Der Profi

und die Bürokratie ihrer relativ unwirksamen Regierungen, die vor allem darum bemüht sind, den eigenen Status quo und ihre Abgeordnetensessel nicht zu verlie ren, haben dazu geführt, dass die höchsten Verwaltungs ämter an wenig gewissenhafte Unternehmer abgegeben wurden. Die russische Mafia verfügt über reichlich Geld und noch mehr Kontakte und hat ihre Möglichkeiten genutzt, um sich in die postsowjetische Politik und Industrie einzuschleichen. Als Beispiel nehmen Sie den bereits erwähnten Geschäftsführer von Lukoil-Perm , der, abgesehen davon, dass er ein Mafioso ist und mehr als hundert Gas- und Erdölvorkommen der Region Perm unter seiner Kontrolle hat, noch wichtige Ämter innerhalb des politischen Apparats bekleidet. Zudem ist er Sekretär des Komitees für Wirtschafts- und Steuerpolitik der regionalen Duma. Die Versuche des russischen Präsidenten Putin, den Einfluss der Mafia auf das öffentliche Leben in Russland zu verringern, indem er seine sämtlichen Freunde aus dem KGB in Regierungsposten brachte, waren nur bedingt erfolgreich: Die wichtigsten Wirtschaftszweige des Landes liegen auch weiterhin in der Hand meiner »Freunde«!
    Ich knipste wieder mein Handy an und tippte Boris Iwanowitschs Nummer ein. In Moskau war es jetzt zehn Uhr morgens.
    Ohne lange um den heißen Brei herumzureden, fragte mich Boris geradeheraus: »Lucca, wie laufen Probleme in Spanien?«
    »Geht so …«, erwiderte ich. Dann erstattete ich ihm einen kurzen Bericht zur aktuellen Lage. »Ich habe Gagarin beauftragt, heute Abend die brigadir von Tschernekow, Zagonek und Tamaew zu versammeln, weil ich herausbekommen will, was sie über die Angelegenheit wissen. Alles, was ich bisher weiß, ist, dass der Killer ein äußerst gefährlicher Zeitgenosse ist. Mehr kann ich dir nicht sagen, Boris. Es ist noch zu früh.«
    » Chiert!«
    »Der eigentliche Grund meines Anrufs ist aber der Aufkauf von Pink Palace .«
    Dann erzählte ich ihm von Gagarins Initiative, Zabaleta und Brown & McCombie mit den Vorbereitungen der Operation zu betrauen.
    »Ah … Michail ist Kretin!«, rief Boris erzürnt. »Wir schicken nächsten Monat advocat . Sag ihm, er soll warten. Ich habe angeordnet, Vorbereitungen für Einkauf zu studieren. Er soll nur Bericht mit wichtigsten Informationen für unsere Leute in Moskau schreiben. Pfui! Ist schwachsinnig! Lucca, kümmere dich! Such jemand, der helfen kann … Ich möchte nur einen ganz einfachen Bericht über Situation von Pink Palace «, wiederholte Boris. »Ist gar nicht schwer …!«
    »Keine Sorge, ich kümmer mich drum, bevor es zu spät ist. Noch heute. Aber ich brauche dafür deine Hilfe. Ich habe herausgefunden, dass Zabaletas Consultingunternehmen gerade einen äußerst wichtigen Vertrag mit Repsol verloren hat. Repsol hat seinerseits die Rechte zur Ausbeutung eines der Ölfelder von Lukoil in Perm erhalten. Es geht um Folgendes: Du musst deine Freunde in Perm darum bitten, dass sie in der Angelegenheit mit Repsol vermitteln. Wenn wir es schaffen, Zabaleta den Vertrag mit dem Erdölunternehmen zurückzugeben, könnten wir verhindern, dass er zur Polizei geht …!«
    Daraufhin schlug mir Boris mit seinem russischen Taktgefühl vor: »Warum schießt du nicht einfach Kugel in Kopf von Zabaleta, und Problem gelöst …?«
    »So einfach geht das hier nicht, Boris. In Spanien ist das ein Rechtsbruch, der Konsequenzen hat. Außerdem ist Gagarins Idee mit dem Consultingunternehmen nicht ganz übel. Ich habe schon einen Plan …«
    Dann erzählte ich ihm davon.
    Zum Schluss sagte Boris: »Lukasha, du hast nicht alle Tassen in Kasten …« Ich korrigierte ihn: » Im Schrank … Boris, es heißt: Du hast nicht alle Tassen im Schrank !« Der Mafiaboss dachte ein paar Sekunden nach, bevor er antwortete: »Na gut, ist deine Entscheidung! Ich spreche mit Kamerad in Perm. Kein Problem. Kamerad ist egal, wer in Spanien Consulting für Repsol macht!«
    Ich hatte also dank meiner Kontakte in Moskau erreicht, dass Brown & McCombie seinen Vertrag von Repsol zurückbekam. Ein Erfolg, der mich zum Helden des Tages machte! Damit wäre Zabaleta mir etwas schuldig. Und das würde ich, ohne weitere Zeit zu verlieren, natürlich schamlos ausnutzen. Am Ende wären alle zufrieden. Würde Zabaleta meinen Vorschlag nicht akzeptieren, sähe ich mich allerdings gezwungen, auf andere Methoden zurückzugreifen (die Boris Iwanowitsch wesentlich besser gefielen …).
    Jetzt war der Zeitpunkt gekommen, Eleuterio Zabaleta