Der Rache kaltes Schwert - Crombie, D: Rache kaltes Schwert - And Justice there is None
ein frustrierendes Unterfangen. Als sie endlich den Wagen abgestellt hatte und zu Fuß zur Brewery zurückging, hatte sie kaum noch Augen für das mit Gold und grünem Marmor ausgestattete Foyer. Sie fuhr mit dem Lift in den zweiten Stock, fand die Nummer, die Arrowood ihr genannt hatte, und klingelte.
Es dauerte nicht lange, bis ein gut aussehender Mittfünfziger mit rötlichem Teint die Tür öffnete und sie lächelnd begrüßte, als sei sie eine lang erwartete Verwandte. »’allo. Sie müssen die Dame von der Polizei sein.« Er hatte einen starken französischen Akzent, war jedoch gut zu verstehen, und Gemma fand es unmöglich, sein Lächeln nicht zu erwidern.
»Mein Name ist Gemma James. Mr. Arrowood hat Sie sicherlich angerufen.«
»Ja.« André Michel ließ sie eintreten und schloss die Tür hinter ihr. Die gewaltige Tower Bridge füllte die Fenster aus, ein umwerfender Anblick. »Eine schreckliche Nachricht. Hier, nehmen Sie doch bitte Platz. Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?«
Gemma riss sich von der Aussicht los und erblickte auf dem Beistelltisch ein Tablett mit Wein und mehreren Gläsern. »Für mich nicht, danke. Aber Sie konnten doch nicht wissen, dass ich gerade jetzt kommen würde -«
»Nein.« Michel lachte. »Ich würde gerne behaupten können, dass ich solche hellseherischen Fähigkeiten besitze, aber es ist nur so, dass ich heute Abend Gäste erwarte.« Der köstliche Duft von Knoblauch und frischen Kräutern wehte aus der Küche herein, von der Gemma durch die Tür auf der anderen Seite des Wohnzimmers ein kleines Stück sehen konnte. »Ein kleiner Coq au Vin, ein altes Familienrezept«, fügte Michel hinzu, als er ihren Blick bemerkte.
»Dann möchte ich Ihnen nicht unnötig viel Zeit stehlen, Mr. Michel.« Gemma nahm den angebotenen Platz gegenüber der Fensterfront ein, und es tat ihr ein wenig Leid, dass sie von hier aus die interessante Sammlung von Ölgemälden nicht sehen konnte, die sie an der Wand entdeckt hatte. »Wie ich höre, waren Sie gestern Abend mit Mr. Arrowood auf einen Drink verabredet.«
»Darf ich?« Michel sah sie fragend an, bevor er sich ein Glas Rotwein einschenkte. »Ja, und wir sind in bester Laune auseinander gegangen. Wenn ich gewusst hätte, dass er kurz darauf seine arme Frau zu Hause ermordet auffinden würde … Ich denke manchmal, ist es gut, dass wir nicht in die Zukunft sehen können.«
»Kam Ihnen Mr. Arrowood gestern so wie immer vor?«
»Karl? Karl ist immer ganz der Geschäftsmann. Ich glaube,
er hat wenig übrig für unsere südländische Art, alle Aspekte des Lebens zu genießen.«
»Was genau tun Sie für Mr. Arrowood?«, fragte sie. »Ich glaube, er sagte, Sie seien ein Händler.«
»Händler, Sammler, und vieles andere mehr.« Michel deutete auf die Gemälde, die Gemma von ihrem Platz aus nicht mehr sehen konnte. »Ich habe ein Talent dafür, Landschaftsgemälde aus dem achtzehnten und neunzehnten Jahrhundert aufzuspüren, sei es bei einer Auktion oder versteckt unter einem Sack Rüben. Es ist eine angeborene Gabe, wie die Nase eines Trüffelschweins; ich kann mir nichts darauf einbilden.«
»Und diese Gemälde verkaufen Sie an Mr. Arrowood?«
»Karl ist einer meiner Kunden, ja. Er verkauft die Gemälde zu einem wesentlich höheren Preis an seine Kunden weiter.« Michel zuckte mit den Achseln, als wollte er sagen: C’est la vie . »So funktioniert das Antiquitätengeschäft nun einmal – ein bisschen Profit muss für jeden drin sein. Aber Karl steht eindeutig an der Spitze der Pyramide.«
»Kennen Sie Karl – Mr. Arrowood – schon lange?«
Wieder lachte Michel amüsiert auf. »Schon viele Jahre. Aber damals war Karl noch längst nicht so gewieft. Er hat allerdings immer schon gewusst, was er wollte, und auch damals hat er schon sehr darauf geachtet, die richtigen Leute kennen zu lernen und zu den richtigen Partys eingeladen zu werden.« Mit einem Seufzer fügte er hinzu: »Früher ging auf diesen Londoner Partys noch die Post ab – oder vielleicht lag es nur daran, dass ich damals noch jung genug war, um dieses Leben einer guten Flasche Wein mit Freunden vorzuziehen.«
»Und gestern, Mr. Michel, hat Mr. Arrowood da irgendetwas gekauft?«
»Zwei Gemälde sogar; er hat sie gleich mitgenommen. Sie haben ihm besonders gut gefallen.«
»Um wie viel Uhr hat er sich von Ihnen verabschiedet?«
»Ah, jetzt wird es kompliziert.« Michel legte die Stirn in
Falten und dachte konzentriert nach. »Ich weiß, dass es gerade dunkel
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