Der Puppenfänger (German Edition)
gegeben. Das Glas war zwar sauber, aber viel zu niedrig für das üppige Bukett und gab ihm keinen Halt. Einige Stiele waren bereits abgeknickt, andere wurden nur teilweise mit Flüssigkeit versorgt oder verdursteten bereits. Man brauchte keine besondere Sensibilität, um zu begreifen, dass Helen den Blumenstrauß ebenso ablehnte wie den Mann, der ihn überreicht hatte. Heide nahm Gurkenglas und Strauß, ging damit in die Küche, warf zuerst die Blumen und anschließend die provisorische Vase in den Mülleimer. Wie wunderbar wäre es, könnte sie die unangenehmen Erinnerungen, die sie mit Alexanders Namen verband, mit den Blumen entsorgen und allein die schönen Momente im Herzen bewahren.
Auf der Essbar lagen, ordentlich und akkurat, wie Heide es von Helen gewohnt war, die schriftlich festgehaltenen Ergebnisse der Nachforschungen, um die sie gebeten hatte. Heide streifte die Pumps von den Füßen, setzte sich auf einen Hocker und überflog die Aufzeichnungen.
Rechercheergebnisse Vermisstensache Schöllen
Telefongespräch mit Heide am Donnerstag,
den 14. April 2011:
• Passat NOH – XC 90 zugelassen auf Richard Wanner, geb. 1970, Bauingenieur, wohnhaft in Nordhorn, Am Alten Hafen.
• Gerald Schöllen, geb. 1971, verheiratet, 2 Kinder, vorbestraft wegen unzulässigem Handel mit Doping- und Potenzmitteln, lebte bis zu seinem zehnten Lebensjahr in Emlichheim (Kreis Grafschaft Bentheim), anschließend ständig wechselnde Wohnorte.
• Vater: Herbert Schöllen, geb. 1940 (Wohnort unbekannt).
• Mutter: Annegret Schöllen, geb. Laxhoff, geb. 1943, gest. 1988.
• Schöllens Halbbruder: Gunnar Laxhoff, geb. 1961, ansehnliche kriminelle Kariere, einige kleinkriminelle Straftaten, langjährige Haftstrafe (bewaffneter Tankstellenüberfall).
• Frederik ☺, Ferdinand ☺ und Frank ☺ Lübhein (scheinbar unbescholten und mit weißer Weste). Ebenso Renate Lübhein und Thomas Orthes ☺, geb. 1970, Apotheker, wohnhaft in Holte, Hauptstraße.
Grüße Helen
Der Anblick der Smileys ließ Heide schmunzeln und an das Korinthenbrot denken, das sie in der Bäckerei gekauft hatte. Sie stand auf, kippte den Inhalt ihrer Handtasche auf den Küchentisch, nahm den Weggen und legte ihn in die Brotkiste, ehe sie sich erneut Helens Notizen zuwandte.
Rechercheergebnisse Vermisstensache Schöllen
Telefongespräch mit Heide am Freitag,
den 15 . April 2011 :
• Tante Martha (Nachname noch nicht bekannt): Lukas Kapitel 6 , Vers 37 (Neues Testament) = »Richtet nicht, so werdet ihr auch nicht gerichtet. Verdammet nicht, so werdet ihr nicht verdammt. Vergebet, so wird euch vergeben.«
• Alexandra Rosenbring (geb. 1974 in Lingen?). Falls diese Alexandra Rosenbring gemeint ist, solltest du dich in Verbindung setzen mit Sandra Bochmann in Meppen Tel. ( 0 59 31 ) 11 22 33 3 . Ich habe ihren Namen über die Homepage des Windthorst-Gymnasiums in Meppen erfahren. Möglicherweise hat die von dir gesuchte Alexandra Rosenbring dort 1992 gemeinsam mit Frau Bochmann Abitur gemacht.
Grüße Helen
Heide schrieb Ich danke dir! unter die Notizen und brachte Block und Stift zurück in Helens Arbeitszimmer. Sie würde ein Bad nehmen, dabei ein Glas Rotwein trinken und keinen einzigen weiteren Gedanken an Alexander verschwenden. Ehe sie mit dem Rotweinglas in der Hand ins Badezimmer marschierte, schob sie eine CD in die Anlage. Im Bad betrachtete sie die unterschiedlichsten Karaffen und Deckelbehälter, in denen sie ihre Badezusätze aufbewahrte. Sie entschied sich für Jasmin mit Blüten und gab eine große Menge ins einlaufende Badewasser.
Während der Duft sich sachte ausbreitete, schlenderte sie ins nebenanliegende Schlafzimmer, kleidete sich aus und öffnete ihren Wäscheschrank. Sie ließ ihre Hand über einen Stapel Frottiertücher gleiten, fühlte inmitten der flauschigen Textilien plötzlich etwas Schmales, zog es heraus und blickte auf ein rosafarbenes, sexy Spitzenstrumpfband, eingeschweißt in transparenter Folie. Sie betrachtete es amüsiert, roch daran und registrierte begeistert, dass das Schmuckstück von einem Meisterkonditor aus Marzipan angefertigt worden war und somit essbar. Sie zögerte nicht lange, riss die Folie ab, biss hinein und freute sich, dass es Dieter mit diesem Joke endlich einmal gelungen war, ihren Geschmack zu treffen.
Im Laufe des letzten Jahres war sie gezwungen gewesen, einige seiner Späßchen hinzunehmen. Im November hatte sie – zu einem äußerst ungünstigen Zeitpunkt – einen Lachsack in ihren
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