Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Purpurkaiser

Titel: Der Purpurkaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbie Brennan
Vom Netzwerk:
Bewusstseins zu kratzen wie ein Hund an einer Tür. Das Gefühl war so bedrohlich, dass Henry erstarrte, und erst als er direkt auf die Spinne zustürzte, dachte er wieder daran, seine Flügel zu benutzen. Getrieben von seiner Angst wegzukommen, ertappte er sich dabei, im Kreis herumzuflattern wie eine verletzte Motte. Aber er konnte nicht weg – dieses kratzende Etwas war ja in seinem Kopf.
    Henry wurde fast wahnsinnig. Er wollte schreien und kreischen und zappeln und sich zu einer Kugel zusammenrollen und verstecken und nie, nie wieder hervorkommen, solange es Viecher gab wie –
    Die Spinne hörte auf zu kratzen. Sie hing dort am Rande seines Bewusstseins, aufmerksam, aber vorsichtig. Unter ihm sah die Spinne plötzlich auf, starrte ihn an aus ihren riesigen schwarzen Augen. Zwei Spinnen und gleichzeitig ein- und dieselbe. Das Wesen da unten, es war in Gedanken bei ihm. Das Wesen da unten… Eine dumme, ganz dumme Idee kam Henry. Das Wesen da unten wollte doch nur sein Freund sein.
    Dieses Viech hatte ihm das Gesicht zerfetzt und sein Blut getrunken! Genauso gut konnte man eine Giftschlange zum Freund haben!
    Er richtete gleichzeitig seine Gedanken und seine Augen auf die Spinne. Sie blieb ganz ruhig, wartete. Ich muss verrückt sein, dachte Henry. Ich muss total spinnen, dass ich auf die Idee komme, so was zu tun. Die Spinne wartete. Henry schwebte und die Spinne wartete. Henry konnte nicht aufhören zu denken, dass die Spinne bloß sein Freund sein wollte.
    Dieses Viech da unten zwitscherte vor Freude.
    Er konnte es streicheln wie ein Kätzchen. Wenn er wollte, dann konnte er einfach die Hand ausstrecken und es streicheln. Völlig verrückt, aber er konnte es tun. Die Spinne da unten war das hässlichste Viech, das er je gesehen hatte, aber die Spinne, die da am Rand seines Bewusstseins hing, war irgendwie… anders. Sie sah vor seinem geistigen Auge genau gleich aus, aber…
    Die Spinne bewegte sich tiefer in sein Bewusstsein hinein. Sie erinnerte ihn zwangsläufig an ein Hündchen, das sich auf dem Bauch vorwärts robbte, weil es gestreichelt und getätschelt werden wollte, aber immer noch ein bisschen Angst hatte.
    Diese Monsterspinne war kein Hündchen. Es war ein total gefährliches, schreckliches –
    Henry streckte im Geiste den Arm aus und streichelte sie.
     

Fünfunddreissig
     
    M r Fogarty öffnete die Augen. Er hatte die dunkle Vorahnung, dass etwas nicht stimmte – Sekunden bevor es geschah. Aber als es dann geschah, bekam er es zunächst kaum mit.
    Durch das Fenster des Ouklous konnte er einen Mann ihrer Eskorte sehen – einen großen, stämmigen Kerl, der die Angewohnheit hatte, dicht an die Kutsche heranzukommen und hineinzustarren, als ob er sich davon überzeugen wollte, dass Prinz Pyrgus und sein kleines Gefolge immer noch da waren. Gerade tat er es wieder, und als ihre Blicke sich trafen, bedachte er Mr Fogarty mit einem breiten, unangenehmen Grinsen.
    Dann war er auf einmal weg. Gerade hatte er noch rittlings auf seiner Schwebegondel gesessen, im nächsten Moment war er verschwunden. Die reiterlose Gondel war noch da, glitt vielleicht einen Meter über dem Boden neben dem Ouklou dahin. Dann brach sie aus, da niemand sie mehr lenkte, und folgte einem Zufallskurs. Man hörte Rufe, gebrüllte Befehle und einen einzelnen Schrei.
    »Wir werden angegriffen«, sagte Mr Fogarty ruhig.
    Pyrgus, der in ein Gespräch mit Blue vertieft war, brach ab und stand auf. Er packte das Fenster des Ouklous, als wollte er es herausreißen.
    »Pyrgus!«, rief Blue warnend.
    »Wär vielleicht eine gute Idee, vom Fenster wegzubleiben«, sagte Fogarty.
    Aber das Fenster war bereits offen und Pyrgus streckte seinen Kopf hinaus. Wieder ertönte ein Schrei und eine weitere Gondel taumelte herrenlos an der Kutsche vorbei. Von ihrem Reiter war nichts zu sehen. »Sie haben Recht«, sagte Pyrgus. Er zog den Kopf ein wie eine Schildkröte. »Irgendwelche Vorschläge?«
    »Ein guter Anfang wäre, das Fenster zuzumachen«, sagte Fogarty trocken. »Ist einer von euch bewaffnet?«
    »Nur mit einem Zeremoniendolch«, murmelte Pyrgus und schob das Fenster wieder hoch.
    »Ich hab einen Zauberbrocken«, sagte Blue leicht verschämt.
    Mr Fogarty sah sie voller Bewunderung an. »Das nenn ich mal Feuerkraft. Erstaunlich, dass du ihn nicht gegen Prinz Comma eingesetzt hast.«
    Blue grinste ihn an.
    Mr Fogarty fragte: »Irgendwelche Ideen, wer hinter dem Angriff stecken könnte?«
    »Hairstreak?«, riet Pyrgus.
    »Schätze ich auch.

Weitere Kostenlose Bücher