Der Prometheus-Verrat
kleinen privilegierten Schicht zur Verfügung stehen. Nun, ich plädiere dafür, dass wir diese Mittel demokratisieren, dass alle in den Genuss kommen können, sie zu nutzen. Öffnen wir unsere Augen und unseren Blick über unser Umfeld hinaus auf die ganze Welt. Noch ist das so genannte Global Village nur eine Vokabel; aber wir könnten dafür sorgen, dass es Realität wird. Die technischen Möglichkeiten dazu haben wir.«
»Ist das nicht allzu viel Macht, die da einer einzigen Organisation zufällt?«
»Auch das, was wir Macht nennen, hat sich gewandelt. Sie wirkt nicht mehr von einem festen Punkt aus, sondern stellt sich als ein Netz von Sanktionen dar, das die gesamte Gesellschaft überzieht. Wie dem auch sei, ich finde, Sie sehen das etwas zu eng. Wenn Schutz und Sicherheit in vollem Umfang gewährleistet sind, werden wir letztlich auch die Macht über unser Leben in den eigenen Händen halten.«
Es klopfte, und Mannings persönlicher Assistent steckte den Kopf zur Tür herein.
»Ja, Daniel?«, fragte Manning, anscheinend überrascht durch die Störung.
»Ein Telefonanruf für Sie, Sir.«
»Im ungünstigsten Moment.« Manning lächelte.
Der junge Mann räusperte sich hüstelnd. »Das Oval Office, Sir. Der Präsident sagt, es sei dringend.«
An die Versammelten gewandt, sagte Manning: »Entschuldigen Sie mich bitte. Ich bin gleich wieder bei Ihnen.«
In seinem großen hexagonalen Büro, das von Sonne durchflutet, aber doch angenehm kühl war, setzte sich Manning an den Schreibtisch und drückte die Lautsprechertaste der Telefonanlage. »Da bin ich, Mr. President«, sagte er.
»Hören Sie zu, Gregson, Sie wissen, ich würde nicht stören, wenn’s nicht wichtig wäre. Aber ich muss Sie um einen Gefallen bitten. Es geht um diese Terroranschläge. In Lille sind ein Dutzend amerikanische Geschäftsleute ums Leben gekommen, aber wir sind nur unzureichend informiert. Und warum? Weil unsere Satelliten aus diesem Sektor abgezogen wurden, und zwar aus Rücksicht auf die Franzosen, die etwas dagegen haben, wenn wir uns auch für sie interessieren. Ich verstehe von alledem zwar nicht viel, aber das ist zusammengefasst ungefähr das, was ich von meinen Experten über diese Sache erfahren habe. Außerdem sagte man mir, dass Systematix ein paar Satelliten in Position hat und brauchbares Bildmaterial liefern könnte.«
»Mr. President, Ihnen ist doch sicher bewusst, dass unsere Satelliten nicht zu Aufklärungszwecken verwendet werden dürfen und ausschließlich für Telekommunikation und digitales Telefonieren zugelassen sind.«
»Ich weiß. Das haben Ihre Leute den Leuten von Corelli bereits klargemacht.«
»Ich darf vielleicht daran erinnern, dass es Ihre Administration war, die beschlossen hat, alle nicht-staatlichen Überwachungsmöglichkeiten einzuschränken.« Während er sprach, betrachtete Manning das gerahmte Foto auf dem Schreibtisch,
das seine Tochter zeigte, ein Mädchen mit sandfarbenen Haaren und einem verträumten Lächeln.
»Wenn Sie wollen, dass ich Kröten schlucke – einverstanden, Greg. Wenn’s sein muss, bitte ich Sie auch auf Knien. Verdammt, die Sache ist ernst. Wir brauchen etwas, das Sie uns geben könnten. Um Himmels willen, helfen Sie uns ausnahmsweise mit Ihren Informationen aus. Ich werde mich auch erkenntlich zeigen.«
Manning ließ mit der Antwort ein paar Sekunden auf sich warten. »Sagen Sie Ihren NSA-Spezialisten, dass sie sich bei Partovi in meinem Büro melden sollen.«
»Vielen Dank«, antwortete Präsident Davis heiser.
»Mir geht diese schreckliche Geschichte selbst sehr nahe«, sagte Manning, den Blick nach wie vor auf das Foto seiner Tochter gerichtet. Er und seine Frau hatten sie Ariel genannt, und sie war in der Tat ein sehr zauberhaftes Geschöpf gewesen. »Und wir sollten jetzt wirklich an einem Strang ziehen.«
»Verstehe«, erwiderte der Präsident, der sich überhaupt nicht gern in der Rolle des lästigen Bittstellers sah. »Verstehe. Ich wusste doch, dass ich mich auf Sie verlassen kann.«
»Die Sache betrifft uns alle, Mr. President.«
Ariels Lachen hatte so hell und musikalisch wie die Melodie einer Spieluhr geklungen. Manning merkte, wie er durch die Erinnerungn von seinen ansonsten sehr konzentrierten Gedanken abgelenkt wurde.
»Auf Wiederhören, Gregson. Und nochmals, vielen Dank.«
Manning schaltete den Telefonlautsprecher aus. Er konnte sich nicht entsinnen, Malcolm Davis jemals dermaßen angeschlagen erlebt zu haben. Der Präsident war zurzeit
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