Der Purpurkaiser
Blitzkugeln, die kalte Holzkohle, die umgestürzte Kohlenpfanne.
Er bahnte sich einen Weg durch das Chaos und öffnete den Wandschrank, der seine Zauberutensilien enthielt.
Das Fläschchen war dort, genau wie Beleth versprochen hatte. Er konnte den glühenden grünen Schleim darin arbeiten sehen. Aus diesem Glas sieht einen die Geschichte an, dachte Brimstone. Eine nahezu einzigartige Substanz, kostbarer als Gold. Für einen Dämonen unbrauchbar, aber höchst effektiv, wenn ein Elf sich ihrer bediente. Und die Nebenwirkungen waren herrlich.
Er konnte kaum die Hände davon lassen, aber er wusste, dass er sich erst vorbereiten musste. Beleth hatte ihn zwar vom Haken gelassen, aber für ein erneutes Versagen würde er mit dem Tod und seiner Seele bezahlen, das stand fest. Er brauchte nur wenige Minuten, um die übrigen Utensilien zu finden, die Beleth für ihn hinterlassen hatte. Er war merkwürdig aufgekratzt wie ein Kind vor einer großen Reise.
Er schob mit dem Daumen den Korken aus dem Fläschchen und schluckte den wabbelnden Schleim.
Einen Moment lang glühte Brimstone grün auf, dann war er verschwunden.
Siebzig
S ie saßen um einen ovalen Tisch in einer Ecke des Wohngemachs herum. Chalkhill hielt ein wachsames Auge auf Cossus Cossus’ Golem, der herumstapfte und die Drinks servierte. Etwas Entsetzlicheres hatte er in seinem ganzen Leben noch nicht gesehen. Das Wesen war über zwei Meter groß, und seine Haut war so grau wie der Lehm, aus dem Cossus es gemacht hatte. Seine Zähne gefielen Chalkhill ganz und gar nicht – Gott allein wusste, woraus Cossus die gemacht hatte: Sie glitzerten wie Obsidianscherben.
Viel schlimmer als die Zähne waren diese Zuckungen. Sie ließen Böses ahnen. Chalkhill ging Schwarzer Magie so weit wie möglich aus dem Weg, aber er hatte einmal gelesen, dass ein Golem mit Zuckungen kurz davor stand, Amok zu laufen. Es kam nicht selten vor, dass Golems Amok liefen und ihre Schöpfer erwürgten – einer der Gründe, warum die Erschaffung eines Golems seit fünfhundert Jahren unter Strafe stand. Waren sie ihre Schöpfer erst einmal los, zogen sie üblicherweise eine blutige Spur der Vernichtung durch das Land. Sie brachten alles um, was sie in die riesigen Finger bekamen. Es hieß, dass sie ihre Opfer am liebsten zerstückelten – mit bloßen Händen und bei lebendigem Leib.
Seinem Golem hatte Cossus eine Rüschenschürze angezogen. Das war ja krank.
Das Geschöpf trug natürlich zuerst Hairstreak auf. Seine Lordschaft trank Nelkenpfeffersaft, was sein Torhüter ihm nachtat. Chalkhill brauchte etwas Gehaltvolleres und hatte Gin bestellt. Der Golem stellte ein randvolles Viertelliterglas vor ihm ab, starrte ihm in die Augen und zuckte.
Das Allerschlimmste aber war, dass der Golem noch nicht einmal das gefährlichste Wesen im Raum war. Chalkhill nahm einen großen Schluck von seinem Gin und sah Lord Hairstreak an. Der widerliche Zwerg lächelte ihm zu, die Zähne verfärbt vom Nelkenpfeffersaft, dann hob er das Glas zu einem Trinkspruch und sagte zu Chalkhills Entsetzen: »Auf die Wangaramische Revolution!«
Nymph, die neben Pyrgus lag, rutschte näher heran, dann beugte sie sich herüber und flüsterte ihm ins Ohr: »Ich finde immer noch, dass wir besser vorher Verstärkung geholt hätten, Kronprinz!«
Pyrgus wandte den Kopf herum. Nymph hatte ein bezauberndes Näschen, dessen Spitze nach oben zeigte. Fast strichen seine Lippen über ihre Wange, als er den Mund an ihr Ohr brachte. Sie hatte eine sehr hübsche Wange, sehr glatt und einladend.
»Wir wollen sie überraschen«, flüsterte er. »Darüber waren wir uns doch von Anfang an einig.«
Sie zog ihren Kopf zurück, wartete, bis er seinen abwandte, dann brachte sie ihre Lippen wieder an sein Ohr. »Das war eine andere Situation. Im Palast hättet Ihr mit Hilfe rechnen können – der Hilfe von Freunden, von Leuten, die Euch kennen. Das hier ist Lord Hairstreaks Haus. Nichts als Feinde hier. Und Ihr kennt Euch hier nicht so gut aus wie im Palast. Wir haben keine Ahnung, auf was wir stoßen werden.«
»Wir tragen alle Hairstreaks Uniform«, sagte Pyrgus. »Gut, Ziggzagg und Comma nicht, aber die können wir ja als unsere Gefangenen ausgeben.« Die Seidenherrinnen waren auf Pyrgus’ Befehl im Palast geblieben. Sie waren keine Kriegerinnen und außerdem gefiel ihm die Vorstellung, dass sie Hairstreaks Leuten dort vielleicht den einen oder anderen Knüppel zwischen die Beine warfen. Alle anderen waren
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