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Der Rabbi schoss am Donnerstag

Der Rabbi schoss am Donnerstag

Titel: Der Rabbi schoss am Donnerstag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
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war es ihm bestimmt, dass er seine Pflichten nicht hinter sich lassen konnte.

41
    Außerhalb von Boston hatte McLure, als State Detective, immer mehr oder weniger das Kommando gehabt. In den kleineren Städten und Dörfern gab es nur selten mal einen Mordfall, die Polizei besaß wenig Erfahrung und war dankbar für seinen fachmännischen Rat. Als ihm der Fall Jordon zugewiesen wurde, hatte er keinerlei Schwierigkeiten erwartet, vielmehr angenommen, die Polizei von Barnard’s Crossing würde mit ihm kooperieren – das war der Ausdruck, den er benutzte –, statt, wie sich herausstellte, er mit ihr. Er ärgerte sich darüber, dass Chief Lanigan ihm Aufträge erteilte und seine Ergebnisse bewertete, genau wie er es mit seinen eigenen Untergebenen tat. Und auch als McLure dem District Attorney gegenüber andeutete, er sei es nicht gewöhnt, so zu arbeiten, wurde ihm keine Genugtuung zuteil.
    «Ich weiß, Sergeant. Ich kann mir Ihre Gefühle vorstellen», entgegnete der District Attorney beruhigend. «Aber Barnard’s Crossing ist eine merkwürdige Stadt. Sie wurde in der Kolonialzeit von ein paar Leuten gegründet, die Salem verlassen hatten, weil sie sich von den örtlichen Behörden nicht vorschreiben lassen wollten, was sie zu tun und zu lassen hatten. Jahrelang hatten sie praktisch überhaupt keine Regierung. Und weil sie noch immer nicht mit der großen Herde trotten, haben sie etwas dagegen, dass Fremde kommen und sich einmischen. Sie, Sergeant, sind dort ein Fremder. Bei diesem Verbrechen handelt es sich um einen lokalen Fall, und Hugh Lanigan, der ein Einheimischer ist, obwohl seine Familie katholische Iren waren, kennt die Szene besser als jeder Fremde. Er weiß, wie man mit diesen Leuten umgehen muss.»
    Ganz typisch war sein Auftrag, Henry Maltzman zu vernehmen. «Sollte ich ihn nicht lieber herbringen, damit wir ihm richtig Daumenschrauben anlegen können?», sagte er zu Lanigan. «Schließlich ist er derjenige, der gesagt hat, er würde Jordon eine Kugel durch den Kopf jagen.»
    «O nein, Sergeant, so kann man Henry nicht behandeln», entgegnete Lanigan. «Er ist ein komischer Mensch. Man muss ihn mit Glacéhandschuhen anfassen. Außerdem ist uns bekannt, dass er in der Synagoge war, als der Mord geschah. Das hat uns die Frau des Rabbis gesagt, und ihr Wort genügt mir. Ich glaube kaum, dass wir aus Henry viel herauskriegen, doch da er diese Drohung ausgestoßen hat, müssen wir ihn routinemäßig überprüfen.»
    Da es sich um Routine handelte, empfand McLure diesen Auftrag als nicht besonders dringlich, und so suchte er Maltzman erst am Donnerstag nach dem Mord in dessen Geschäftsräumen auf. Er stellte sich vor, und Maltzman führte ihn in sein Büro.
    Sobald er saß, zog McLure Bleistift und Notizbuch heraus und fragte brüsk: «Also, um wie viel Uhr haben Sie Jordon an jenem Freitag aufgesucht?»
    Maltzman grinste. «Wie kommen Sie darauf, dass ich bei ihm gewesen bin?»
    «Sie haben ihn doch angerufen, nicht wahr?»
    Maltzman zuckte die Achseln. «Ich telefoniere viel. Das gehört dazu, wenn man Immobilienmakler ist. Manchmal hänge ich zwei Stunden lang an der Strippe und habe das Gefühl, der Hörer ist mir am Ohr angewachsen.»
    «Wir wissen aber, dass Sie ihn angerufen haben», sagte McLure.
    «Kann sein, dass ich ihn angerufen habe.» Maltzman zuckte gelassen die Achseln.
    «Und Sie haben gesagt, Sie würden ihm eine Kugel durch den Kopf jagen.»
    Maltzmans Grinsen wurde breiter. «Wer sagt das?»
    «Wir haben unsere Informationen», behauptete McLure eisern.
    Maltzman blickte nachdenklich zur Decke. «Wissen Sie, ich kann mir nicht vorstellen, woher», erklärte er. «Es ist einfach unmöglich. Sie behaupten, ich hätte ihn angerufen und gedroht, ihm eine Kugel durch den Kopf zu jagen. Also, wenn sein Apparat keinen Nebenanschluss hat und zufällig jemand mitgehört hat, können Sie diese Information gar nicht haben.»
    «Wir haben sie von Jordon persönlich», fuhr McLure ärgerlich auf. «Er hat den Gästen, die er erwartete, erzählt, dass Sie ihn kurz zuvor angerufen hätten …»
    «Er lügt. Oder vielmehr, er hat gelogen. Sie wollen behaupten, dass Jordon jemandem erzählt hat, ich hätte angerufen. Und der hat es dann Ihnen gesagt. Das ist Hörensagen, und zwar von jemandem, der nicht anwesend ist, um Ihre Behauptung zu bestätigen. Und woher sollte der wissen, dass ich es war, der angerufen hat? Also ich bitte Sie, Sergeant!»
    «Na schön, Mr. Maltzman, versuchen wir’s anders

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