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Der Protektor (German Edition)

Der Protektor (German Edition)

Titel: Der Protektor (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina Czarnowske
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ruhig. Offenbar hat mein Schutzengel ernsthaftere Sorgen, und ich kann mir nur denken, was für welche.
    Alles Weitere ist eine Frage von Geduld und ein bisschen Glück.
    Geduld habe ich gelernt. Langsam weiche ich in dem Sprühregen durch und überschlage in Gedanken die möglichen Folgen dieser Unterkühlung. Eine äußerst nützliche Beschäftigung.
    Und Glück habe ich auch. Zehn Minuten vor elf erscheint am anderen Ende der Straße der von mir so ersehnte Tieflader, ein ziemlicher Brummer, der das sorgfältig in eine Plane gehüllte Autowrack aufgeladen hat. Er fährt um den Platz herum und den Boulevard hinunter.
    Ich vergesse Regen und nassen Rücken und präge mir die hinterherkommenden Autos ein: ein Saab, ein Fiat, ein Opel, ziemlich altes Model, ein angeberischer Ford Tornado, der ungeduldig alle überholt und dabei Wolken von Schmutzspritzern aufwirbelt, ein paar Autos, die ich mir nur dem Aussehen nach merke, die Marken kenne ich nicht. Und ein freies Taxi, das wie auf Bestellung kommt.
    Ich entere das Taxi, und nach dem fragenden Blick des Fahrers spiele ich ein bisschen Theater – ein Fremder, der ein bestimmtes Haus in der Börgstaden sucht, aber die Nummer nicht weiß. Er war schon einmal da, kennt das Haus und so fort. Der Fahrer scheint nicht all zu beglückt über die sich abzeichnende Suche.
    „Hübsch langsam“, sage ich. „Sie verstehen, damit ich mich orientieren kann.“
    Dieses Orientieren meint nicht den Boulevard und die Häuser zu beiden Seiten, sondern die Autos. Der Tornado ist auf der endlosen Straße davongebraust, hat den Tieflader überholt und ist wahrscheinlich auf dem Weg zu einem Wochenendhaus außerhalb der Stadt. Es ist Freitag, das Wochenende naht und hat für manche aus der erlesenen Gesellschaft schon begonnen. Die mir unbekannten Autos verteilen sich auf Kreuzungen, der Saab biegt rasch in eine Nebenstraße ein und scheidet ebenfalls aus. Vor einem kleinen Restaurant hält der Opel. Folglich bleibt für mich nur der Fiat übrig. In dem Fiat ist die undeutliche Silhouette eines Mannes zu sehen. Meine Aufmerksamkeit konzentriert sich voll auf ihn. Der Mann fährt vorsichtig hinter dem Tieflader her, überholt ihn nicht.
    Ich fange an, öfter nach den Häusern auszuschauen, bitte den Taxifahrer langsam zu fahren. Ich muss ein ziemlich lästiger Fahrgast sein. Der Fiat wird ebenfalls langsamer, er ist fast vor uns.
    Und dann sehe ich, dass ich mich getäuscht habe. Der Mann biegt in eine Seitenstraße ein.
    Das kann doch nicht wahr sein! Dass niemand dem Köder folgt! Ich bin wie erstarrt, stiere aus dem Fenster. Enttäuschung und Wut kämpfen in mir, und ich habe Mühe, dem Fahrer eine Anweisung zu geben.
    So sitze ich da, das Taxi fährt weiter die Straße entlang. Und da bemerke ich, dass von der Seite, aus der nächsten Querstraße, ein unscheinbarer Lieferwagen hinter uns herkommt.
    Ich warte noch ein wenig. Ja, er fährt ruhig und beharrlich hinter dem Tieflader her.
    Daran hätte ich denken müssen – eine zweifache Verfolgung. Der Fiat hat den Posten dem Lieferwagen übergeben! Er ist nicht dumm, mein Gegner.
    „Jetzt ist es mir eingefallen“, sage ich zu dem Fahrer. „Immer diese Straße weiter, bis ans Ende! Schneller bitte!“
    Der Fahrer enthält sich jeder Äußerung. Er gehört zu den Leuten, die schon alle möglichen verdrehten Ausländer gesehen haben. Er tritt nur aufs Gas. Die Scheibenwischer quietschen und verteilen dünne Schmutzbächlein auf der Scheibe.
    Die Straße endet mit einer Brücke und einem weiteren kleinen geschmückt mit dem üblichen Bronzereiter auf einem grauen Granitsockel. Dahinter ist Börgstaden.
    Die Realität kommt meinen Vorstellungen nahe. Kleine, aber vornehme Villen hinter hohen Mauern und Gittertoren. Hinter den eisernen Häkelspitzen ragen die kahlen Äste der Bäume hervor, kiesbestreute Alleen und Luxusgaragen. Ein paar Handelsvertretungen schauen mit ihren Fassaden auf den Platz, und die Kronleuchter in den unteren Etagen schimmern gedämpft im regnerischen Halbdunkel.
    „Halten Sie hier!“, sage ich.
    Ich lege eine Banknote auf den Autositz und bitte den Fahrer, auf mich zu warten. Ich habe nur ein paar Minuten zur Verfügung.
    Minuten, in denen ich mich überzeuge, dass dieser Peet van Aelst eins der zweigeschossigen Häuser in der Nähe gemietet hat, dass an der soliden Tür ein Messingschild mit dem Namen einer belgischen Firma glänzt, und dass das Haus so etwas wie eine Privatresidenz ist, da es keine

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