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Der Purpurkaiser

Titel: Der Purpurkaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbie Brennan
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dich, Henry«, sagte er. »Ich fand dich schon ganz zu Anfang ziemlich nett, obwohl du so sarkastisch warst. Aber jetzt, wo ich dich besser kenne, finde ich dich nur umso netter. Nicht viele Leute würden es so ruhig aufnehmen, wenn sie sich verlaufen hätten. Sie würden brüllen und toben und versuchen, mir die Schuld in die Schuhe zu schieben. Du kennst doch das alte Endolg-Sprichwort: Der Endolg ist immer schuld. Fünf der wahrsten Wörter, die je gesprochen wurden. Jeder gibt dem Endolg die Schuld. Du aber nicht, Henry. Du bleibst ruhig und verlierst nie deinen gesunden Menschenverstand und nimmst die Dinge, wie sie kommen. Ich mag dich wirklich, Henry. Ich glaube, wir zwei könnten richtig gute Freunde werden.«
    »Na ja, ich mag dich auch, Flapwazzle«, sagte Henry, was wirklich stimmte. Sie wanderten jetzt seit über einer Stunde in der Kanalisation herum und sein Weggefährte war die ganze Zeit über gut gelaunt und amüsant gewesen. Henry verstand allmählich, warum sich so viele Elfen einen Endolg hielten. Nicht nur ihr Wahrheitssinn war praktisch – sie waren auch immer gut drauf.
    »Schau nach unten, bevor du das sagst«, sagte Flapwazzle mit verstellter Stimme. Anscheinend machte er gerade irgendeine Berühmtheit des Elfenreichs nach.
    »Wie bitte?«
    »Schau nach unten«, sagte Flapwazzle mit seiner normalen Stimme. »Und dann sag mir, ob du mich immer noch magst.«
    Henry sah nach unten. »Was soll denn da sein?«
    »Etwas, das nicht da ist«, sagte Flapwazzle. »Die Strömung, der wir gefolgt sind.«
    »Sie ist versiegt!«, sagte Henry. »Was machen wir jetzt?«
    »Weitergehen«, sagte Flapwazzle. »Vielleicht finden wir ja bald eine Stelle, die mir wieder bekannt vorkommt.«
    Sie gingen weiter. Der Tunnel erstreckte sich endlos vor ihnen. Nach ein paar hundert Metern fragte Henry: »Was meinst du, warum sie versiegt ist?« Die Strömung hatte ihnen seit Betreten der Haupttunnels den Weg zum Fluss gewiesen.
    »Das ist es ja, was mir nicht schmecken will«, sagte Flapwazzle. »Das Wasser zieht sich eigentlich nur dann zurück, wenn gerade eine Flutung vorbereitet wird.«
    Henry blieb stehen. Auf einmal klopfte ihm das Herz. »Du meinst, jetzt, in diesem Moment wird eine Flutung vorbereitet?«
    »Ich kann ja nicht lügen – ich glaube, das könnte sein.«
    Von irgendwo hinter ihnen hörte Henry ein fernes Grummeln. »Was machen wir denn jetzt?«, fragte er in plötzlicher Panik.
    »Wir sehen zu, dass wir aus den Haupttunnels rauskommen«, sagte Flapwazzle und verdrehte die Augen, um nach hinten zu sehen. Er hatte das Geräusch offensichtlich auch gehört. »In einem Abflussrohr oder so haben wir eine gewisse Chance.«
    Henry sah sich hektisch um. »Ich sehe nirgendwo Abflussrohre.«
    Flapwazzle sagte: »Ich auch nicht.«
    Das Grollen wurde lauter.
    »Und was machen wir jetzt?«
    »Rennen«, schlug Flapwazzle vor.
    Henry rannte. Das Hallen seiner Schritte ging in dem Grollen hinter ihnen unter.
    Er war schon mehrere hundert Meter weit gelaufen, da merkte er, dass er allein war. Er blieb stehen. »Flapwazzle?«, flüsterte er.
    Von Flapwazzle war nichts zu hören.
    »Flapwazzle!«, rief er. Aber mit einem ansteigenden Gefühl der Angst wurde ihm klar, dass er keine Antwort bekommen würde. Blöd, blöder, am blödsten! Er hätte daran denken müssen, dass Endolgs sich nicht auch nur ansatzweise so schnell wie Menschen fortbewegen konnten. Sie hatten keine Füße. Sie krochen, indem sie ihren ganzen flachen kleinen Körper in Wellen bewegten wie eine Schlange. Er hätte Flapwazzle hochheben und tragen müssen. Schuldgefühle wallten in ihm empor, als ihm klar wurde, dass das ganz leicht gewesen wäre: Flapwazzle konnte höchstens ein paar Kilo wiegen. Aber Henry war so in Panik gewesen, dass er nicht einmal auf die Idee gekommen war! Er war davongerast wie ein erschrockener Hase und hatte Flapwazzle dem sicheren… dem sicheren…
    »Flapwazzle!«, brüllte er und lief den Tunnel wieder zurück.
    Da sah er die Wasserwand auf sich zurasen.
     

Einundfünfzig
     
    » H ast du eigentlich eine Ahnung, was du da tust?«, fauchte Blue.
    Sie befanden sich allein in einem kleinen, abhörsicheren Nebenraum des großen Saals. Die Königin hatte ihnen versichert, dass ihr Gespräch unter vier Augen vertraulich bleiben würde.
    »Wir dürfen Lord Hairstreak nicht angreifen«, sagte Pyrgus. »Er… er…« Ihr Bruder schüttelte hilflos den Kopf.
    »Er was?«, drängte Blue. »Komm schon, Pyrgus, reiß dich

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