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Der Puppenfänger (German Edition)

Der Puppenfänger (German Edition)

Titel: Der Puppenfänger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joana Brouwer
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dich ziemlich lange im Dorf beim Kuchenkauf aufgehalten haben«, nörgelte Beate und kam damit vermutlich zu dem Anlass ihrer Verärgerung.
    Heide überlegte einen Moment, ob es sinnvoll sein könnte, ihre Gastgeberin mit dem vertraut zu machen, was ihre Mitarbeiterin Helen und sie Anfangsrecherche nannten. Meine liebe Beate – könnte sie sagen –, ich bin wie ein Trüffelschwein im Ort unterwegs gewesen, nur habe ich keine unterirdisch wachsenden Pilze gesucht. Ich habe mich ein wenig umgehört, um zu erfahren, was über dich, über deinen Schwager und über deine Schwester getratscht wird. Denke nicht, dass ich alles, was man mir zuträgt, für bare Münze nehme, aber ich habe im Laufe meiner Berufstätigkeit die Erfahrung machen müssen, dass unsere Mitmenschen oft mehr von uns wissen, als wir gemeinhin annehmen. Häufig ist auch ihr Urteilsvermögen größer, als wir vermuten.
    Heide entschied wie so häufig nach ihrem Gefühl und beschloss, Beate vorerst nicht in ihre Arbeitsweise einzuweihen. Stattdessen teilte sie ihr mit: »Nachdem ich eingekauft hatte, habe ich eine ältere Dame nach Hause gefahren.«
    Beate runzelte die Stirn, schob ihre dunkelblonden, auf Kinnlänge geschnittenen, glatten Haare hinter die Ohren, verzog ironisch den Mund und fragte schnippisch: »Was soll das? Bist du unter die Samariter gegangen?«
    »Ich würde mich nicht als Samariter bezeichnen. Die alte Frau tat mir leid. Sie war lange mit ihrem Rollator unterwegs gewesen, und mir hat der kurze Umweg keine Mühe gemacht. Vielleicht kennst du sie. Sie wurde von Frau Lübhein Tante Martha genannt. Und sie erzählte mir, du seist mit ihr verwandt.«
    Beate wich Heides Blick aus, schaute vor sich auf den Tisch und zeichnete mit dem Zeigefinger die farbigen Ornamente auf ihrem Platz-Set nach. »Meine Mutter war ihr Patenkind. Martha ist das, was wir hier eine lebende Dorfzeitung nennen. Ihr Mann ist sehr früh gestorben, und sie hat keine Kinder. Deshalb mischt sie sich ständig in die Angelegenheiten fremder Leute ein. Du darfst kein Wort, das sie von sich gibt, ernst nehmen. Sie war immer schon etwas plemplem. Jetzt leidet sie – wenn man es einmal objektiv betrachten will – zusätzlich an einer Altersdemenz.«
    »Sie erzählte mir von ihrer Enkelin Nele.«
    Beate schüttelte den Kopf und schlug sich mit der Handfläche gegen die Stirn. »Ab und zu schäme ich mich tatsächlich für sie. Martha spinnt total. Sie hat keine Enkelin, die Nele heißt. Sie hat überhaupt keine Enkelin. Obwohl man hier im Ort ständig auf jemanden trifft, der die Tante oder der Onkel von irgendjemand anderem ist, den man selbst Cousine oder Cousin nennt. Ich frage mich nur, Heide, wer dir mehr am Herzen liegt. Eine alte Frau, die du nicht kennst, oder deine langjährige Freundin? Ist es wirklich nötig gewesen, mich ihretwegen so lange warten zu lassen?«
    Heide atmete tief durch und beschloss, Beates Bemerkungen und den vorwurfsvollen Tonfall, in dem sie geäußert worden waren, vorerst nicht zu beachten. Sie besaß einen relativ großen Bekanntenkreis, den sie seit Jahren pflegte und der ihr wichtig war, aber sie hatte gelernt, mit den Begriffen Freund und Freundin sorgsam umzugehen. Isabel, ihre einzige Freundin, kannte sie bereits seit Kindertagen. Eines wusste sie sicher, Beate Buttenstett war nicht ihre Freundin, war es nie gewesen und würde es sicherlich niemals werden.
    »Hast du Tommy kennengelernt, Heide?«
    »Wen, bitte?«, stellte Heide sich dumm und zauberte ihr süßestes Lächeln auf die Lippen.
    »Thomas Orthes«, erwiderte Beate ungeduldig.
    »Ist er es, der dein Privatleben verändert hat? Du sagtest mir gestern Abend, privat habe sich bei dir einiges getan.«
    Beate stand auf, kramte längere Zeit in einem Weidenkorb und reichte Heide ein aufgeklapptes Fotoalbum. Alle Bilder auf der Seite zeigten denselben Mann.
    »Entschuldige bitte«, schwindelte Heide. »Ich wusste nicht, dass du über den Apotheker gesprochen hast. Ihn habe ich gesehen. Er hat mir Kopfschmerztabletten verkauft. Bei der Gelegenheit habe ich auch seine Tante, Marianne Wanner, kennengelernt.«
    »Eigentlich wollte ich es vorerst für mich behalten«, sagte Beate zögernd, »aber da du es ohnehin ahnst, kann ich es dir auch erzählen. Tommy und ich werden bald heiraten. Gäbe es die Sorgen um Simones Mann nicht, würde ich im siebten Himmel schweben.«
    »Warum wolltest du mir so etwas Entscheidendes wie eine Heirat verschweigen?«, fragte Heide erstaunt. »Ich freue

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