Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Prometheus-Verrat

Der Prometheus-Verrat

Titel: Der Prometheus-Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
Vom Netzwerk:
gegeben, dem Außenminister eine dringende Mitteilung zukommen zu lassen. Wenn er pünktlich war, würde dieser Diener nun jeden Moment aufkreuzen. Bryson war gespannt auf Veres mimische Reaktion auf den Inhalt der Nachricht. Elena, selbst begeisterte Rätselraterin, hatte den Text entworfen, und zwar im Stil jener Fragen, die zum »Um-die-Ecke-denken« auffordern.
    Für steht vor dem Honigtrank, gefolgt vom ersten deutschen Bundespräsidenten ohne den letzten. Erraten? Wir sehen uns während der Sitzungpause in Ihrem Büro.
    Es war Elenas Idee gewesen, die Botschaft in ein Rätsel zu packen, auf das Vere als Rätselfreund einfach anspringen musste.
    Während ein Oppositionsmitglied gerade die Gefahren beschwor, die das Abkommen für die bürgerlichen Freiheiten brächte, wurde dem Außenminister ein Briefumschlag gereicht. Er öffnete ihn, überflog den Text und blickte sofort zur Galerie hinauf, in Brysons Richtung. Sein Gesicht war ernst, doch seinem Ausdruck ließ sich nichts entnehmen. Bryson musste an sich halten, um nicht unwillkürlich zusammenzuzucken. Lange Sekunden verstrichen, ehe er gewahrte, dass Vere gar nicht ihn anschaute, sondern einfach nur ins Leere stierte. Bryson mimte weiterhin den gelangweilten
Zuhörer, was ihm allerdings nicht leicht fiel. Wenn er entdeckt würde, wäre er geliefert – davon musste er ausgehen. Die Wachhunde der Prometheus-Gruppe wussten ganz bestimmt, wie er aussah. Eine gute Chance bestand allerdings darin, dass sie noch nichts von Elena gehört hatten oder, falls doch, dass man glaubte, sie sei bei der Zerstörung der Direktoratszentrale in der Dordogne ums Leben gekommen.
    Es empfahl sich darum, dass Elena an Vere herantrat. Die Sitzung würde in zehn Minuten unterbrochen werden. Was danach passierte, würde über alles andere entscheiden.
     
    Alle Mitglieder des britischen Kabinetts haben ihre Büros an oder in der Nähe von Whitehall. Das Auswärtige Amt liegt an der King Charles Street. Weil er häufig mit Parlamentsabgeordneten zu verhandeln hat, stehen dem Außenminister aber auch Räumlichkeiten unter dem Dach des Palastes von Westminster zur Verfügung. Die von Vere genutzten Räume waren nur wenige Gehminuten vom Sitzungssaal des Unterhauses entfernt und boten einen diskreten Rahmen für dringliche Gespräche, die diplomatisches Gespür verlangten.
    Würde Vere der in der Nachricht enthaltenen Aufforderung nachkommen oder würde er mit einer ganz unerwarteten Reaktion überraschen? Bryson glaubte, dass er allein schon aus Neugier sein Büro aufsuchen würde. Falls Vere aber in Panik geriete oder sich aus irgendeinem anderen Grund woandershin begäbe, würde Bryson ihm auf den Fersen bleiben. Ihm im Gedränge der Abgeordneten zu folgen war kein Problem. Bryson beschattete ihn auf dem Weg durchs Treppenhaus nach oben und vorbei an den Büsten ehemaliger Premierminister, bis er nicht länger hinter ihm bleiben konnte, ohne aufzufallen.
    Ruperts persönliche Sekretärin war Belinda Headlam, eine gedrungene Frau Anfang sechzig, die ihr graues Haar zu einem festen Dutt gedreht trug . »Diese Dame behauptet, dass Sie sie erwarten«, murmelte sie dem Außenminister zu, als er das Vorzimmer betrat. »Sie sagt, sie habe Ihnen eine Nachricht zukommen lassen.«

    »Schon recht«, antwortete Vere. Elena saß auf dem Ledersofa neben der Tür zum Büro. Sie hatte sich ihrem Auftritt entsprechend zurechtgemacht: Das marineblaue Kostüm war tief ausgeschnitten, aber noch schicklich; die Haare waren zurückgekämmt, die Lippen auberginefarben nachgezogen. Sie sah wunderschön aus und gleichzeitig sehr professionell.
    Vere hob die Augenbrauen und schmunzelte anerkennend. »Wir sind uns noch nicht begegnet, oder?«, fragte er. »Ich würde mich mit Sicherheit an Sie erinnern. Das war also Ihre Nachricht?« Er winkte sie in sein kleines, düsteres, aber exquisit eingerichtetes Büro unter der Dachschräge, wies ihr einen Ledersessel zu und nahm selbst hinter seinem Schreibtisch Platz.
    In aller Ruhe räumte er zunächst einmal seine Korrespondenz zur Seite. Elena fühlte sich von ihm taxiert, allerdings nicht als ein potenzielles Abenteuer, sondern eher als eine Gegnerin.
    »Wir haben offenbar eine gemeinsame Vorliebe«, fuhr er schließlich fort. »Das Lösen von Rätseln. In diesem Fall heißt die Lösung ›Prometheus‹, hab ich Recht? War nicht schwer zu erraten. Honigtrank ist klar: Met , davor steht pro als lateinisches ›für‹, dann folgt der deutsche Präsident Heuss,

Weitere Kostenlose Bücher