Der Purpurkaiser
noch sein Halbbruder.
Eine von Commas Wachen beugte sich hinunter, um ihm etwas ins Ohr zu flüstern. Irgendetwas im Gesicht des Mannes verriet Pyrgus, dass es das jetzt war: sie waren erkannt worden, und damit war ihm jede Möglichkeit zur Vermeidung eines Kampfes genommen. Der Wachsoldat richtete sich auf und bellte: »Zu den Waffen!« Blue stellte sich vor Henry. Die Waldelfen griffen nach ihren Waffen.
Comma rief entschlossen: »Nein!«
Der Soldat an seiner Seite sah ihn erstaunt an. »Sire?«
Comma sagte: »Rührt euch, Männer!«
»Sire, das ist Prinz – «
»Haltet den Mund!«, sagte Comma ungeduldig. »Den Mund halten, sag ich! Ihr Männer kriegt eure Befehle von mir und ich sage: Rührt euch!« Er sah herüber, immer noch mit diesem halb erstarrten Ausdruck im Gesicht. »Pyrgus, sag deinen Leuten, dass sie uns nicht angreifen sollen.«
Pyrgus sah zu Blue, die die Achseln zuckte und Comma nicht aus den Augen ließ. »Bleibt, wo ihr seid«, sagte er leise.
»Sind das wirklich Lord Hairstreaks Soldaten da bei dir?«, fragte Comma stirnrunzelnd.
»Natürlich«, sagte Pyrgus, die Augen auf seinen Halbbruder gerichtet.
Comma wandte sich an seine Wachen. »Seht ihr?«, sagte er. Dann wandte er sich wieder an Pyrgus. Dem fiel der flehende Blick in Commas Augen auf. »Ich möchte, dass du und deine Leute mitkommen.« Er leckte sich die Lippen. »In die Gemächer unseres Vaters.«
Blue sagte: »Wir gehen nirgendwo – «
Pyrgus unterbrach sie. Da war irgendetwas in Commas Blick, in seiner ganzen Haltung. »Wir kommen mit«, sagte er.
Blue sah ihn scharf an. »Pyrgus – «
»Vertrau mir, Blue«, flüsterte er. Aber er machte das alte abergläubische Zeichen des Lichts hinter seinem Rücken. Er hatte keine Ahnung, ob er sich selbst traute.
Die Kaiserlichen Gemächer waren nur wenige Minuten entfernt. Auf beiden Seiten der Tür waren schwarz uniformierte Wachen postiert. Comma stapfte ohne Zögern zu ihnen. »Öffnet die Tür!«, befahl er schrill. »Ihr wisst, wer ich bin.« Er wandte sich an seine Leibwache. »Ihr bleibt hier und bewacht die Tür. Alle. Hier wird nicht rumgehangen, denkt dran. Sorgt dafür, dass niemand herein- oder herauskommt. Niemand. Ohne meinen Befehl natürlich. Ist das klar?«
Pyrgus kam der Gedanke, dass es vielleicht wesentlich sicherer war, wenn Hairstreaks Männer ganz aus dem Weg waren. »Schick sie besser weg, Comma.«
Comma fuhr zu ihm herum. »Du bist still, Pyrgus. Meine Männer sollen die Tür bewachen!«
Er hatte keine Wahl: Er musste klein beigeben oder kämpfen. Pyrgus sagte: »Wenn du meinst.« Er sah Comma eindringlich an. » Meine Leute kommen mit rein.«
Das eigentliche Wohngemach des Kaisers war von überraschend bescheidenem Zuschnitt, so dass es fast einen überfüllten Eindruck machte, als die ganze Truppe drinnen war. Pyrgus fiel auf, dass Blue plötzlich wie versteinert war. Hier hatten sie den Leichnam ihres Vaters gesehen, keine Stunde nach seiner Ermordung. Pyrgus wollte ihr gerade tröstlich den Arm um die Schulter legen, da zog Comma ihn schon am Ärmel.
»Pyrgus, ich habe mich nicht getraut, sie wegzuschicken. Der Captain hat euch erkannt – dich und Blue. Wenn ich sie weggeschickt hätte, wären sie sofort zu Lord Hairstreak gegangen. Aber einem ausdrücklichen Befehl müssen sie gehorchen.« Er bemerkte Pyrgus’ Miene. »Meine Wachen«, sagte er. »Wenn sie alle vor der Tür stehen, wissen wir wenigstens, wo sie sind.«
»Ach so«, sagte Pyrgus unbestimmt. »Hör mal, Comma – «
Aber Comma, der ihm immer noch am Arm hing, fing zu plappern an. »Und dann hab ich ihnen noch gesagt, dass sie niemanden reinlassen sollen. Dann lassen sie auch meine Mutter nicht durch.«
Es traf Pyrgus wie ein Schlag. »Deine Mutter?«
»Deine Mutter?«, wiederholte Blue.
»Sie ist rausgelassen worden«, sagte Comma. »Gleich nachdem ihr weg wart. Sie – ihr wisst schon, sie läuft frei herum.« Er stockte. »Im Palast… irgendwo.«
»Wer hat sie rausgelassen?«, wollte Blue wissen.
Comma sah sie an, dann sah er zu Pyrgus, dann auf seine Füße. »Ich.«
»Hast du sie nicht mehr alle?«, explodierte Blue.
»Ich… ich wusste doch nicht, dass sie – «
»Und ob du das wusstest!«, schnappte Blue. » Alle wussten es!«
Henry, der sich immer unwohl fühlte, wenn er in eine familiäre Auseinandersetzung hineingezogen wurde, fragte: »Redet ihr von Quercusia?« Er hoffte, damit ein wenig die Spannung aus der Luft zu nehmen.
Blue fuhr verblüfft zu ihm
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