Der Prometheus-Verrat
›Tranfers‹.«
»Mist.«
»Nun, das hat auch was Gutes.«
»Und das wäre?«
»Man verschlüsselt nur, was wichtig ist. Verschlossene Zimmer sind schließlich auch interessanter als frei zugängliche. «
»So könnte man es sehen.«
»Leider fehlt uns das entsprechende Werkzeug. Der Laptop hier ist zwar vom Allerfeinsten, hat aber nur einen Bruchteil der Rechenleistung der Computer, die wir in der Dordogne hatten. Zum Glück haben wir’s hier nicht mit einem 128-Bit-Schlüssel zu tun, sondern nur mit einem 56-Bit-DES-Algorithmus. Aber der ist schon knifflig genug. «
»Kannst du ihn denn knacken?«
»Irgendwann ja.«
»Wie lange würdest du denn brauchen?«
»Mit diesem Rechner mehrere Tage, vielleicht Wochen.«
»So viel Zeit haben wir nicht.«
Es war eine Weile lang still. Dann sagte Elena: »Ich weiß. Vielleicht kann ich ja ein bisschen improvisieren und verschiedene Hacker im Internet mit einbeziehen, die sich an der Lösung der Aufgabe beteiligen könnten; es geht darum, viele Milliarden Zahlenkombinationen durchzuprobieren. Mal sehen, was sich auf diesem Weg machen lässt. Es ist ein bisschen so, als würde man eine unendliche Anzahl von Affen vor Schreibmaschinen setzen in der Hoffnung, dass einer von ihnen ein Shakespeare-Drama schreibt.«
»Klingt nicht gerade viel versprechend.«
»Um ehrlich zu sein, ich bin selbst skeptisch.«
Als Bryson drei Stunden später mit zwei Portionen Curryreis aus einem indischen Schnellimbiss zurückkehrte, machte Elena einen erschöpften und frustrierten Eindruck.
»Kein Glück, hm?«, fragte er.
Sie schüttelte den Kopf. Bryson hatte sie während der Flucht aus Rumänien das letzte Mal rauchen sehen; jetzt hatte sie wieder eine Zigarette in der Hand, die sie im Aschenbecher ablegte, als das Diskettenlaufwerk eine der Disketten ausspuckte, die sie aus der Zentrale in der Dordogne hatte retten können und die verschlüsselte Daten von Prometheus enthielt. Sie ging ins Badezimmer und kam mit einem nassen Handtuch zurück, das sie sich vor die Stirn hielt. Sie ließ sich in den Sessel zurückfallen, und stöhnte: »Mir brummt der Schädel.«
»Mach eine Pause«, sagte Bryson. Er setzte die Papiertüte ab, trat hinter die Sessellehne und begann, ihren Nacken zu massieren.
»Ah, das tut gut«, seufzte sie. Und nach einer Weile: »Wir müssen uns mit Waller in Verbindung setzen.«
»Ich könnte es über einen der Funkkanäle für Notfälle versuchen, aber ob er sich überhaupt erreichen lässt, ist äußerst fraglich.«
»Versuchen müssen wir’s.«
»Ja, allerdings dürfen wir dabei unsere eigene Sicherheit nicht gefährden. Das würde auch Waller von uns fordern. «
»Unsere Sicherheit«, murmelte sie. »Ja.«
»Was hast du gesagt?«
»Bei dem Wort Sicherheit musste ich wieder an Passwörter und Verschlüsselungen denken.«
»Liegt ja auch nahe.«
»Und das bringt mich auf Dawson. Ich frage mich, wie ein ordentlicher Mensch wie er mit all seinen Passwörtern umgeht. Er hat ja bestimmt nicht nur eins, sondern viele, vorsichtig wie er ist.«
»Und was heißt das?«
»Möglich, dass er irgendwo eine Liste davon angelegt hat.«
»Sekretärinnen schreiben die Passwörter, die sie sich nicht merken können, häufig auf einen Zettel, den sie dann unter die Schreibtischplatte kleben.«
»Dawson hat sich bestimmt etwas Schlaueres einfallen lassen. Ein kryptografischer Schlüssel besteht aus einer langen Folge von Ziffern; die kann man sich unmöglich merken. Er muss sie irgendwo an unauffälliger Stelle notiert haben. Gibst du mir mal seinen Palm-Pilot?«
Bryson nahm das Gerät vom Arbeitsplatz und reichte es ihr. Sie schaltete es ein und tippte mit dem Stift auf den Schirm. Zum ersten Mal seit Stunden ging ein Lächeln über ihr Gesicht. »Ja, da ist die Liste, ominös überschrieben mit Tesserae .«
»Wenn ich mich an mein Schullatein richtig erinnere, ist das die Mehrzahl von tessera , was ›Passwort‹ heißt. Ist die Liste ohne weiteres zu lesen?«
»Nicht direkt. Sie ist verschlüsselt, aber nicht besonders aufwändig. Dawson hat ein einfaches Programm benutzt, eine Art Verwalter für vertrauliche Informationen, den man überall kaufen kann. Kein Problem. Die Haustür ist zwar verschlossen, aber die Garagentür hat der Gute offen stehen lassen. Ich kann hier dieselbe Recovery-Software anwenden, die ich soeben runtergeladen habe. Ein Kinderspiel.«
Sie war wieder obenauf und kehrte mit Eifer an ihre Arbeit zurück. Zehn Minuten später
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