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Der Prometheus-Verrat

Der Prometheus-Verrat

Titel: Der Prometheus-Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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Aluminium-Vanadium-Legierung und war über fast die gesamte Länge rasiermesserscharf. Die Klinge ließ sich einfach und schnell aus dem Gürtel ziehen, man musste nur einen Druckknopf öffnen und fest ziehen. Wichtig war die richtige Handhabung, denn allzu leicht hatte man sich selbst verletzt; die Schneide konnte fast ohne Druck durch die Haut und bis auf den Knochen schneiden. Und wenn diese Klinge im Ernstfall nicht taugte, konnte sich Bryson, wie schon so häufig, auf sein Improvisationstalent verlassen und harmlose Gegenstände in gefährliche Waffen umfunktionieren. Doch das würde, so hoffte er, nicht nötig sein. Der uniformierte Soldat verlangte, dass Bryson den Gürtel ablegte, befingerte diesen dann flüchtig, fand aber nichts.
    Wenig später fuhr ein schwarzer, funkelnagelneuer Daimler vor dem Ausgang des Terminals vor, gesteuert von einem Soldaten mit ausdruckslosem Gesicht, der das Kinn in Demutsgebärde auf die Brust gedrückt hielt.
    Der säuerliche Emissär hielt für Bryson die Fondtür auf, verstaute das Gepäck im Kofferraum und setzte sich auf den
Beifahrersitz. Er sprach kein Wort. Der Chauffeur fuhr an und steuerte den Daimler auf die Straße nach Shenzhen.
    Bryson war vor fast 20 Jahren schon einmal in Shenzhen gewesen, erkannte die Stadt aber kaum wieder. Was damals noch ein kleines verschlafenes Grenzstädtchen und Fischerdorf gewesen war, hatte sich in eine schrille, chaotische Metropole aus hastig asphaltierten Straßen, schludrig hochgezogenen Wohnblöcken und riesigen Dreckschleudern an Fabriken verwandelt. Aus den Reisfeldern und dem fruchtbaren Farmland an der Deltamündung des Sikiang waren die Wolkenkratzer, Kraftwerke und Industrieanlagen der so genannten Sonderwirtschaftszone gewachsen. Der Himmel über der bizarren und von Baukränen durchzogenen Skyline war ein dreckiges Grau aus verseuchter Luft. Rund vier Millionen Menschen hatten sich am Flussufer niedergelassen, hauptsächlich kleine Arbeiter und ehemalige Bauern aus den ländlichen Provinzen, angelockt mit dem Versprechen auf Arbeit zu sicheren Löhnen.
    Shenzhen boomte in rasantem Tempo. Handel und Wirtschaft liefen auf vollen Touren, angetrieben von jenem Treibstoff, der längst auch im kommunistischen China zur Anwendung kam, nämlich dem Kapitalismus. Aber es war der Ka pitalismus in seiner rohesten Form, die gefährliche Hysterie einer Frontstadt, in der Kriminalität und Prostitution blühten. Die Schaufenster, die grellen Reklametafeln, blinkenden Neonlichter und schicken Shops von Louis Vuitton oder Dior waren, wie Bryson wusste, nur Fassade, hinter der sich bittere Armut versteckte, der alltägliche Kampf ums Überleben, Wellblechverschläge, in denen jeweils Dutzende von Migranten ohne Kanalisation hausten, und winzige, dreckige Hinterhöfe für ausgemergeltes Federvieh.
    In dichtem Gedränge floss zäh der Verkehr aus Autos jüngster Modelle und knallroten Taxis. Die Gebäude waren allesamt neu, hoch und modernistisch. Überall sah man blinkende Anzeigen, die meisten mit chinesischen Schriftzeichen, aber auch englische: ein M für McDonald’s oder ein KFC. Wohin man auch schaute, überall traf der Blick auf knallige Farben, aufgemotzte Restaurants und Geschäfte für
Unterhaltungselektronik – Camcorder und digitale Kameras, Computer und Fernsehapparate sowie DVD-Player. Straßenhändler boten Spanferkel, gebackene Enten und lebende Krebse feil.
    Schulter an Schulter drängten sich die Passanten, und die meisten hielten ein Handy ans Ohr. Aber anders als im 30 Kilometer südlich gelegenen Hongkong sah man hier in den Parks keine älteren Menschen Tai-chi praktizieren, ja, es schien hier kaum ältere Menschen zu geben. Die maximale Verweildauer in der Sonderwirtschaftszone betrug 15 Jahre, und nur junge, gesunde Arbeitskräfte waren willkommen.
    Der Emissär drehte sich auf dem Beifahrersitz um und sagte: » Ni laiguo Shenzhen ma? «
    »Wie bitte?«, fragte Bryson.
    » Ni budong Zhongguo hua ma? «
    »Tut mir Leid, ich verstehe nicht.« Der Emissär hatte gefragt, ob er schon einmal in der Stadt gewesen sei und Chinesisch verstünde. Wahrscheinlich wollte er Bryson auf die Probe stellen.
    » English? «
    »Ja, das ist meine Sprache.«
    »Sind Sie zum ersten Mal bei uns?«
    »Ja. Wirklich nett hier.«
    »Warum wollen Sie sich mit dem General treffen?« Die Miene des Emissärs war unverhohlen feindselig.
    »Aus geschäftlichen Gründen«, antwortete Bryson. »Ihr Boss ist schließlich auch Geschäftsmann,

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