Der Rache kaltes Schwert - Crombie, D: Rache kaltes Schwert - And Justice there is None
war.«
»Ich kann ihr keinen Vorwurf machen, so wie die Dinge liegen. Und sie hatte ja nie die Gelegenheit, Dawn kennen zu lernen – nicht dass ich sie gut gekannt hätte, aber sie schien mir wirklich nett zu sein.«
»Ich glaube kaum, dass das Fern beeindruckt hätte. Und ich hoffe nur, dass Alex sie nicht allzu heftig abblitzen lässt.«
»Fern ist eine erwachsene Frau – es steht nirgendwo geschrieben, dass es verboten ist, sich lächerlich zu machen.« Als Bryony klar wurde, wie sie mit ihrer Bemerkung fast ihre eigene Situation kommentierte, errötete sie. Die Erinnerung an Gavins gestrigen Seitenhieb wegen ihrer Bemühungen, Marc zu beeindrucken, schmerzte noch. »Ich kann einfach nicht glauben, dass Dawn tot ist. Sie war noch gestern Morgen in der Praxis und hat sich solche Sorgen wegen ihrer Katze gemacht, und Gavin hat seine übliche Show abgezogen – du weißt ja, wie er auf gut aussehende Frauen reagiert …«
»Ein ganz normaler Tag also.«
»Außer dass Dawn Gavins Verhalten sonst immer gelassen ertragen hat – sie schaffte es, seine Avancen stilvoll zu ignorieren, wenn du weißt, was ich meine. Aber gestern wirkte sie ziemlich gereizt, und als sie aus dem Sprechzimmer kam, sah sie aus, als könnte sie jeden Moment explodieren. Hat noch nicht mal reagiert, als ich ›Auf Wiedersehen‹ sagte.«
»Vielleicht ist Gavin schließlich doch zu weit gegangen.«
Bryony zuckte mit den Achseln. »Ich dachte immer, Gavin sei einer von den Hunden, die nur bellen und nicht beißen.«
»Kann es sein, dass sie wegen der Katze so aus dem Häuschen war?«
»Es war nichts weiter – nur ein Abszess von einer Bisswunde. Tommy gerät immer wieder in Raufereien, der Schlawiner.« Bryony gab einem ausgemergelten jungen Mann, dessen Retriever gesünder wirkte als er selbst, einen Nachschlag.
»Marc«, sagte sie zögernd, »ich hatte dich etwas fragen wollen, aber heute Morgen war so viel los, da hab ich es glatt wieder vergessen.« Sie warf ihm einen Seitenblick zu und versuchte einzuschätzen, wie er reagieren würde; dann zwang sie sich, fortzufahren. »Ob ich wohl einmal die Woche eine Sprechstunde für die Tiere deiner Klienten abhalten könnte?«
»Hier?«
Sie nickte. »Vielleicht am Sonntagnachmittag, dachte ich.«
»Aber Bryony, du weißt doch, dass sie nicht dafür bezahlen könnten.«
»Natürlich nicht. Aber ich könnte es fürs Erste aus meiner eigenen Tasche bestreiten – das Teuerste ist sowieso meine Zeit -, und wenn es dann richtig läuft, könnte ich in der Nachbarschaft Spenden sammeln.«
»Aber Bryony, es ist zu viel -«
»Ich könnte nur Impfungen anbieten und leichtere Verletzungen und Krankheiten behandeln, das ist mir schon klar, aber das wäre doch immer noch besser als gar keine Pflege.«
»Nein, ich meine, für dich ist es zu viel. Du bist dir wohl nicht im Klaren darüber, wie viel von deiner Zeit und deiner Energie das beanspruchen würde -«
»Wie kannst du mir mit diesem Einwand kommen? Du lebst doch nur für diese Suppenküche; du schläfst oben auf einer Matratze; du hast gerade mal genug Geld übrig, um dir dann und wann einen Kaffee leisten zu können -« Bryony merkte, dass sie zu weit gegangen war, und spürte, wie ihr das Blut in die Wangen stieg. »Oh, Marc, es tut mir ja so Leid. Ich habe kein Recht, so etwas zu sagen -«
»Nein, du hast vollkommen Recht. Es war ganz schön selbstgerecht und vermessen von mir, dir weismachen zu wollen,
du wärest der Aufgabe nicht gewachsen. Ich muss mich bei dir entschuldigen.« Ein seltenes Lächeln ließ sein Gesicht erstrahlen. »Ich finde, das ist eine glänzende Idee, und du bist ein Genie, dass dir so etwas einfällt. Wann sollen wir anfangen?«
Gemma ließ den Wagen auf dem Parkplatz der Polizeiinspektion stehen. Sie wusste, dass die Wahrscheinlichkeit, an einem Samstag in der Nähe der Portobello Road einen Parkplatz zu finden, nahezu null war. Während sie die Ladbroke Road entlang zum Markt ging, fiel ihr auf, dass es bitterkalt geworden war, obwohl der Regen inzwischen aufgehört hatte. Die kahlen Äste der Bäume waren mit perlengleichen Tröpfchen besetzt, die aussahen, als könnten sie jeden Moment herabfallen.
Als sie das obere Ende der Portobello Road erreichte, war sie schon ganz durchgefroren, und sie beobachtete neidisch die Flut der Einkaufslustigen, die ihr entgegenströmte, beschwingten Schritts und mit glänzenden Augen, die ihren unersättlichen Appetit auf Schnäppchen verrieten. Aber hier in diesem
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