Der Rache dunkle Saat - Booth, S: Rache dunkle Saat - One Last Breath
meisten seiner Blätter waren dunkelgrün und hatten die charakteristische Spitze von Lindenblättern. Doch etliche Zweige waren spärlicher und heller belaubt. Er streckte sich ein wenig und war dadurch in der Lage, einen Ast zu packen und ihn zu schütteln. Ein Schauer von kleinen Wassertropfen ergoss sich von den Blättern, gefolgt von einer kleinen Wolke brauner Teilchen, die in Frys Haar und auf ihren Schultern landeten und an den Ärmeln von Coopers Hemd hängen blieben.
»Was soll das denn?«, fauchte Fry.
Cooper nahm eines der Teilchen von seinem Hemd und sah es sich an. Es handelte sich um eine winzige runde Blüte auf einem kurzen, vertrockneten Stängel.
»Diese Linde trägt Samen«, stellte er fest. »Da oben sind Tausende von diesen Dingern. Wenn der Mörder auch nur für ein paar Minuten hier gestanden hat, müssen sie an seinen Klamotten genauso hängen geblieben sein wie an unseren.«
»Und in seinen Haaren«, sagte Fry und fuhr sich mit der Hand über den Kopf. »Okay, wenn wir Quinn finden, wird er sie also noch mit sich herumtragen. Ich gehe nicht davon aus, dass er sich oft umzieht.«
»Wir sollten der Spurensicherung vorschlagen, dass sie an den Sachen aus dem Haus, die sie eingetütet haben, nach Samen suchen sollen.«
»Das würde nicht wirklich was beweisen. Rebecca Lowe hat vielleicht selbst Samen ins Haus getragen. Der Hund könnte sie auch reingeschleppt haben oder sonst irgendjemand.«
»Ja, da hast du Recht.«
Fry starrte ihn an. Sie war es nicht gewöhnt, gesagt zu bekommen, dass sie Recht hatte. Doch Cooper hatte ein Bild vor Augen. Er stellte sich vor, wie der Mörder dort unter der Linde stand und das Haus beobachtete. Er hatte sich dem Haus nicht sofort genähert, sondern einige Zeit gewartet. Aber worauf hatte er gewartet?
»Es war bereits dunkel, nicht wahr?«, fragte Cooper. »Seit etwa einer Stunde.«
»Ja, natürlich war es dunkel.«
Sie sah ihn verwundert an, als er die Hand nach oben ausstreckte und den untersten Ast des Baumes erneut schüttelte. Diesmal zog er etwas fester an, und der Ast senkte sich. Mehr Wasser tropfte auf sie herab. Fry bekam einen Spritzer ins Gesicht und wischte ihn mit den Fingern fort, während sie Cooper anstarrte.
»Ich frag mich«, sagte er, »ob es bereits zu regnen begonnen hatte.«
»Ich hab keine Ahnung, Ben.«
Cooper blickte auf den Boden. Er sah die reife Rispe eines Grashalms, die von einer Maus oder etwas Ähnlichem angekaut worden war. Daneben befanden sich mehrere Markierungen, die von der Spurensicherung auf der feuchten Erde platziert worden waren.
»Fußspuren«, stellte Cooper fest.
»Von Stiefeln, so wie es aussieht. Schön deutliche Abdrücke.«
»Hilfreich.«
Zwischen den Linden und dem Haus erstreckten sich zwei leicht abschüssige Rasenflächen, die von Blumenrabatten eingerahmt waren und durch einen gepflasterten Weg voneinander getrennt wurden. Der Weg schlängelte sich ein wenig, ehe er vor einer Sonnenuhr auf einem Steinsockel endete. Cooper sah keine weiteren weißen Markierungen, und die Spurensicherung war inzwischen zur Einfahrt und zur Garage vorgerückt.
»Zwischen hier und dem Haus gibt es keine Abdrücke, obwohl das Gras ziemlich lang ist und nicht frisch gemäht wurde.«
Fry zuckte mit den Schultern. »Dann muss er auf dem Weg gegangen sein.«
»Ach ja. Er hatte Angst, mit seinen großen Stiefeln den Rasen zu zertrampeln. Und was ist mit dem Zwei-Meter-Satz zur Sonnenuhr?«
»Ben, im Gras haben sich die Abdrücke einfach nicht gehalten, das ist alles.«
»Hätten sie aber tun müssen«, sagte Cooper, »wenn es nass war.«
Cooper beobachtete Gavin Murfin, der sich neben dem Haus umsah und über die dichte Hecke ins Nachbargrundstück spähte. Ihm wurde bewusst, dass er zum ersten Mal seit Monaten mit Diane Fry allein war, ohne dass Murfin oder irgendjemand anderer dabei war und mithörte, worüber sie sich unterhielten, oder sich einmischte. Fry versuchte ausnahmsweise einmal nicht, ihm aus dem Weg zu gehen. Sie schien zu sehr in Gedanken versunken zu sein.
»Diane...«, sagte er.
»Was ist?«
Der veränderte Tonfall seiner Stimme alarmierte Fry, und
sie sah ihn argwöhnisch an. Manchmal wünschte sich Cooper, ein besserer Schauspieler zu sein.
»Ich weiß, dass es mich nichts angeht«, sagte er und verstummte wieder, als sie verärgert die Augen verdrehte, wenngleich sie sich nicht vom Fleck rührte. »Aber ich hab gehört, dass Angie bei dir wohnt.«
»Hast du am Kaffeeautomaten
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