Der Rache kaltes Schwert - Crombie, D: Rache kaltes Schwert - And Justice there is None
ich muss danach fragen.«
Ling schaltete den Kassettenrekorder aus, der bisher mitgelaufen war. »Meine inoffizielle Meinung? Ich würde sagen, so gegen acht Uhr abends. Offiziell werde ich enttäuschend vage bleiben müssen – so was wie zwischen sieben und zehn. Wenn ich mir den Mageninhalt vorgenommen habe, werde ich mich vielleicht etwas präziser äußern können.«
»Vielen Dank«, sagte er mit ungekünstelter Herzlichkeit.
»Gehen wir doch einen Moment nach draußen«, sagte die Gerichtsmedizinerin. »Ist ja nicht nötig, dass Sie sich den ekligen Teil auch noch mit ansehen, Organe und so. Ich schicke Ihnen einen Bericht.« Als sie draußen auf dem Flur waren, nahm sie die Maske und die Haube ab, schüttelte ihr glänzendes schwarzes Haar und streifte die Handschuhe ab. »Übrigens, da fällt mir ein, dass ich genau das Gleiche vor kurzem zu Gemma gesagt habe. Ich dachte einen Moment lang, sie würde mir vor der Nase zusammenklappen. Das sieht ihr doch gar nicht ähnlich, oder?«
»Nein«, erwiderte er unverbindlich. Er fragte sich, worauf sie eigentlich hinauswollte. »Sie muss wohl einen besonders schlechten Tag gehabt haben.«
Kate Ling sah ihn stirnrunzelnd an. »Duncan, ich habe mich die ganze Zeit schon gefragt … Ich weiß ja, dass es mich nichts angeht, aber haben Sie beide vielleicht was miteinander?«
»Wir sind gerade zusammen in ein Haus gezogen«, antwortete Kincaid. Er sah keinen Grund, nicht offen zu sein. »Jetzt, da sie nicht mehr direkt mit mir zusammenarbeitet, ist das schon eher zu vertreten.«
»Ach, sei’s drum«, meinte Kate. Dann zuckte sie mit den Schultern und sah ihn lächelnd an. Er wusste genau, was dieser
Blick bedeutete, und musste zu seiner Überraschung feststellen, dass es ihm vollkommen die Sprache verschlagen hatte. Doch sie kam ihm zu Hilfe. »Ich hoffe, es klappt alles so, wie Sie beide sich das vorgestellt haben. Sie ist doch schwanger, nicht wahr?«
»Ja. Das Baby soll im Mai zur Welt kommen.«
»Fühlt sie sich gut? Als ich sie zuletzt gesehen habe, war sie ein bisschen blass um die Nase.«
»Sie hatte vor einigen Wochen ein Problem mit der Plazenta«, gab er zu. »Eine leichte Blutung. Aber inzwischen scheint alles in Ordnung zu sein.«
»Gut.« Kate sah ihn lächelnd an. Ihr Blick schien zu besagen, dass er sich keine Sorgen machen solle, doch das kurze Aufflackern des Zweifels in ihren Augen war ihm nicht entgangen.
Gemma trat aus dem Dienstgebäude in das Licht des späten Vormittags hinaus und blinzelte, als sei sie gerade aus einem langen, unfreiwilligen Winterschlaf erwacht. In der Nacht hatte es aufgehört zu schneien, doch über den Dächern hingen immer noch graue Wolken, und in den Rinnsteinen und auf den Gehwegen lag schmutziger Schneematsch.
Zitternd vor Kälte wartete sie auf Kincaid, der den Wagen holen gegangen war, und dachte darüber nach, was der Morgen gebracht hatte. Das Ergebnis war nicht eben geeignet, ihre Stimmung aufzuhellen.
Sie hatten Alex Dunn auf dem Revier festgehalten, bis Mrs. Du Ray eingetroffen war und ihn eindeutig identifiziert hatte. Doch nachdem diese Formalität erledigt war, hatten sie ihn mit der Auflage, sich zur Verfügung zu halten, nach Hause schicken müssen.
Das Gleiche traf auch auf Gavin Farley zu, was Gemma noch wesentlich mehr fuchste. Sowohl seine Schwiegereltern als auch seine Nachbarn, die Simmonsens, hatten sein Alibi
bestätigt und felsenfest behauptet, dass sie ihn während des Zeitraums, der laut der Gerichtsmedizinerin für den Mord an Arrowood in Frage kam, nie länger als fünf Minuten aus den Augen verloren hätten. Die Nachbarn hatten zudem deutlich zu erkennen gegeben, dass sie nicht viel von Farley hielten, was es unwahrscheinlich machte, dass sie ihn würden schützen wollen. Das Team von der Spurensicherung hatte auch nichts finden können; allerdings konnte man wegen der Feiertage unmöglich sagen, wie lange es dauern würde, bis die letzten Ergebnisse aus dem Labor des Innenministeriums vorlagen.
Und dann war Gemma die Aufgabe zugefallen, Karl Arrowoods Söhne und seine Exfrau von seiner Ermordung zu unterrichten. Sean, der jüngere Sohn, hatte die Tür geöffnet, als sie zu der Wohnung seiner Mutter gefahren war.
»Inspector James.« Ein argwöhnischer Ton hatte sich in seine Stimme geschlichen. »Kommen Sie doch herein.«
»Ich fürchte, ich habe eine sehr schlechte Nachricht für Sie. Ihr Vater wurde gestern Abend ermordet.« Er starrte sie an, ohne auch nur einen Ton zu
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