Der Puzzlemoerder von Zons
gleißenden Sonnenlicht.
„Er träumt, aber er lebt. Er wird es überstehen!“, sagte Josef Hesemann tröstend zu der jungen Frau, die schluchzend an Bastians Bett saß und seine Hand hielt.
„Seid Ihr Euch da ganz sicher, Josef?“, fragte sie unsicher und mit Tränen in den Augen.
„Ganz sicher Marie. Ich verspreche Euch, dass er bis zur Hochzeit wieder hergestellt ist. Er hat verdammtes Glück gehabt, dass er sich bei seinem Sturz nicht das Genick gebrochen hat.“
XIII.
Gegenwart
Emily lief die Zeit davon. Genauer genommen war die Zeit abgelaufen. Sie musste ihre Reportage in einer Stunde abgeben.
„Verdammt“, dachte sie verzweifelt.
Eigentlich wollte sie ihren Artikel mit der Lösung des Puzzles beginnen, aber es war ihr immer noch nicht geglückt, das Rätsel anhand der Unterlagen aus dem Kreisarchiv zu entschlüsseln. Mit dicken, schwarzen Buchstaben wollte Emily den ersten Teil ihrer Reportage überschreiben und erklären, wie das Sternbild Corvus mit den Stadtmauern von Zons zusammenhing und nach welchem Muster der Mörder damals seine Opfer ausgesucht hatte. Emily beabsichtigte, ihre Reportage anders aufzuziehen als üblich und einfach das Ende zum Anfang machen. Aber bisher war es ihr nicht gelungen.
Sie würde die Lösung für das Puzzle, welches dem Mörder vor über fünfhundert Jahren seinen Namen gab, wohl doch ans Ende ihrer Geschichte stellen müssen. Immerhin waren bereits die ersten zwei Teile ihrer Reportage fertig. Jeder Teil beschrieb den Mord an einer Frau. Der erste Teil, der in den nächsten Tagen veröffentlicht werden würde, stellte den Mord an Elisabeth Kreuzer dar. Diesen Teil musste sie in einer Stunde dem Lektorat der Rheinischen Post zur Verfügung stellen. Sie ließ ihre Gedanken an die Auflösung des Puzzles fallen und konzentrierte sich noch einmal auf den Ausdruck und auf die Rechtschreibung ihres Artikels. Sie war sehr zufrieden mit sich und hoffte, dass dieser Artikel einschlagen würde, wie eine Bombe. Ihr Redakteur hatte die Rohfassung bereits gelesen und sich ebenfalls sehr positiv über ihren Schreibstil geäußert. Er hatte ihr sogar zugesichert, ihren Artikel an prominenter Stelle zu veröffentlichen und ihr eine ganze Seite zur Verfügung zu stellen.
Schon jetzt stellte sich Emily vor, wie stolz sie sein würde, wenn sämtliche Kommilitonen ihren Artikel lesen würden. Es war schließlich keine so einfache Sache, mit dem ersten Artikel direkt auf einer der Hauptseiten zu erscheinen. Die meisten fingen klein an. Schlimmstenfalls starteten sie mit lokalen Sportergebnissen, doch dieses Schicksal teilte sie glücklicherweise nicht.
Eine Stunde später drückte sie in ihrem Email-Account auf „Senden“ und stieß dabei einen zufriedenen Seufzer aus. Sie holte sich ein Glas Rotwein aus der Küche und nahm glücklich einen kräftigen Schluck. Den Rest des Abends würde sie damit verbringen, endlich dieses Puzzle zusammen zu bekommen.
...
Nach einer ganzen Flasche Rotwein war Emily zu ihrem großen Bedauern immer noch auf der Suche nach der Lösung für das Rätsel. Das entscheidende Puzzleteilchen hatte sie immer noch nicht gefunden. Der Stadtplan von Zons lag ausgebreitet vor ihr. Ordentlich, wie sie war, hatte sie alle Fundstellen der Leichen eingezeichnet. Ebenso wie den ersten Buchstaben vom Nachnamen der zwei Opfer. Doch sie wusste immer noch nicht genau, warum es ausgerechnet diese beiden Frauen zuerst getroffen hatte.
Die gekritzelten Notizen von Bastian Mühlenberg waren ziemlich schwer zu lesen. In Teilen konnte sie nur raten, was er da aufgeschrieben hatte. Zwar konnte sie altdeutsche Schrift ganz gut lesen, aber Bastian Mühlenberg hatte zu seiner Zeit sicher keinen Preis in Schönschrift gewonnen. Genervt schob sie die Karte beiseite und schaltete den Fernseher ein. Sie zappte durch die einzelnen Programme und blieb bei N24 hängen, die gerade einen Dokumentationsfilm über die 48 Sternbilder der antiken Astronomie sendete, die bereits von Ptolemäus beschrieben wurden.
Mit einem Mal fiel ihr die Lösung ein. Wahnsinn, da hätte sie viel eher drauf kommen können. Sie wühlte noch einmal in den Aufzeichnungen von Bastian Mühlenberg und mit einem Mal konnte sie auch seine krakelige Handschrift entziffern. Sie schaltete ihren Computer an und lud sich eine Karte der Sternbilder herunter. Anschließend druckte sie das Sternbild des Raben und der Jungfrau aus. Sie legte die Sternenkarte auf den Stadtplan und drehte diese im Uhrzeigersinn. Aber
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