Der Rabbi schoss am Donnerstag
Sünden selbst zu übernehmen. Es ist dasselbe, wie wenn jemand einundzwanzig wird oder achtzehn, oder wie alt immer man sein muss, um rechtskräftige Verträge schließen zu können. Es ist weder eine besondere Zeremonie nötig noch eine Party oder Ansprachen. Wenn man einundzwanzig ist, darf man wählen und Verträge schließen. Und mehr bedeutet die Bar Mitzwa auch nicht: dass man volljährig geworden ist.»
«Aber man wird vor die Bundeslade gerufen, um aus der Schrift zu lesen!»
«Aber nur, weil man als Erwachsener jetzt ein Mitglied der Gemeinde ist. Es ist eine Aufmerksamkeit, die wir jedem neuen Mitglied erweisen oder auch einem Fremden, der zufällig anwesend ist. Wenn wir bei der Morgenandacht aus der Schrift lesen, und es ist jemand anwesend, den ich zuvor noch nie gesehen habe, biete ich ihm das jedes Mal an. Das würden Sie wissen, wenn Sie gelegentlich am minjen teilnehmen würden.»
«Aber dieser Alte an der Westküste …»
«Ich bin nicht verantwortlich für Dinge, die an der Westküste geschehen.»
«Woanders aber ebenfalls. Im Hadassah Journal gab es ein Foto von einer ganzen Gruppe, alles ältere Mitbürger, die nach Israel gefahren und an der Klagemauer eine Massen-Bar Mitzwa gefeiert haben.» Maltzmans Stirn war mit Schweißtropfen bedeckt.
Der Rabbi schüttelte den Kopf. «Die Entscheidung eines anderen Rabbi ist nicht meine Sache. Ich lege das Gesetz aus, wie ich es verstehe. Ich halte nichts davon, die Bedeutung oder Auslegung einer alten, bewährten Tradition zu verändern. Die ganzen Zeremonien der Konfirmation und Neuweihe sind uns fremd. Wir bestätigen unseren Glauben jedes Mal, wenn wir eines der Gebote ausführen, jedes Mal, wenn wir unsere Gebete oder einen Segen sprechen oder eine neue Erkenntnis hinsichtlich unserer Religion gewinnen. Die alten Rabbis warnten davor, unnötige Gelübde abzulegen. Es wäre möglich, dass wir dabei den Namen des Herrn unnütz im Munde führen. An Jom Kippur, im Kol-Nidre-Gebet, bitten wir ja sogar darum, von Gelübden befreit zu werden, statt umgekehrt. Gewiss, wenn Sie diesem Ben Segal in der Sakristei eine Party geben wollen, kann ich Sie nicht daran hindern, obwohl ich bezweifle, dass es sehr geschmackvoll ist, den Beitritt eines neuen Mitglieds nur deswegen zu feiern, weil es sich um einen reichen Mann handelt. Aber was im Angesicht der Bundeslade und der Gesetzesrollen geschieht, fällt unter meine Zuständigkeit, und da kann ich meine Zustimmung nicht geben.»
Maltzmans Augen drohten aus ihren Höhlen zu treten, und sein Gesicht war puterrot. Er sprang so unvermittelt auf, dass er den Stuhl umwarf. Wütend funkelte er den Rabbi an, dann bückte er sich und stellte den Stuhl wieder auf. Als er sich aufrichtete, schien er die Selbstbeherrschung zurückgewonnen zu haben. Ja, er brachte sogar ein Lächeln zustande. «Das werden wir sehen, Rabbi.» Damit machte er kehrt und ging hinaus.
13
Als Henry Maltzman zu Hause eintraf, waren die Gäste schon alle da. An der unwirschen Art, wie er seinen Mantel abwarf, erkannte Laura, seine Frau, dass irgendetwas nicht stimmte.
«Warst du beim Rabbi?», fragte sie ihn.
«Ja, war ich.» Er ging ins Wohnzimmer. «Hallo, Leute! Tut mir Leid, dass ich so spät komme. Ich war noch bei unserem geistlichen Führer.»
Sein Sarkasmus verriet seiner Frau, dass er verärgert war, und das machte ihr Sorgen. «Ich glaube, wir können jetzt essen», verkündete sie munter und führte ihre Gäste ins Esszimmer.
Sie füllte die Teller aus einer Terrine auf einem Beistelltischchen mit Suppe und rief: «Bitte nicht zu warten! Die Suppe muss heiß gegessen werden.»
«Da fehlt Salz», knurrte ihr Mann.
«Köstlich, einfach köstlich!», sagte Mrs. Streitfus bewundernd. «Die hat einen ganz besonderen Geschmack. Linsen?»
«Dicke Bohnen», berichtigte Laura. «Die großen. Ich lasse sie zerkochen, davon kommt dieser besondere Geschmack.»
«Sie müssen mir unbedingt das Rezept geben!»
«Also, das nenne ich eine Suppe!», lobte Allen Glick. «Warum kannst du nicht solche Suppen kochen?», fragte er seine Frau.
Als Laura den Tisch für den nächsten Gang abräumte, lehnte sich ihr Mann, der bis jetzt geschwiegen hatte, zurück und sagte: «Habt ihr schon gehört, dass die Rohrbough Corporation von der Segal-Gruppe übernommen wird?»
«Aber ja! Das stand letzte Woche in der Zeitung», antwortete Roger Streitfus. «Jedenfalls, dass es im Gespräch sei.»
«Nun, jetzt steht es fest», erklärte Maltzman. «Und
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