Der Rache kaltes Schwert - Crombie, D: Rache kaltes Schwert - And Justice there is None
freundlich – sogar bei Sid hatte er Fortschritte gemacht -, doch nur Gemma folgte er auf Schritt und Tritt und beobachtete sie unentwegt mit wachsamen und sehnsüchtigen Blicken.
»Willst du damit sagen, dass du glücklich bist?«
»Rundum zufrieden. Na ja, fast …«, fügte sie hinzu, und er sah ihr Lächeln im Schein des Kaminfeuers. »Ich hab mich mal im Kinderzimmer umgesehen, nachdem ich Toby ins Bett gebracht habe, und habe über Wiegen nachgedacht.«
»Über Wiegen?«
»Toby hatte nie eine richtige Wiege, bloß einen Babykorb und eine von diesen Babytragen für unterwegs. Ich will ein richtiges Kinderzimmer für unser Baby, mit allem Drum und Dran.«
»Ein Jungenzimmer oder ein Mädchenzimmer?«
»Du bist ganz schön raffiniert, aber ich werde nicht verraten, was mir lieber wäre.«
»Es ist doch nichts Schlimmes, sich etwas zu wünschen. Du wirst dich schon nicht irgendeinem bösen Zauber aussetzen, wenn du es sagst. Und du wirst das Baby auch nicht weniger lieben, wenn es anders kommen sollte.«
Gemma zögerte, dann zuckte sie mit den Achseln. »Irgendwie komme ich mir dabei illoyal vor. Aber wenn du es wirklich wissen willst – ich wünsche mir ein Mädchen. Ich träume von kleinen Mädchen. Ich bleibe vor Schaufenstern stehen und schaue mir Mädchenkleider an.«
»Das habe ich mir schon gedacht.«
»Und was wünschst du dir?«
»Ein Mädchen natürlich, allein schon, um das Geschlechterverhältnis im Haus ein wenig auszugleichen. Sollen wir über Namen reden?«
Gemmas Hand fuhr zu ihrem Bauch – eine schützende Geste, die Kincaid jedes Mal rührte. »Nein. Es ist noch zu früh. Ich -«
Das Telefon klingelte – ein Geräusch, das ihre friedliche Stimmung mit einem Schlag zerschmetterte wie Glas.
»Verdammt.« Ein Blick auf die Uhr sagte ihm, dass es fast elf war, und er befürchtete das Schlimmste. Wenn so spät am Abend das Telefon läutete, bedeutete das nie etwas Gutes.
Es war noch schlimmer, als er befürchtet hatte. Er kam in das Zimmer zurück, das vom warmen Schein des Kaminfeuers erleuchtet war, und wusste, dass Gemmas Gesicht vom Warten angespannt sein würde. Dass ausgerechnet er es ihr sagen musste!
»Es geht um Karl Arrowood. Er wurde ermordet.«
14
Mitte der Sechziger wurden jede Menge neue Gesetze er lassen. Die Polizei und die Behörden versuchten auf den Straßen für Ordnung zu sorgen. Aber der Krieg war nun einmal vorbei, und sie mussten zur Kenntnis nehmen, dass die Welt sich verändert hatte, und in ihren eigenen Reihen aufräumen, bevor sie wieder von alter imperialer Größe träumen konnten. Wir haben das von Anfang an durchschaut.
Charlie Phillips und Mike Phillips, aus:
Notting Hill in den Sechzigern
»Ermordet? Wo?«
»In seiner Einfahrt.«
»O Gott.« Gemma stand auf, und Geordie sprang vom Sofa herunter. Verschreckt durch ihren Ton legte er die Stirn in Falten. »Doch nicht etwa auf die gleiche Art und Weise?«
»Es sieht ganz so aus«, sagte Kincaid. »Sie warten auf uns.«
»Ich ziehe mich schnell um. Kannst du bitte Kit wecken und ihm sagen, was los ist? Ob er wohl allein mit Toby klarkommen wird?«
»Wir müssen es ja wohl drauf ankommen lassen, oder?«
Kit setzte sich im Bett auf; seine blonden Haare standen ihm in allen Himmelsrichtungen vom Kopf ab. »Klar komm ich zurecht«, sagte er entrüstet. »Aber müsst ihr da wirklich hin? Es ist doch Weihnachten.«
»Ja. Es tut mir Leid. Aber der Weihnachtsmann war schon da und hat die Strümpfe mit den Geschenken für euch an den Kamin gehängt. Sie waren ihm zu schwer, und da wollte er sie nicht bis zu euch hochschleppen.«
Kit verdrehte die Augen angesichts dieser Ammenmärchen, und Kincaid blinzelte ihm verschmitzt zu. »Wenn Toby aufwacht, bevor wir zurück sind, kannst du mit ihm runtergehen. Ansonsten haben wir ja unsere Handys dabei, falls du irgendetwas brauchst.« Kincaid strich Kit übers Haar. Zu seiner Überraschung griff der Junge nach seiner Hand und hielt sie einen Augenblick lang fest.
Kincaid war tief berührt und hätte beinahe gesagt: »Ich liebe dich«, doch er unterdrückte den Impuls rechtzeitig. Er wollte nicht riskieren, das empfindliche emotionale Gleichgewicht aufs Spiel zu setzen, das sie so mühsam erreicht hatten.
Stattdessen nahm er Kit bei der Hand und zog ihn aus dem Bett. »Komm her und schau mal aus dem Fenster, mein Junge, bevor du dich wieder schlafen legst. Wir werden weiße Weihnachten bekommen.«
Der Tatort sah mehr oder weniger so aus
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