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Der Puppendoktor

Der Puppendoktor

Titel: Der Puppendoktor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Aubert
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Motor an.

KAPITEL 7
    Gewitter lag in der Luft. Die Atmosphäre war geladen, auch auf dem Polizeirevier. Eine Dame in einem zerrissenen Seidenkostüm weinte hemmungslos: Man hatte sie mit Fußtritten traktiert und ihr ihren Schmuck entrissen. Ein gereizter Polizist holte ihr ein Glas Wasser. Ein feister Hüne versuchte, drei Halbwüchsige zu erwürgen, die ihn, außer Reichweite, verspotteten. »Man« hatte im Kino sein Portemonnaie gestohlen.
    »Stimmt überhaupt nicht, das sagt er nur, weil wir dunkelhäutig sind, der Rassist!«
    »Stellt euch nicht dumm, wir haben euch schon lange im Visier. Setzen Sie sich, Monsieur, wir kümmern uns gleich um Sie.«
    Ein Dealer in Handschellen auf einer Holzbank warf nervöse Blicke nach rechts und links wie ein defekter Automat.
    Eilige Polizeibeamte liefen mit Akten vorbei, andere mit Gummiknüppeln.
    Jean-Jean öffnete eine schmutzig graue Tür. Ramirez hob überrascht den Kopf. Ihm gegenüber auf einem Plastikstuhl saß ein dickbäuchiger alter Mann in Shorts und blutbeflecktem gelbem T-Shirt, sein Haar war ähnlich gelb und kerzengerade hoch stehend wie ein Wald von Gitanes mit Maispapier. JeanJean deutete mit dem Kinn auf den Dicken:
    »Brauchst du noch lange?«
    »Ich bin gleich fertig mit ihm. Dann komme ich.«
    »Was hat er angestellt?«
    »Er hat eben seine Frau umgebracht. Ein paar Schläge mit einer Glasflasche. Erst hat er sie ihr auf ihrem Kopf zertrümmert, und dann, zack, in den Bauch gerammt.« »Warum haben Sie das getan?«
    Der Mann zuckte die Schultern, antwortete nicht. Ramirez antwortete an seiner Stelle:
    »Sie wollte immer, dass er den Hund ausführt und den Mülleimer runterträgt. Und zwar jeden Abend, genau dann, wenn der Spielfilm im Fernsehen anfängt. Kannst du dir das vorstellen? Er hat seit fünfzehn Jahren nie den Anfang eines Films sehen können.«
    »Sie hätten sich einen Videorecorder kaufen sollen.«
    »Ach, wissen Sie, ich und dieses moderne Zeug .«
    Jean-Jean wandte sich seufzend an Ramirez.
    »Gut, wenn du fertig bist, kommst du. Der kleine Blanc hat was Neues.«
    Ramirez nickte zerstreut und widmete sich wieder genussvoll dem Gattenmörder.
    »Hat sie Ihnen auch verboten zu rauchen?«
    »Na, klar, das war das Erste, was sie mir verboten hat. Ich musste zum Rauchen auf den Balkon gehen. In meinem Alter, stellen Sie sich das vor.«
    Jean-Jean schloss die Tür.
    Hinter ihrer Textverarbeitung verschanzt, spitzte Melanie einen Bleistift, der Blick finster, die Bewegungen langsam und geschmeidig.
    »Sie machen das gut, sagen Sie!«, rief Jean-Jean spöttisch und setzte sich hin.
    Melanie wurde knallrot und schlug rasch die Beine übereinander. Jean-Jean musterte sie.
    »Sie sind ja richtig braun geworden! Hat Ihr Freund Sie mit auf seine Yacht genommen, ha, ha, ha?!«
    »Ha, ha, ha! Nein, aber er ist gestern Abend abgereist und kommt in einem Monat wieder.«
    Jean-Jean lächelte sie selig an.
    »Na ja, da müssen wir uns aber ganz schön ranhalten . ich meine, bei all der Arbeit, die wir haben.«
    »Von mir aus können wir gleich loslegen …«, meinte Melanie und leckte an ihrem Stift.
    Jean-Jean war plötzlich schweißgebadet. In diesem Augenblick klopfte es an die Tür. Es war das Trio Infernal: Ramirez, Blanc und Costello.
    Melanie zog sofort den Stift aus dem Mund und machte sich sehr geschäftig daran, irgendetwas zu notieren. Jean-Jean musterte seine Mitarbeiter und bog mit drohender Miene bunte Büroklammern auseinander. Dann erteilte er ihnen mit höchst professioneller Stimme genaue Instruktionen.
    Im Toilettenraum des Bistros spritzte sich Marcel Wasser ins Gesicht. Er warf einen Blick in den Spiegel über dem Waschbecken und fand sich hässlich. Hakennase, Falten, zu graue Augen, zu großer Mund, rotes Kraushaar und ein gewaltiger Schnauzbart: wie ein walisischer Bergarbeiter. Dabei war seine Mutter aus Marseille und sein Vater aus Toulon. Keine Spur von Exotik in der Familie. Er musste wieder an Jean-Jean denken, der nichts von der Sache mit dem Angriff auf das Kind hatte wissen wollen:
    »Ich habe allmählich die Nase voll von Ihren Geschichten, Blanc. Man hält Dienst und Vergnügen gefälligst auseinander, verstanden!«, hatte er gebrüllt, während Melanie mindestens tausend Anschläge pro Minute tippte, die Augen auf die Tastatur geheftet.
    Dann hatte Jean-Jean düster hinzugefügt:
    »Blanc! Was ich Ihnen jetzt sage, bleibt unter uns, verstanden?«
    »Natürlich .«
    »Sie sind zurzeit im Dienst nicht bei der Sache. Halten

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