Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Puppenfänger (German Edition)

Der Puppenfänger (German Edition)

Titel: Der Puppenfänger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joana Brouwer
Vom Netzwerk:
wäre dir ein Gespenst begegnet.«
    »Bingo! Volltreffer«, erwiderte Heide aufgeregt. »Glück muss der Mensch haben.«
    »Sprich deutlich. Ich begreife nichts.«
    »Beinahe wären wir eben Simone Schöllen und ihren Töchtern in die Arme gelaufen«, erklärte Heide zufrieden. »Sie wurden von einem Brillenträger begleitet.«
    »Richard Wanner?«
    »Das herauszufinden, liebste Isabel, dürfte nicht schwierig sein«, erklärte Heide fröhlich und fügte mit strahlenden Augen hinzu: »Oh, ich liebe meinen Beruf. Gäbe es ihn nicht, ich würde ihn erfinden.«
    *
    Der BMW stand schräg vor Heides Carport, gerade so, dass sie genügend Platz hatte, um langsam und vorsichtig daran vorbeizufahren. Das Auto war ein Nachfolgemodell des Wagens, den Alexander während ihrer gemeinsamen Zeiten gefahren hatte. Die Farbe war fast identisch, auch die Ziffern auf dem Kennzeichen. Lediglich die Buchstaben waren andere. Statt OS für Osnabrück ein L für Leipzi g, Alexanders neuen Wohnort, statt AH für Alexander Hammer AP , was vermutlich für Alexander und Patricia stand. Es wunderte Heide, dass er nach dem gestrigen Telefongespräch erneut einen Versuch unternahm. Sie fragte sich, was ihn dazu brachte, anzunehmen, sie könnte ihm alles, was er ihr angetan hatte, verzeihen.
    Alexander hockte im Treppenhaus auf der obersten Stufe, direkt vor ihrer Wohnungstür. Die Ellenbogen hatte er auf die Knie gestützt und das Gesicht in den Händen vergraben. Als er sie hörte, erhob er sich und sah ihr entgegen. Heide erschrak, als sie ihm gegenüberstand. Er hatte abgenommen. Sein ehemals brünettes Haar wurde von unzähligen feinen, silberfarbenen Strähnen durchzogen. Hinter den Brillengläsern entdeckte Heide unter müden braunen Augen Tränensäcke, die von schlaflosen Nächten berichteten. Alexanders Anblick ging ihr nahe, und einen Atemzug lang überlegte sie, ihn in die Wohnung zu bitten. Es ging ihm schlecht, und sie hatten sich einmal sehr geliebt. Jetzt stand Alexander, der stets Wert darauf gelegt hatte, adrett auszusehen, in einem zerknitterten Anzug und ungeputzten Schuhen vor ihrer Tür und bat um Einlass. Was sprach dagegen, noch einmal ein Gespräch mit ihm zu führen, ihn zu trösten, ihm auf die Füße zu helfen, ihm zu verzeihen.
    Er umfasste ihr Gesicht mit beiden Händen und blickte sie schweigend an. Momentaufnahmen ihrer Zweisamkeit stürzten auf sie ein und klickten, einer Diashow gleich, durch ihr Gedächtnis. Die Erinnerung verschwand ebenso schnell, wie sie gekommen war, und die Vernunft nahm ihren Raum ein. Alexander musste seine Probleme allein bewältigen. Er war nicht zu ihr gekommen, um sich trösten zu lassen oder um noch einmal um Verzeihung zu bitten. Alexander hatte den Weg von Leipzig nach Osnabrück auf sich genommen, weil er gehofft hatte, ihre Liebe könne wieder dort aufleben, wo sie vor mehr als vier Jahren gestorben war.
    »Es tut mir leid, Alex. Ich habe leider keine Zeit für dich. Ich bin sehr beschäftigt und erwarte heute Abend Besuch«, sagte sie in einem Ton, der ihm mehr als jedes ablehnende Wort verdeutlichte, dass seine Bemühungen zwecklos waren.
    »Es ist der Fuchs, nicht wahr? Hast du mich schon mit ihm betrogen, als wir noch zusammen waren? Wolltest du dich deswegen nicht mit mir versöhnen?«
    Heide war empört, und einen Moment verschlug es ihr die Sprache. »Du musst verrückt sein. Es ist besser, du gehst jetzt«, erwiderte sie, nachdem sie sich gefangen hatte.
    »Ich werde dich nicht noch einmal fragen, Heide.«
    »Das würde ich dir auch nicht empfehlen«, erwiderte sie kühl und fügte fast unhörbar hinzu: »Es sei denn, du möchtest, dass ich den kleinsten Funken Respekt, den ich noch vor dir habe, ebenfalls verliere.«
    Sie sah ihm nach, als er die Treppe hinunterstieg, und schloss die Wohnungstür erst auf, als sie ihn durch das großflächige Fenster des Treppenhauses auf der Straße entdeckte. In der Diele stellte sie sich vor den Garderobenspiegel, betrachtete ihr Gesicht, fand darin die Trauer um den Mann, der er einmal gewesen war, und blickte sich so lange an, bis ein Lächeln zu ihren Mundwinkeln schlich, dort verweilte und in ihre Augen huschte. Es war vorbei! Alexander durfte sich in der Vergangenheit ausbreiten. In der Zukunft ihres Lebens würde sie ihm keinen Raum geben.
    *
    Helen war bereits gegangen. Alexanders Erinnerungsstrauß hatte sie auf Heides Schreibtisch gestellt, die Blumen aber in ein leeres Gurkenglas gestopft und ihnen nur einen Schluck Wasser

Weitere Kostenlose Bücher