Der Rache kaltes Schwert - Crombie, D: Rache kaltes Schwert - And Justice there is None
ich keine Eltern hätte, die für mich die Verantwortung übernehmen könnten.«
»Das ist nicht das erste Mal, dass sie mit Anwälten droht. Da würde ich nichts drauf geben«, sagte Kincaid beschwichtigend. Aber der Junge biss immer noch die Zähne zusammen und wollte Kincaid nicht in die Augen sehen. »Das ist noch nicht alles, habe ich Recht? Was hat sie noch gesagt?«
»Sie hat gesagt, wenn ich ein anständiger Sohn gewesen wäre, dann hätte ich besser auf meine Mutter Acht gegeben, und dann wäre sie nicht gestorben.«
Der Zorn, der Kincaid schlagartig übermannte, ließ ihn am ganzen Leib zittern. Er holte tief Luft, um sich zu beruhigen. »Kit, das ist absoluter Blödsinn. Hast du mich verstanden? Ich weiß, wie gut du dich um deine Mama gekümmert hast, weil sie es mir selbst gesagt hat. Und ich weiß, dass du sie nicht hättest retten können, was auch immer du getan hättest. Sind wir uns da einig?«
Kit nickte, aber Kincaid war noch nicht überzeugt. Er wusste nur eins: Er musste verhindern, dass Eugenia Potts weiterhin ihr Gift versprühte, und das wiederum bedeutete, dass er sie daran hindern musste, Kit weiterhin zu sehen – Punkt und Ende. Aber in einem hatte Eugenia Recht – er hatte keinen gesetzlichen Anspruch auf das Sorgerecht für Kit. Es gab nur eine Möglichkeit, hier Abhilfe zu schaffen – er würde seine Vaterschaft beweisen müssen.
»Ich will, dass du mir von meiner Mutter erzählst.« Alex Dunn saß in Janes Wohnzimmer vor dem unbeleuchteten Weihnachtsbaum. Unterwegs hatte er einmal Halt machen müssen, so überwältigt von seinen Erinnerungen, dass er nicht weiterfahren konnte. Dann hatte er das kleine Haus leer vorgefunden und ungeduldig gewartet, bis Jane zurückgekommen war.
»Von deiner Mutter?«, wiederholte Jane verständnislos.
»Ist sie wirklich tot?«
»Ich nehme es an. Warum, Alex?«
»Als ich noch klein war, hast du gesagt, sie könne nicht für mich sorgen, weil sie krank sei. Das war nicht die Wahrheit, habe ich Recht? Sie war drogensüchtig.«
»Alex – was – woher -«
»Warum hast du mich angelogen? Mein ganzes Leben habe ich dieses rosige Bild meiner seligen Mutter mit mir herumgetragen, wie sie mich mit ihrem Segen deiner Obhut übergibt – und es war alles eine einzige Lüge. Es war ihr völlig schnuppe, was mit mir passierte.«
»Alex, das ist nicht wahr. Es war ihr nicht egal. Deswegen hat sie dich zu mir gebracht. Und, du meine Güte, du kannst doch einem Fünfjährigen nicht erzählen, dass seine Mutter ein Junkie ist!«
»Du hättest es mir später sagen können, als ich älter war.«
»Wann denn genau? Als du zwölf warst? Oder sechzehn? Zwanzig? Wie hätte ich denn entscheiden sollen, wann der richtige Zeitpunkt war, dein Leben zu zerstören? Und außerdem«, fügte sie ein wenig ruhiger hinzu, »haben Legenden es so an sich, dass sie ihre eigene Wirklichkeit schaffen. Nach einer Weile habe ich beinahe selbst angefangen, an die Geschichte zu glauben. Wer hat es dir gesagt, Alex?«
»Niemand. Ich habe es geträumt. Und dann sind die Erinnerungen zurückgekommen.«
Janes Gesicht wurde aschgrau. »O Gott, Alex, es tut mir so Leid. Du hattest als Kind immer Albträume. Ich dachte, sie
hätten schon vor Jahren aufgehört.«
»Hat sie mich wirklich hierher gebracht, in dein Haus? Oder war das auch eine Lüge?«
»Nein, das stimmt. Es war das letzte Mal, dass ich sie gesehen habe. Ich habe jahrelang versucht, sie zu finden, aber sie war spurlos verschwunden.«
»Und was ist mit meinem Vater? War er auch so ein Junkie – ein One-Night-Stand?«
»Ich weiß es nicht, Alex, ehrlich nicht. Aber da war ein Mann … sie ist einmal mit ihm hierher gekommen, als sie mit dir schwanger war. Das war, nachdem Mama und Papa gestorben waren. Sie hatte es noch nicht einmal mitbekommen.« Jane schüttelte den Kopf, als ob sie ihr damaliges ungläubiges Erstaunen noch einmal durchlebte. »Aber ich glaube, zu der Zeit war sie clean, jedenfalls vorübergehend. Sie sah gut aus, und sie schien glücklich.«
»Wer war er? Wie hieß er?«
»Ich weiß es nicht. Er hat im Wagen auf sie gewartet. Ich habe ihn nie kennen gelernt. Alles, was ich dir sagen kann, ist, dass seine Kleider und sein Wagen sehr teuer aussahen, und dass ich mir damals dachte, er würde wohl gut für sie sorgen.«
Alex konnte die plötzliche, unerklärliche Panik nicht unterdrücken, die sich von seiner Magengrube auszubreiten begann. »Dieser Mann – wie hat er ausgesehen?«
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In den
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