Der Protektor von Calderon
einem Zweck«, erwiderte Varg. »Sie haben die Macht, Blutlinien zu segnen. Sie steigern die Fruchtbarkeit unserer Weibchen und sorgen für bessere Ernten. Sie können Stürme und Seuchen abmildern.«
»Und ihr seid bereit, das Leben von Angehörigen eures Volkes zu opfern?«
»Mein Volk ist bereit, sein Blut im Tod zu spenden«, knurrte Varg. »Obwohl zuzeiten besonders mächtige Ritualisten vergessen, dass ihre Kräfte dem Dienste am Volke gewidmet werden sollten. Nicht umgekehrt.«
»Darunter sind auch Frauen«, sagte Tavi und presste die Lippen zusammen. »Kinder. Ich hatte eine bessere Meinung von Nasaug.«
»Und ich«, knurrte Nasaug hinter Tavi, »hatte eine bessere Meinung von dir.«
Tavi drehte sich um, legte die Hand aufs Schwert und kniff die Augen zusammen.
Nasaug stand in voller Montur zehn Fuß von ihm entfernt - seine Rüstung war übersät mit einigen frischen Beulen und mit halbgetrockneten Blutspritzern. Der Cane mit dem dunklen Fell
zog die Lippen über die Zähne, eine Geste offener Feindseligkeit, und in der Hand hielt er ein Schwert. Durias stand neben Nasaug und hatte die Zähne ähnlich gefletscht.
Eine Stimme in seinem Kopf mahnte Tavi, er sollte ruhig und vorsichtig bleiben. Doch vernahm er sie kaum in seiner Wut und seinem Entsetzen, und so starrte er Nasaug geradewegs in die Augen. »Sag deinen Leuten, sie sollen die Leichen von meinem Volk nicht anfassen.«
»Sonst?«, gab Nasaug zurück und kniff die Augen zusammen.
»Sonst werde ich sie dazu bringen«, antwortete Tavi.
»Du bist so gut wie tot, Aleraner«, sagte Nasaug.
Tavi zog sein Schwert. »Mich tötest du nicht so leicht wie wehrlose Alte und Kinder, Hund.«
Nasaug bewegte sich nach vorn - es war kein Sprung, sondern ein unglaublich schneller, beidhändiger Hieb mit dem Schwert. Tavi hob seine Klinge, nahm Haltung ein und bereitete sich darauf vor, den mit Riesenkraft ausgeführten Angriff abzuwehren, wozu er Kraft aus der Erde rief.
In diesem Moment traf Varg Nasaug wie ein geschleuderter Speer vor die Brust.
Nasaug war zwar riesig und trug Rüstung, aber dennoch übertraf ihn Varg an Größe. Beide Canim verschmolzen zu einem Fellknäuel, das ein ohrenbetäubendes Knurren von sich gab, und ein entsetzlicher Kampf begann. Varg schlug Nasaug das Schwert aus der Hand, und der kleinere Cane versenkte daraufhin die Reißzähne in Vargs Schulter, bis Blut hervortrat. Varg brüllte, landete einen heftigen Treffer auf Nasaugs Nase und schlug seinen Kopf zur Seite, wobei die Zähne tiefe Risse in seinem Fleisch hinterließen.
Die beiden Canim kämpften, wälzten sich über den Boden, schlugen mit den Pfotenhänden aufeinander ein und bissen nacheinander. Varg war zwar größer und stärker, doch Nasaug trug Rüstung und nutzte diesen Vorteil gnadenlos aus.
Es gelang dem jüngeren, mit dem gepanzerten Unterarm auf
Vargs Kehle zu schlagen, und dann riss er die Schnauze auf und schnappte mit blitzenden Zähnen nach seinem Gegner.
Aber Varg war zu schnell. Der größere Cane warf sich nach hinten, hakte die Pfoten in der Rüstung ein und wirbelte den anderen in die Luft. Dann ließ er ihn mit voller Wucht auf den Boden niederkrachen, so dass Staub aufwirbelte.
Nasaug wollte sich zur Seite wälzen, war jedoch benommen vom Aufprall, und Varg warf sich auf seinen Rücken, packte ihn mit den Zähnen im Nacken und drückte ihn auf die Erde.
Nasaug heulte vor Wut und Pein laut auf, verstummte dann aber.
Einen Augenblick lang dachte Tavi, Varg habe ihn getötet. Dann erkannte er, dass Nasaug noch atmete. Er lag lediglich reglos da und wehrte sich nicht mehr. Sein leises Knurren klang nun eher niedergeschlagen und erschöpft.
Tavi sah auf und blickte Durias an. Dann steckte er sein Schwert ein und trat auf die beiden Canim zu.
Varg ließ Nasaugs Kehle los, und Tavi hörte den großen Cane sehr leise sagen: »Gadara-lar.«
Nasaug schauderte. Dann zuckte eins seiner Ohren zustimmend. »Gadara-sar.«
»Ehre«, sagte Varg.
»Ehre«, antwortete der kleinere Cane.
Varg erhob sich langsam von Nasaug. Der Anführer der Canim wandte sich Varg zu, und beide boten dem anderen die Kehle dar - Nasaug jedoch ein wenig unterwürfiger.
»Lar«, sagte Tavi leise, »heißt Junge.«
Die zwei Canim drehten sich zu ihm um.
»Sar«, fuhr Tavi fort, »ist der Vater. Er ist dein Sohn.«
»Offensichtlich«, knurrte Varg.
»Und Gadara «, meinte Tavi, »bedeutet gar nicht ›Feind‹.«
»Die Menschen des Schnees«, entgegnete Varg, »die ihr
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