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Der Prometheus-Verrat

Der Prometheus-Verrat

Titel: Der Prometheus-Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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frequentiert. Keine der Personen, die ihnen begegneten, achtete besonders auf Bryson und Elena, und da war auch niemand, der sich durch sein Verhalten als Agent verraten hätte. Wieder einmal musste sich Bryson ausschließlich auf seinen Instinkt verlassen.
    Er blieb stehen und versuchte sich zu orientieren. Der Ostflügel lag rechter Hand. Das war dann auch die Richtung, die sie einschlagen mussten. Eine adrett gekleidete Frau kam ihnen dort entgegen. Auf dem marmornen Boden klapperten ihre Absätze laut und hallend. Im Vorbeigehen warf sie den beiden neugierige Blicke zu, und Bryson wurde bewusst, dass er einen irritierenden Anblick bieten musste: Das eine Auge war blutunterlaufen und seine Kleidung nach dem Kampf mit der falschen Putzfrau in Unordnung und zerrissen. Auch Elena war zerzaust und voller Staub. In diesem Zustand mussten die beiden hier auffallen, woran ihnen überhaupt nicht gelegen sein konnten. Aber sie hatten keine Zeit, auf einer Toilette zu verschwinden und sich ein wenig zurechtzumachen. Sie konnten jetzt nur noch auf ihr Glück hoffen, was Bryson ganz und gar nicht gefiel. Allzu schnell konnte einen das Glück im Stich lassen.
    Mit gesenktem Kopf, als sei er in Gedanken vertieft, ging er weiter und zog Elena an der Hand hinter sich her. Hin
und wieder kamen sie an geöffneten Türen vorbei, in denen Leute standen und miteinander redeten. Er versuchte zumindest sein blutiges Gesicht zu verbergen.
    Aber irgendetwas stimmte hier nicht. Bryson hatte ein ungutes Gefühl und spürte, wie sich ihm die Nackenhaare aufrichteten. Es waren die Geräusche, sie passten einfach nicht zusammen. Die Telefone klingelten nicht wie sonst üblich durcheinander, sondern in fast regelmäßiger Folge, in verschiedenen Büros mal auf der einen Seite des Flurs, mal auf der anderen. Was ihn daran störte, konnte er sich selbst nicht erklären. Er hielt es auch für durchaus möglich, dass seine Fantasie mit ihm durchging. Außerdem glaubte er wahrzunehmen, dass die Leute hinter den Türen ihre Gespräche unterbrachen, wenn er mit Elena daran vorbeiging. War er etwa paranoid geworden?
    In den 15 Jahren seiner Agententätigkeit hatte er gelernt, dass der Instinkt die mit Abstand wertvollste Waffe war, die einem jederzeit zur Verfügung stand. Und er hütete sich, außer Acht zu lassen, was andere für Fantasie oder gar Verfolgungswahn halten würden.
    Sie wurden beobachtet .
    Aber wenn dem so war, warum rührte sich nichts?
    Er nahm Elena fester bei der Hand und legte einen Schritt zu. Ob er auffiel oder nicht, war ihm jetzt einerlei. Er hatte andere Sorgen.
    In etwa 50, 60 Schritt Entfernung war ein kleines bleiverglastes Spitzbogenfenster zu sehen. Er wusste, dass die Fenster auf dieser Seite des Gebäudes zur Themse lagen. »Geradeaus und dann nach links«, hauchte er Elena unter angehaltenem Atem zu.
    Zur Antwort drückte sie seine Hand. Bald hatten sie das Ende des Korridors erreicht. Elena flüsterte: »Sieh mal, ein Konferenzraum – wahrscheinlich leer. Wie wär’s, wenn wir uns darin verstecken?«
    »Gute Idee.« Es widerstrebte ihm, den Kopf zu wenden und einen Blick zurückzuwerfen. Stattdessen verließ er sich darauf, dass hinter ihnen keine Schritte zu hören waren. Zur Rechten war eine große, zweiflügelige Eichentür
zu sehen, auf deren aufgerauter Glasscheibe KONFE-RENZSAAL 12 stand. Wenn es gelänge, möglichst schnell dahinter zu verschwinden, wären die Verfolger vielleicht abgeschüttelt oder zumindest für eine Weile irritiert. Der Knauf ließ sich ungehindert drehen; die Tür war nicht zugesperrt. Der Raum dahinter war leer und die Beleuchtung – zwei große Lüster – ausgeschaltet. Wie in einem Hörsaal gab es mehrere Reihen aus messingbeschlagenen und mit Leder bezogenen Sitzen, die stufenförmig und im Halbkreis um eine tiefer liegende Grundfläche angeordnet waren, die mit schmuckvollen, bunten Kacheln belegt war. In der Mitte standen ein langer, ebenfalls mit grünem Leder bezogener Konferenztisch und dahinter zwei lange Holzbänke. Tageslicht fiel durch zwei hohe, bleiverglaste Fenster mit Jalousien, die vor direkter Sonneneinstrahlung schützten. Auch im ungenutzten Zustand wirkte der Saal festlich und beeindruckend. Das Deckengewölbe erreichte eine Höhe von bis zu zehn Metern, die Wände waren halbhoch mit dunklem Holz vertäfelt und darüber mit einer kostbaren Seidentapete tapeziert. An jeder Wand hingen mehrere großformatige düstere Ölschinken aus dem 19. Jahrhundert: Szenen

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