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Der Raben Speise

Der Raben Speise

Titel: Der Raben Speise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F.G. Klimmek
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Unschuldsbeteuerungen ergeht, hört mir zuerst zu und sagt mir hernach, was so falsch ist an meinen Schlussfolgerungen.« Dabei ging ich im Raum langsam auf und ab, beständig von den Blicken aller Anwesenden verfolgt.
    »Alles begann in Köln, als der arme Conrad das vermeintliche Glück hatte, eine Gelegenheit zur Mitreise zu finden. Es wurde eine Reise in den Tod. Seine unglückliche Veranlagung auf dem Gebiet der Fleischeslust wurde ihm zum Verhängnis, weil sie ihn leichtsinnig und vertrauensselig machte den Menschen gegenüber, die von gleicher Art waren. Ich kann insofern nur Vermutungen anstellen, aber da ich weiß, dass in dem Land, aus dem eure Gehilfen stammen, dieses Laster nicht als solches angesehen wird, dass es einer oder sogar beide Brüder waren, denen Conrad sich zugeneigt hat, denn diese Leute erkennen einander schnell. Darüber wird er seine Vorsicht vergessen und von dem Gold geplaudert haben, das er bei sich trug. Es war euer Pech, dass auch noch Herr della Croce und seine, äh, seine helfende Hand zugegen waren sowie die Herren Landsknechte. Sonst hättet ihr euch Conrads schon während der Reise entledigt. So aber musstet ihr auf eine bessere Gelegenheit warten. Als ihr dann an der Mühle vorbeikamt und euch so unverhofft der Zugriff auf ein Horn zufiel, muss euch das als Wink des Schicksals erschienen sein. Mir ist bekannt, dass es im Morgenland eine beliebte Weise gibt, einen Menschen damit so umzubringen, dass es wie ein natürlicher Tod aussieht. Man legt das Opfer auf den Bauch und hält es an Händen und Füßen fest, sodass kein Anzeichen einer Fesselung bleibt. Dann steckt man ihm das Horn, von dem zuvor die Spitze abgeschnitten wird, in den After und stößt durch diesen Trichter ein glühendes Eisen in den Leib. Kein schöner Tod, ihr Bestien, und ich denke, der Bischof wird es euch vergelten. Es ist mir gleich, wer sich in der Nacht zu Conrad ins Bett geschlichen hat. Als der dann nackt auf dem Bauche lag, kamen auf ein Zeichen des Verräters die anderen vier ins Zimmer und töteten ihn auf die morgenländische Art.«
    Dass sich daraufhin ein wüstes Lamentieren und Krakeelen erhob, lässt sich leicht vorstellen. Der Kaufmann und seine Frau gefielen sich darin, mir mit einem verstehend-verzeihenden Lächeln zu bedeuten, dass sich mein Geist verwirrt hätte und ich dringend der Hilfe der Ärzte bedürfe. Die Orientalen grimassierten wie wild, und der Sohn, dessen sonst so bleiches Gesicht puterrot angelaufen war, bedachte mich mit Schimpfworten, von denen »Hundsfott« noch das schmeichelhafteste war.
    Ich gab ihnen genügend Zeit, ihre Wut hinauszulassen, bis ihr Ideenreichtum erschöpft war und sie nach Atem und weiteren Schätzen ihres Vokabulars forschten. In diesem Moment der Stille gab ich unserem Gastgeber erneut einen Wink und sagte leise: »Nun denn, wollen wird also diejenigen befragen, die zwar nicht Zeugen des Mordes geworden sind, aber doch über eine einzigartige Sachkunde verfügen, wenn es darum geht, Beweise zu liefern.«
    Noch ehe ein Sturm von Fragen losbrechen konnte, öffnete der Herr von Crange die Tür und ließ seine Hunde herein, die sofort zu der Kaufmannsfrau hinüberliefen und an ihr herumschnupperten.
    »Ihr wart es, die ihm das Eisen in den Körper gebohrt hat. Derjenige, dem diese Aufgabe zukam, musste nämlich auch dafür sorgen, dass kein Blut auf das Bett lief. Und Euer schönes Kleid ist wie geschaffen dafür, es dem Opfer unterzuschieben. Verschwinden lassen konntet Ihr es nicht in der verschlossenen Burg, und reinigen nur sehr notdürftig mit dem wenigen Wasser aus dem Waschgeschirr. Das blutige Wasser konntet Ihr aus dem Fenster gießen, das Kleid musstet Ihr behalten. Um nicht immer in derselben Aufmachung zu erscheinen, habt Ihr eine Krankheit vorgeschützt und Euch von den anderen ferngehalten. Aber das konnte nur eine begrenzte Zeit gut gehen, und jetzt musstet Ihr Euch wieder zeigen. Also war die sicherste Methode, das Kleid zu verbergen, es wieder anzuziehen. Doch Euer größter Fehler war es, alles besonders natürlich aussehen lassen zu wollen. Ihr hättet den toten Conrad nicht umdrehen und auch sein Gesicht nicht abwischen dürfen. Als ihr seinen Kopf in das Kissen gedrückt habt, um seine Schreie zu ersticken, hat er sich in seiner Qual die Zunge und zudem den Leinenbezug zerbissen. Etwas Blut ist dabei auf das Kissen geflossen und etwas Stoff ist in seinem Mund zurückgeblieben. Unmöglich bei einem Mann, dessen Körper unverkrampft

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