Der Purpurkaiser
du zurückkommst oder dich sonstwie einmischst, wird Lord Hairstreak darauf bestehen, dass ich dich töten lasse. Du weißt, dass ich das gar nicht will, aber es müsste dann wohl sein. Wir haben ein Reich zu führen und können Störenfriede nicht gebrauchen. Außerdem werde ich bald Kaiser sein und jede Opposition gegen den Willen des Kaisers ist Hochverrat.« Nun lächelte er nicht mehr, sondern machte ein merkwürdiges, fast mitfühlendes Gesicht. Leise sagte er: »Dein ganzes Geld kannst du behalten, Pyrgus, und wenn du mehr brauchst, sag Bescheid, dann kriegst du welches. Wenn du Abstand hältst und keinen Ärger machst, darfst du zu meiner Krönung kommen. Das wird Lord Hairstreak nicht gefallen, aber dann überstimme ich ihn eben.«
»Für all das wirst du noch bitter bezahlen, Comma!«, fauchte Blue. Pyrgus schwieg.
»Geleitet sie von der Insel!«, rief Comma großspurig. »Dann lasst sie zur Grenze nach Haleklind bringen. Wenn sie das Reich verlassen haben, dürfen sie nie mehr zurückkommen, außer wenn ich sie einlade.« Er reckte den Kopf und warf sich in Positur, dann fügte er hinzu: »Und zwar schriftlich. Und mit dem Kaiserlichen Siegel versehen.«
»Wo ist Lord Hairstreak eigentlich, Comma?«, fragte Mr Fogarty beiläufig. Er schaffte es, die Frage so klingen zu lassen, als bräche er gerade zu einem Verdauungsspaziergang auf.
»Das heißt Prinz Comma, Torhüter«, sagte Comma verärgert. »Und Sie sind gar nicht mehr Torhüter. Ich habe Sie rausgeworfen. Ich werde einen anderen Torhüter ernennen, einen Nachtelfen. Lord Hairstreak sagt, das sei ein Zeichen der Versöhnung.«
»Bitte verzeiht, Prinz Comma«, sagte Mr Fogarty freundlich. »Ich habe mich nur gerade gefragt, wo Lord Hairstreak wohl ist. Immerhin ist er jetzt der Reichsverweser.«
»Sie sollten lieber froh sein, dass Lord Hairstreak nicht hier ist«, sagte Comma, »weil Sie sonst nämlich ins Gefängnis kommen würden anstatt nett und gemütlich ins Exil zu gehen. Aber er kommt bald. Er hat nur noch irgendetwas Geschäftliches zu erledigen oder so. Er wohnt ab jetzt im Palast. Bei Vater.«
»Das hab ich mir gedacht«, sagte Mr Fogarty.
»Also macht mal lieber, dass ihr wegkommt, sonst behält er euch nämlich doch noch hier.« Comma trat zur Seite und die Eskorte reihte sich hinter Pyrgus und seinem kleinen Gefolge ein.
Als Pyrgus durch das Tor trat, gestattete er sich einen Blick zurück. Er war sich nicht sicher, aber er hatte den Eindruck, dass sein Vater an einem der oberen Fenster des Palastes stand.
»Ich bring ihn um!«, zischte Blue, sobald sie wieder allein waren.
»Er ist nur ein kleiner naiver Junge, der gern wichtig wäre«, sagte Mr Fogarty überraschend. »Das nutzt Hairstreak aus.«
»Ich fürchte, Hairstreak bringt ihn um, bevor er das Mannesalter erreicht hat«, äußerte Pyrgus einen Gedanken, der ihm schon früher gekommen war. »Er wird die Macht nicht wieder abgeben, wenn er erst einmal Reichsverweser ist.«
»Er ist längst Reichsverweser«, sagte Blue empört. »Er hat schon alles arrangiert für die offizielle Verkündung.«
Pyrgus zuckte die Schultern. »Du weißt, wie ich es meine.«
Sie saßen zusammen in einem der Palast-Ouklous, einer riesigen goldenen Kutsche mit purpurnen Plüschsitzen. Sie schwebte in einem beeindruckenden Tempo dahin, das die Meilen sichtlich zusammenschnurren ließ. Durch das Fenster konnten sie die Uniformierten der Eskorte auf ihren Ein-Mann-Schwebegondeln reiten sehen – grimmig behelmte und gepanzerte Männer, deren Pflicht es war, sicherzustellen, dass sie das Reich verließen.
»Dieses Haleklind«, sagte Fogarty. »Ist da schon jemand von euch gewesen?«
Pyrgus starrte aus dem Fenster. »Ich. Ich hab da mal eine Zeit lang gelebt.«
»Wie ist es dort so?«
»Hügelig. Felsig. Karg. Ziemlich rückständig eigentlich. In manchen Teilen des Landes wohnen die Leute sogar noch in Höhlen. Aber unser Vater hatte exzellente Beziehungen zum dortigen Herrscherhaus, also sollten wir dort gut unterkommen.«
»Nur bleiben werden wir da nicht«, sagte Blue.
»Nein«, sagte Pyrgus. »Nein, natürlich nicht.« Er schien mit den Gedanken woanders zu sein.
»Wie heißt das Herrscherhaus?«, fragte Fogarty.
»Haus Halek. Andere Adelshäuser gibt es dort gar nicht.«
»Würden sie uns helfen, das Reich zurückzuerobern?«
»Das bezweifle ich«, sagte Pyrgus. »Aber selbst wenn sie bereit wären, könnten sie gegen das Kaiserliche Heer nicht viel ausrichten.«
»Die
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