damals versuchte die Stadtverwaltung von Madrid gerade, das Viertel in ein zweites Soho zu verwandeln. Fassaden wurden aufpoliert, Graffiti entfernt, Prostituierte und Messerstecher vertrieben, und an jeder Straßenecke öffnete ein adrettes Modegeschäft oder ein Kunstladen. Aber es war, wie gesagt, bloß ein Experiment der Stadt. Am Ende blieb die Calle Ballesta, was sie immer gewesen war, ein Treffpunkt für Dealer, Nutten und Zuhälter. Nur einen Katzensprung entfernt herrschte das rege Treiben der Gran Vía mit ihren Ehrfurcht gebietenden Verwaltungsgebäuden, Telefongesellschaften, Verlagshäusern, Straßencafés, luxuriösen Modegeschäften und reichen amerikanischen Touristen.
Ich steckte mir eine neue Zigarette an und lehnte mich an eine Mauer. Ich muss zugeben, dass mich die Vorstellung reizte, mich am nächsten Tag mit Cruz zu treffen, Sie sah gut aus, wirkte irgendwie schutzlos (eine Tatsache, die bei uns Männern stets Urinstinkte weckt), und sie war von allen Bullen, denen ich in meinem Leben begegnet war, die Einzige, die sich mir gegenüber anständig verhalten hatte. (Vielleicht sage ich das aber auch nur, weil sie mich nicht festgenommen hatte.)
Ich wartete eine Weile, aber nichts rührte sich im Inneren des Gebäudes. Kein Mensch ging hinein oder kam heraus. Dann beschloss ich, es zu wagen: Als niemand mehr in der Nähe war, ging ich zum Hauseingang und nahm das Türschloss genauer unter Lupe. Es war kein Sicherheitsschloss. So wie ein Anwalt nie ohne seinen Terminkalender oder ein Architekt nie ohne sein Maßband auf die Straße geht, sind meine Arbeitswerkzeuge: Dietriche, Spezialschlüssel und Pistolen. Also wählte ich denjenigen Schlagschlüssel aus meinem Sammelsurium aus, der mir am besten zu dem Türschloss zu passen schien, und machte mich damit an die Arbeit. Einige
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