Der Puppenfänger (German Edition)
mir, dass du vorsichtig bist. Darum hatte ich dich bereits gebeten, ehe diese Rheinländerin über Laxhoffs Leiche gestolpert ist. Schöllen könnte der Mörder seines Halbbruders sein. Ich will mit meinen Vermutungen nicht ins Dunkle schießen, aber Schöllen und auch Laxhoff haben eine kriminelle Vergangenheit, und diesen Umstand solltest du bei deinen Recherchen nicht außer Acht lassen. Versprichst du es mir?«
»Ich verspreche es«, nuschelte sie in seine Lederjacke und fühlte sich geborgen.
*
Auf dem Weg nach Nordhorn bemerkte Heide, dass der lieben Miss Marple die Luft ausgegangen war. Sie beschloss, einen Abstecher bei ihrer Freundin Isabel einzulegen, um ihr Handy aufzuladen. Isabel, die Goldschmiedin, verkaufte ihren selbst entworfenen Schmuck in einem kleinen Geschäft, das sich in Nordhorns Innenstadt befand. Mit etwas Glück gelang es Heide, ihre Freundin bei dieser Gelegenheit zu überreden, ihr bei der anstehenden Aufgabe Gesellschaft zu leisten.
Isabel ließ sich nicht lange bitten. »Klar begleite ich dich«, stimmte sie sofort zu. »Eigentlich wollte ich die Auslage neu gestalten, aber das hat Zeit.«
Während Miss Marple an einer Steckdose zu Kräften kam, machten Heide und Isabel es sich in dem winzigen Personalraum des Geschäftes gemütlich. Heide erzählte in groben Zügen von ihrem Auftrag und sprach über den Passat mit dem Grafschafter Kennzeichen, den sie hinter Schöllens Haus entdeckt hatte. »Der Besitzer des Wagens heißt Richard Wanner. Er wohnt gleich um die Ecke in der Hagenstraße, am Alten Hafen. Ich habe mir eben die Wohnsituation dort angesehen. Er muss neben dem Gebäude parken, und er ist gezwungen, den vorderen Eingang zu nutzen.«
»Du willst dich vor die Tür stellen und auf ihn warten«, spöttelte Isabel.
Heide ignorierte den Einwand und fuhr fort: »Der Parkplatz und die Eingangstür sind leider nur von der Terrasse eines Cafés aus gut zu überblicken. Wir suchen uns einen Tisch im Außenbereich. Ich möchte mir einen ersten Eindruck von dem Mann verschaffen. Vielleicht habe ich mich auch verrannt. Möglicherweise ist es besser, ich sehe mich in der nächsten Woche an seiner Arbeitsstelle nach ihm um.«
»Du willst mir doch nicht etwa verschweigen, dass wir uns gleich aufmachen, um nach einem Entführer Ausschau zu halten?«, fragte Isabel ironisch.
»Richard Wanner hat keine Ahnung, wer wir sind – falls er uns überhaupt bemerkt. Außerdem gibt es bisher keinen Grund, anzunehmen, dass er in den Entführungsfall Schöllen verstrickt ist.«
»Was verheimlichst du mir? Du verschweigst mir etwas«, knurrte Isabel. »Deine Augen verraten, dass du auf der Jagd bist.«
»Ah ja! Tatsächlich? Das wundert mich. Wie sehen sie aus, wenn ich jage?«
»Sie verändern ihre Farbe. Das sanfte Rehbraun verwandelt sich in ein dunkles Jagdgrün, ähnlich wie bei meiner armen Mitzi – Gott hab sie selig. Diese Farbveränderung deiner Augen ist mir bereits vor mehr als zwanzig Jahren an dir aufgefallen.«
»I wo«, widersprach Heide halbherzig. Dieter hatte angeblich bereits Ähnliches beobachtet. Sie zögerte einen Moment, überlegte und entschied, Isabel von Gunnar Laxhoff zu erzählen. »Möglicherweise steht der Entführungsfall Schöllen mit einem Mordfall in Verbindung. In Haren an der Ems wurde eine männliche Leiche gefunden. Es handelt sich um Schöllens Halbbruder.«
»Weiß Dieter, dass dieser vermeintliche Kidnapper praktisch sein Nachbar ist?«, wollte Isabel wissen, als sie gemeinsam das Geschäft verließen.
Heide lachte. Isabel hatte die Sachlage klar erkannt. Dieters Zuhause befand sich in der Synagogenstraße, lediglich einen Steinwurf vom Alten Hafen entfernt. Die Vorstellung, dass ihr Kommissar und Richard Wanner mit einem Bierchen auf gute Nachbarschaft angestoßen hatten, war tatsächlich erheiternd. »Vielleicht kennst du ihn auch, ohne es zu wissen. Schließlich liegt dein Laden fast ebenso dicht an Wanners Wohnung«, gab sie zu bedenken.
»Er könnte mir durchaus über den Weg gelaufen sein«, gestand Isabel zögernd ein. »Beschreib ihn mir!«
»Ich kann dir leider nicht genau sagen, wie er aussieht. Ich weiß nur, dass er wahrscheinlich sehr schlank und nicht sehr groß ist und eine Brille trägt. Ich habe …« Heide blieb abrupt stehen und sprach nicht weiter. Sie fasste ihre Freundin am Mantelärmel, drehte sich um und schlug die entgegengesetzte Richtung ein.
»Was ist los?«, flüsterte Isabel, die ihr gefolgt war. »Du siehst aus, als
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