Der Puppenfänger (German Edition)
auf der Beate mit dem unbekannten Mädchen zu sehen war. Nachdem sie das Bild gefunden hatte, legte sie es vor Tante Martha auf den Tisch. »Kennen Sie diese Schönheit? Das Foto habe ich in der Dunkelkammer des verstorbenen Herrn Buttenstett entdeckt. Merkwürdigerweise gab es noch unzählige andere, auf denen Beate mit diesem Mädchen abgebildet ist. Ich habe den Eindruck gewonnen, dass diese Unbekannte Beate sehr gut kennt. Deswegen würde ich mich gerne mit ihr unterhalten.«
»Beate Buttenstett! Das ist Beate Buttenstett!«
Heide verdrehte die Augen und setzte ungeduldig nach: »Mich interessiert die junge Dame mit den großen, blauen Augen und den wundervollen blonden Haaren, die neben Beate sitzt.«
Tante Martha räusperte sich. Heide blickte auf und stellte fest, dass die Augen der alten Frau sich mit Tränen füllten. »Das ist Beates Freundin«, murmelte sie mit belegter Stimme, ehe sie leise den Namen nannte. »Alexandra Rosenbring.«
»Alexandra Rosenbring! Richtig! So heißt sie, aber wo finde ich sie?«, fragte Heide resolut.
Tante Martha legte ihre Hand auf die Bibel und flüsterte: »Die Alexa ist beim lieben Gott. Ich habe gebetet, und jetzt weiß ich es sicher. Der liebe Gott passt jetzt gut auf sie auf.«
*
Helen meldete sich mit dem zweiten Klingelzeichen. Heide wartete die liebliche Kundenbegrüßung ihrer Mitarbeiterin nicht ab, wünschte sofort einen schönen guten Morgen und bat sie nachzusehen, was in der Bibel unter Lukas, Kapitel 6, Vers 37 zu lesen war. Anschließend erzählte sie knapp von der Fotografie, die ihr zufällig in die Hände gefallen war, und beschrieb die Reaktionen der beiden Personen, bei denen sie sich nach Alexandra Rosenbring erkundigt hatte.
Helens Ehrgeiz war geweckt, noch ehe Heide zu Ende gesprochen hatte, und sie reagierte wie erwartet. »Sie blocken, Chefin! Die Bäckersfrau ebenso wie die liebenswerte, ältere Dame Martha. Wer blockt, will verhindern, dass man irgendjemandem auf den Pelz rückt. Ich mach mich gleich dran. Müsste ja mit dem Deubel zugehen, wenn ich nicht erfahren würde, was es mit dieser Alexandra Rosenbring auf sich hat und wie, wann und wo sie gestorben ist.«
Heide beendete das Gespräch und wollte die Hauptstraße just in dem Augenblick überqueren, in dem Michel Haila den Dienstwagen im Schritttempo durch das Dorf kutschierte.
»Wer geht denn da spazieren?«, fragte Michel betont heiter. Er hielt an und gab Heide mit einer Handbewegung zu verstehen, dass er ihr den Vortritt ließ.
Sie warf ihm ein knappes Lächeln zu und nahm das Angebot mit einem Kopfnicken an. Während sie dicht am Auto entlang über die Straße ging, schlug sie mit der flachen Hand laut klatschend auf das Blech der Motorhaube, ohne Dieter auf dem Beifahrersitz zu beachten.
»Fahr bitte dort drüben auf den Parkplatz«, forderte er, den Blick auf Heide gerichtet, die ihren Weg auf der anderen Straßenseite mit schnellem Schritt fortsetzte. Noch ehe Haila eingeparkt hatte, schnallte Dieter sich ab, riss die Beifahrertür auf und spurtete los. Als er Heide eingeholt hatte, hielt er sie am Ärmel fest.
»Guten Morgen, meine Schöne.«
Heide blieb stehen und sah sich suchend um. »Wo finde ich beides? Ich sehe keine Schöne und auch keinen guten Morgen!«
Dieter umarmte sie fest und drückte sein Gesicht in ihr Haar. »Es tut mir leid!«
»Falsch, mein Lieber. Du müsstest eigentlich sagen: Es tut mir leid, Dickkopf«, murmelte sie in seine Lederjacke.
»Ich liebe dich, du Dickkopf, und es tut mir sehr leid, und ich verspreche dir, ich werde mich bessern«, erwiderte er und begann zu lachen. »Wenn ich beim Aufwachen nicht deine verwuschelten Haare und deine miesepetrige Miene sehen darf, geht’s mir den ganzen Tag bescheiden.«
»So einfach funktioniert das dieses Mal nicht«, wehrte sie ab und befreite sich energisch aus seinen Armen. »Lass dir etwas einfallen. Mit dem Männchen machen und bitte, bitte, meine Schöne, gewinnst du dieses Mal keinen Blumentopf. Da gibt es nichts zu lachen. Und leg mir ja nicht wieder einen Kilo holländische Bonbons vor die Haustür. Nichts hasse ich mehr als dieses zusammengewürfelte Mischmasch aus Pfefferminz, Himbeerdrops und Lakritz. Erwiesenermaßen macht es süchtig. Hat man ein klitzekleines Bonbon probiert, will man immer mehr. Man kann die Hände nicht davon lassen, bis die Tüte leer gefuttert ist.«
Dieter zog sie wieder eng an sich und flüsterte eindringlich, in einem Ton, der bei ihm selten war: »Versprich
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