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Der Profi

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Titel: Der Profi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fernando S. Llobera
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recycelt wurden. Eine hohe Mauer, gekrönt von zwei Handbreit verrostetem Stacheldraht, schützte das Gelände vor Langfingern auf der Suche nach kostenlosen Ersatzteilen, die Antoñales seinerseits recht gewinnbringend an Kunden und Werkstätten weiterverkaufte.
    Der Schrottplatz lag in absolute Finsternis gehüllt. Ich parkte vor dem Einfahrtstor und drückte mehrmals den Knopf der Klingelanlage. Ich musste einige Minuten warten, bis hinter den Fenstern einer Hütte das Licht anging und ein gewaltiger Wachhund zu bellen anfing. Ich vernahm das metallische Knirschen der Scharniere beim Öffnen des Tors und eine raue Stimme, die mir unter Drohungen zubrüllte, dass ich, wenn mir mein Leben lieb sei, besser verschwinden solle. Ich blieb hartnäckig.
    »Antoñales! Ich bin’s, Corsini. Mach schon auf …«
    »Du Blödmann … bist du verrückt, oder was! Weißt du, wie spät es ist?«, rief eine Stimme aus der rabenschwarzen Nacht.
    Ich erklärte, dass der Service, den ich in Anspruch nehmen wollte, nicht bei Tageslicht erledigt werden könne. Eine halbe Minute später öffnete sich die Metalltür automatisch.
    »Hübsches Gefährt …«, schmeichelte Antoñales mir mit Blick auf den Hummer, und in seinen Augen glänzten sofort zwei Dollarsymbole auf.
    Mit seinem angeborenen Talent als Schrotthändler hätte er den Geländewagen innerhalb von wenigen Minuten abgewrackt, um seine Einzelteile später in die Ukraine zu verkaufen. Das hatte er nun mal in den Genen.
    Benjamin Antoñales ist ein Zigeuner von unbestimmbarem Alter. Ich vermute, dass er inzwischen um die sechzig ist. Sein Gesicht ist faltig und wird von zwei breiten Koteletten eingerahmt, die ihm bis zum Kinn reichen. Wäre sein Haar nicht so spärlich, würde er es wahrscheinlich lang tragen oder zu einem Pferdeschwanz zusammenbinden. Er rasiert sich nur selten, und er wäscht sich noch seltener. Außerdem ist er ein heimtückischer und verlogener Mensch, stets bestrebt, für sich selbst den größten Profit herauszuschlagen. Eigentlich ein Grund, der dagegen sprach, ihn mit der delikaten Angelegenheit zu betrauen, um die es hier ging. Allerdings wusste ich von seiner Abneigung gegenüber der Polizei und seinem Respekt vor den findigen Methoden der Mafia. Um ganz auf Nummer sicher zu gehen, würde ich sein Schweigen mit einem hübschen Bündel Banknoten besiegeln.
    »Hab gehört, dass du in Valencia fast ’n Löffel abgegeben hättst …!«
    »Ach was, war nur halb so schlimm!«
    »Hab was anderes gehört, Kollege! Darfst eben nich immer so aufsässig sein. Man wird ja nich jünger, Corsini! Überlass den Kram doch den jungen Kerls, he? Ich will zumindest endlich aufs Altenteil und ’n bisschen faulenzen … Und du? Was willste diesmal von mir?«
    »Ich hab was für dich im Kofferraum.«
    Dann öffnete ich die Kofferraumtür, und mit Hilfe eines Angestellten von Antoñales, der plötzlich wie aus dem Nichts aufgetaucht war (er erwies sich als sein Neffe), zogen wir den Schlafsack heraus und deponierten ihn auf dem Boden. Antoñales befahl seinem Helfer sicherzustellen, dass uns niemand beobachtete. Dann sagte er:
    »Was is das denn?«
    »Ein Schlafsack, und der muss so schnell wie möglich verschwinden!«
    »Oje, oje …«, klagte Antoñales. »Also weißt du, Corsini … ich mach schon lange keine krummen Dinger mehr! Willst du mich endgültig in den Ruin treiben, oder was?«
    »Antoñales, wir kennen uns …«
    »Glaubst du? Hab ’n Enkeltöchterchen bekommen. Familie steht für mich an oberster Stelle, auf den Rest pfeif ich! Verstehste? Was würde passieren, wenn …?«
    »Ich verdopple den vereinbarten Tarif!«, bot ich ihm an, womit ich weitere Ausreden von vornherein zu unterbinden versuchte.
    Der Zigeuner ist ein schlechter Pokerspieler, unverzüglich riss er beide Augen weit auf. Die Runde ging an mich. Dann nahm er seinen Hut ab und kratzte sich mit seinen schmutzigen Fingernägeln an der Stirn. Der Schrottplatzbesitzer schlug ein, und die Aktion ging in Rekordzeit über die Bühne. Ich zahlte den besprochenen Geldbetrag, dann legten wir den Oberst ohne weitere Fragen in den Kofferraum einer schrottreifen Limousine. Es handelte sich um die Reste eines Totalschadens, auf den die Schrottpresse wartete. Dort angelangt, würde das Blech von riesigen Maschinen zermalmt und anschließend in Metallspäne verwandelt werden. Diese kamen später in die Schmelzöfen, wo sie zu industriellen Zwecken recycelt wurden. Die Limousine und der Oberst endeten damit

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