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Der Rabbi schoss am Donnerstag

Der Rabbi schoss am Donnerstag

Titel: Der Rabbi schoss am Donnerstag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
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Und er hat mich auch öfter hierher eingeladen, nicht wahr? Ich weiß noch, einmal, als ich ungefähr zwei Wochen hier war, da wurde ich krank. So ein Vierundzwanzigstundenfieber. Aber Mr. Jordon kam die ganze Nacht über immer wieder in mein Zimmer, um nachzusehen, wie es mir ging.»
    «Na schön», sagte Lanigan, «kommen wir zurück zu Ihrem Ausflug. In dem Bus nach New York kannten Sie vermutlich auch niemanden, wie?»
    Billy schüttelte den Kopf.
    «Was für ein Bus war das übrigens?»
    «Ein Greyhound. Der um neun. Die fahren jede Stunde. Das heißt, eigentlich ging er um fünf Minuten vor neun.»
    «Was haben Sie in New York gemacht?», fragte Jennings.
    «Na ja, es war schon ziemlich spät, als ich hinkam, oder vielmehr, ziemlich früh am Morgen. Also aß ich ein bisschen was im Busbahnhof, und dann wollte ich eigentlich nach Hause fahren. Aber dann dachte ich, der Portier würde mir alle möglichen Fragen stellen. Wir haben so ’ne Art Freundschaft geschlossen, der Portier und ich. Also dachte ich, ich könnte mich noch ’n bisschen umsehen oder in eines von den Kinos am Times Square gehen, die die ganze Nacht offen haben. Denn wissen Sie, wenn ich am Morgen oder tagsüber nach Hause ging, dann sähe das nicht so, na ja, komisch aus, und der Tagesportier, den kenne ich nicht so gut, also würde der mir auch keine Fragen stellen. Aber dann dachte ich mir, in diesen Kinos am Times Square würden bestimmt viele Betrunkene sein. Also wusste ich nicht, was ich tun sollte, und als ich da saß, im Busbahnhof, und überlegte, bin ich eingeschlafen.»
    «Ich könnte mir vorstellen, dass Sie im Bus geschlafen haben», sagte Jennings. «Das tue ich immer.»
    «Ich hab’s versucht, aber es ging nicht», erwiderte der junge Mann. «Ich hatte mich ’n bisschen aufgeregt. Mag sein, dass ich mal eingedöst bin, aber später, im Busbahnhof, da habe ich richtig fest geschlafen. Als ich aufwachte, war es Morgen, und ich war ganz steif und fühlte mich ungewaschen. Also machte ich mich auf der Herrentoilette frisch, kaufte mir in einem der Läden im Busbahnhof einen Kamm –» er fingerte in seiner Jackentasche und zog einen Kamm heraus –, «sehen Sie, da ist er. ‹Souvenir aus New York› steht drauf. Dann hab ich gefrühstückt. Und dann bin ich mit dem Bus in die Stadt gefahren und bin rumgelaufen.»
    «Warum sind Sie nicht nach Hause gegangen?», fragte Lanigan.
    «Na ja, ich hab mir Sorgen wegen Mr. Jordon gemacht. Ich dachte mir, dass er sich furchtbar aufregt, weil er vielleicht zufällig entdeckt hat, dass ich gar nicht zurückgekommen bin. Wo er doch so ein schwaches Herz hatte. Also bin ich wieder zum Busbahnhof und hab den Bus nach Boston genommen. Dann hab ich einen Bus nach Barnard’s Crossing genommen und bin an der Elm Street ausgestiegen, wo ich zuerst auch eingestiegen war. Da war es schon ziemlich dunkel, also kam ich die hintere Einfahrt rauf und wollte wieder durchs Fenster steigen. Aber als ich zum Haus kam, sah ich sofort, dass irgendwas los war. Meine Zimmertür stand offen, und ich konnte ins Wohnzimmer sehen. Und dann sah ich einen Cop – äh – Polizisten, und da wusste ich, dass was nicht stimmte. Ich dachte, Mr. Jordon hätte vielleicht die Polizei geholt, als er merkte, dass ich nicht da war. Und mein Fenster war fest zu und sogar verriegelt. Als ich dann versuchte, den Riegel zu heben, kam ein Polizist und packte mich. Und dann hörte ich, was passiert war. Und ich denke die ganze Zeit, wenn ich nicht ausgerissen wäre, dann wäre es vielleicht nicht passiert.»
    Sie fragten ihn noch weiter aus, aber um elf machte Lanigan erst einmal Schluss. Die drei Beamten zogen sich in eine entfernte Zimmerecke zurück und diskutierten Billys Geschichte mit leiser Stimme. «Scheint mir ziemlich logisch zu sein», meinte Lanigan, «aber es ist natürlich möglich, dass er lügt.»
    «Zeit genug, sich eine Story auszudenken, hat er ja gehabt», lautete McLures Kommentar.
    «Wir könnten den Fahrer des Bostoner Busses fragen», schlug Jennings vor.
    «Ja, natürlich», stimmte Lanigan zu. «Wir besorgen uns ein Foto von ihm, und wenn der Busfahrer sich an ihn erinnert, kennt er vielleicht ein paar von den Leuten, die den Bus regelmäßig benutzen, und vielleicht erinnern die sich an ihn. Außerdem der Fahrer des New Yorker Busses und der Fahrkartenverkäufer.»
    «Ich halte es für wichtiger, die Fahrer der späteren Busse zu fragen», erklärte McLure. «Ich möchte wetten, er hat den Zehn-Uhr-Bus nach

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