Der Rabbi schoss am Donnerstag
aus, und der kann nicht mitkommen, weil er heute zu einer wichtigen Vorstandssitzung in der Synagoge muss.›»
«O ja, natürlich!», spöttelte er. «Und neulich am Freitag, als ich den Gottesdienst der Bruderschaft in der Synagoge leitete, hätte ich wohl auch sagen sollen, ich könnte nicht kommen, weil Molly zu Hause bleiben musste, wie?»
«Das war was anderes. Das war kein gesellschaftliches Ereignis, das war Religion.»
«Der Gottesdienst am Freitagabend ist immer eher ein gesellschaftliches Ereignis als ein religiöses. Der springende Punkt ist, sie ist hier geblieben …»
«Vielleicht hatte sie ihre Gründe, hier zu bleiben, während du weggingst.»
«Was soll das heißen?»
Die ganze Woche hatte sie es ihm schon erzählen wollen, aber es hatte sich nie eine Gelegenheit ergeben. Immer wieder hatte sie ihre Story rekapituliert und sich vorgenommen, wenn es so weit war, ruhig und gelassen zu bleiben, als sage sie es ihm nur aus Sorge und Pflichtgefühl; doch nun, da die Gelegenheit plötzlich gekommen war, begannen ihre Augen zu glitzern, und sie spie ihm ihre Worte hasserfüllt ins Gesicht. «Das soll heißen, dass SIE nicht sehr lange zu Hause geblieben ist, nachdem du fort warst. SIE dachte, ich schlafe. SIE dachte, ich höre sie nicht, aber ich habe SIE doch gehört. Ich habe gehört, wie der Wagen startete, da bin ich aus dem Bett gestiegen und hab aus dem Fenster geschaut, und da hab ich gesehen, wie SIE wegfuhr.»
«Das hast du geträumt.»
«O nein, bestimmt nicht!» Und jetzt war sie tatsächlich ruhig. Sie brachte sogar ein kleines Lächeln zustande. «Ich schlief gar nicht. Vielleicht bin ich eingedöst, wie manchmal, wenn ich hier in meinem Sessel sitze. Aber geschlafen habe ich nicht. Ich hörte SIE telefonieren. Dann hörte ich Schritte auf der Treppe und merkte, dass SIE auf Zehenspitzen zu mir heraufkam. Also tat ich, als schliefe ich. Und tatsächlich, SIE machte leise die Tür einen Spalt auf und schaute herein. Dann schlich SIE wieder auf Zehenspitzen nach unten. Da war ich aber hellwach, kann ich dir sagen! Und kurz darauf klappte die Hintertür. Dann hörte ich den Wagen starten, ich stieg aus dem Bett, spähte durch die Vorhänge hinaus und sah SIE wegfahren. Das war ungefähr zu dem Zeitpunkt, wo in der Synagoge der Gottesdienst angefangen haben muss, und nach Hause kam SIE erst nach neun. SIE kam dann noch einmal herauf, um nach mir zu sehen, und ich tat wieder, als schliefe ich fest.»
Unvermittelt schoss es Herb durch den Kopf, dass Maltzman an jenem Abend erst ziemlich spät in die Synagoge gekommen war, kurz nach neun. «Ich glaube trotzdem, dass du das geträumt hast», sagte er.
«Wirklich? Dann frag SIE doch! Warte nur ab, was SIE dann sagt!»
Sie hatten das Sonntagsdinner beendet, und Laura Maltzman hatte sich auf den Weg gemacht, um ihre Mutter im Genesungsheim zu besuchen, während ihr Mann sich anschickte, zur Vorstandssitzung in die Synagoge zu fahren. Er hatte gerade sein Jackett angezogen, als es klingelte. Es war Lieutenant Jennings.
«Ich komme wegen der Jordon-Sache, Mr. Maltzman. Ich möchte Sie bitten, mit aufs Revier zu kommen und ein paar Fragen zu beantworten, die Chief Lanigan Ihnen stellen möchte. Und eventuell eine offizielle Aussage zu machen.»
«Und wenn ich mich nun für diese Jordon-Sache nicht interessiere?»
«Das können Sie dem Chief auf dem Revier erzählen.»
Mit belustigt funkelnden Augen fragte Maltzman: «Haben Sie einen Haftbefehl, Lieutenant?»
«Habe ich.»
Verdutzt stammelte Maltzman: «Sie … Sie haben einen?»
«Bitte sehr.»
Als Jennings in seine Brusttasche langte, wehrte Maltzman hastig ab: «Schon gut, ich glaube Ihnen. Sie wollen also, dass ich mit aufs Revier komme, eine Aussage mache und einige Fragen beantworte. Na schön. Aber ich habe in wenigen Minuten drüben in der Synagoge eine wichtige Sitzung. Sobald sie beendet ist, komme ich hin.»
Mit nervös hüpfendem Adamsapfel schüttelte Jennings den Kopf. «Nein, Sir. Ich habe Anweisung, Sie sofort mitzubringen.»
«Hören Sie, Sie können doch nicht einfach hier eindringen und mich von meinen Pflichten abhalten …»
«O doch, das kann ich. Solange ich einen Haftbefehl habe.»
«Ich möchte mit Chief Lanigan sprechen. Welche Nummer?»
«Das nützt Ihnen auch nichts. Er ist noch nicht da. Seine Anweisungen für mich lauteten, Sie aufs Revier zu bringen, bevor er zurück ist. Also machen Sie keine Schwierigkeiten, Mr. Maltzman.»
Maltzman biss sich auf
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