Der Rache kaltes Schwert - Crombie, D: Rache kaltes Schwert - And Justice there is None
wurde. Die Brückenbeleuchtung war eben eingeschaltet worden. Ich würde sagen, es war gegen fünf Uhr, aber ich hatte keine Veranlassung, nach der Uhr zu sehen.«
Gemmas Herz klopfte heftiger, während sie Michels Aussage sorgfältig notierte. Wenn seine Schätzung korrekt war, dann bedeutete das, dass Arrowood rechtzeitig zu Hause gewesen sein konnte, um seine Frau zu ermorden, auch wenn man den Freitagabendverkehr berücksichtigte.
»Aber beschwören könnte ich das nicht«, fügte Michel mit entschuldigendem Unterton hinzu.
»Weil Sie sich nicht sicher sind oder weil Sie sich einen so wichtigen Kunden wie Karl Arrowood nicht zum Feind machen wollen?«, bohrte Gemma.
»Im Antiquitätenhandel kommt es sehr auf persönliche Kontakte an, gewiss, aber es würde mein Geschäft nicht ernsthaft gefährden, wenn ich mir Karl zum Feind machte. Und ich würde auch keinen Menschen schützen, der so ein schreckliches Verbrechen begangen hat. Warum glauben Sie, dass Karl so etwas tun würde?«
»Vielleicht hatte seine Frau einen Liebhaber?«
Wieder zuckte Michel mit den Achseln. »Dort, wo ich herkomme, ist so etwas kein Grund für einen Mord.«
»Aber überraschen würde es Sie nicht.«
»Dawn Arrowood war eine junge und sehr schöne Frau. Und sie besaß eine gewisse … Ernsthaftigkeit; ein gewisses Etwas, das einen neugierig darauf machte, sie näher kennen zu lernen.«
Natalie Caine hatte sie »strahlend« genannt; Otto Popov hatte gesagt, sie sei »bezaubernd« gewesen. Gemma empfand plötzlich ein tiefes Bedauern darüber, dass sie die junge Frau nie kennen gelernt hatte. »Danke«, sagte sie und stand auf. »Sie haben mir sehr geholfen.«
Michel nahm ihre ausgestreckte Hand und drückte sie eine
Spur länger als notwendig; sein Blick drückte offene Bewunderung aus. »Sind Sie sicher, dass Sie nicht noch ein wenig bleiben und meinen Coq au Vin kosten möchten? Wenn ich Ihnen etwas sagen darf: Sie sind viel zu reizend für so etwas Grobes wie Polizeiarbeit.«
Gemma spürte, dass sie heftig errötete. »Ich fühle mich außerordentlich geschmeichelt, Mr. Michel. Aber ich … äh … ich bin leider nicht frei.« Was nur allzu bald offensichtlich sein würde, wie sie mit einem Blick auf die kaum verhüllte Wölbung ihres Bauchs dachte.
Sie musste es zuerst Hazel erzählen. Mit seinen vier Jahren und seiner überschwänglichen Art würde Toby das Geheimnis ihres Umzugs nicht lange für sich behalten können, und Gemma wollte nicht, dass ihre Freundin, der sie so viel zu verdanken hatte, es aus zweiter Hand erfuhr.
Die Straße lag ruhig da, als sie vor der winzigen Garagenwohnung in Islington parkte. Die Wohnung war noch dunkel – Toby war wohl mit Hazel im Haupthaus, und Kincaid hatte sich noch nicht gemeldet. Sie stieg aus, und die plötzliche Kälte ließ sie erschauern. Durch das schmiedeeiserne Tor betrat sie den Garten, der die Wohnung vom Haus trennte.
Sie fand Hazel in der Küche, zusammen mit Toby und Hazels gleichaltriger Tochter Holly, der liebsten Spielkameradin ihres Sohnes. »Wo ist denn Tim?«, fragte sie, als Hazel sie zur Begrüßung umarmte.
»Er ist noch im Büro und arbeitet Papierkram auf. Ich wünschte, er würde nicht die Wochenenden dazu benutzen, aber was sein muss, muss sein. Die Kinder haben schon zu Abend gegessen.« Hazel deutete auf die Reste der Sandwichs auf den Tellern. »Komm, ich mach dir noch einen Tee, bevor du Toby mitnimmst.«
»Gerne«, erwiderte Gemma dankbar. Dann fügte sie leise hinzu: »Hazel, ich muss mit dir reden.«
In Hazels überraschtem Blick lag ein Anf lug von Besorgnis, doch sie setzte nur kommentarlos den Wasserkessel auf. Gemma lockte inzwischen die Kinder ins Wohnzimmer, indem sie ihnen ein Weihnachtsvideo versprach. Als sie das Piano erblickte, seufzte sie voller Bedauern. Hazel hatte ihr gestattet, nach Herzenslust auf dem alten Instrument zu üben. In Zukunft würde sie keine Gelegenheit zum Spielen haben – ob sie auch ihre Stunden würde aufgeben müssen?
Als sie am Küchentisch Platz genommen hatten, legte Gemma die Finger um den dampfenden Becher, um sich aufzuwärmen, und sah ihrer Freundin in die Augen.
»Ist alles in Ordnung mit dir, Gemma?«, fragte Hazel. »Das Baby -«
»Dem Baby geht’s gut. Es ist nur – na ja, es ist doch klar, dass sich einiges ändern muss. In der Wohnung ist kein Platz für das Baby, ganz zu schweigen von der Belastung, die es für dich bedeuten würde. Und Duncan hat ein Haus gefunden, in Notting Hill. Er
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