Der Rache Suesser Klang
Farbe wich ihm aus dem Gesicht. »Lieber Gott.« Ein Flüstern. Erschreckt. Seine Lippen zitterten, und er presste sie aufeinander. »Seine?« Er stieß den Atem aus. »Ja. Sag ihnen, sie sollen kommen … Sheraton … Okay, ruf mich an, wenn ihr hier seid.« Er klappte das Telefon zu. »Du hast eine Pistole in deiner Tasche, Dana – warum?«
Sie schluckte. Er war anders, dieser Ethan. Verschlossen und gefährlich. Kein bisschen wie der Mann, der sie in der Nacht so zärtlich geliebt hatte. »Gefährliche Gegend.« Sie hob ihr Kinn. »Warum bist du in meiner Wohnung, und wer ist die Sie, die noch etwas warten soll?«
»Sie heißt Randi Vaughn. Stans Frau.«
»Richards Bruder.«
»Ja. Randis Sohn Alec ist vor einer Woche entführt worden.«
Dana zuckte mit keiner Wimper, aber jeder Muskel in ihrem Körper verspannte sich. »Und was hat das mit mir zu tun?«
In seinen Augen blitzte es gefährlich auf. »Ich habe Alecs Spur bis hierher, bis nach Chicago verfolgt. Ich habe die Überwachungsvideos in jedem größeren Busbahnhof zwischen Maryland und Chicago angesehen. Das war es auch, was ich am Sonntag getan habe. Was hast du am Sonntag im Busbahnhof gemacht, Dana?«
Ihre Kehle drohte sich zu verschließen. Er wusste es. »Das habe ich dir schon gesagt. Ich habe eine Freundin abholen wollen.«
Seine Augen blitzten erneut. »Warum erzählst du es mir nicht, Dana? Verstehst du denn nicht? Ich weiß, wer du bist und was du machst.«
Ihr Herzschlag ging zu schnell. »Was willst du hier, Ethan?«
Er beugte sich ein wenig vor. »Verdammt, Dana. Freitagabend um zehn Uhr fünfundvierzig hast du eine Frau und einen zwölfjährigen Jungen getroffen. Sie hat dieses Kind entführt, und du versteckst sie.«
Ihr Herz hämmerte nun schmerzhaft. Jane. Erik. Sie hatte geahnt, dass mit ihnen etwas nicht stimmte. Mit dem Jungen.
Aber doch nicht so etwas. Nicht so was. Das muss ein Irrtum sein. Er muss sich irren. Das kann mir doch nicht entgangen sein. Nicht so was.
Sie sah weg, unfähig, seinen Blick noch länger zu ertragen. »Zehn«, murmelte sie. »Er ist zehn.«
Ethan presste die Lippen aufeinander. »Er ist zwölf. Und ich muss es wissen. Er ist mein Patenkind.« Abrupt packte er sie am Arm und zog sie auf die Zehenspitzen, bis ihre Augen nur Zentimeter voneinander entfernt waren.
»Ist er am Leben?«
Dana nickte. Langsam. Sein Patenkind. Er irrte sich nicht.
Oh lieber Gott.
»Ja. Er ist schwach, reagiert manchmal nicht, aber er lebt.«
»Was meinst du mit, er reagiert nicht? Ist er bewusstlos?«
»Er schläft sehr viel. Und wenn man mit ihm redet, reagiert er nicht.«
»Weil er taubstumm ist, verdammt noch mal. Wo ist er?« Er drückte ihre Schultern verzweifelt und schüttelte sie leicht. »Verdammt, Dana, sag mir, wo er ist!«
Seine Finger bohrten sich in ihr Fleisch, und sie wand sich in seinem Griff.
Er ist taubstumm.
Das erklärte vieles. »Er ist im Frauenhaus. Er ist dort in Sicherheit. Ethan, du tust mir weh!«
Ethan ließ seine Hände sinken, und sie rieb sich die Arme. »Wo ist dein Frauenhaus?«
Ihr Blick flog zu ihm, ihre Augen waren weit und wachsam. »Nein. Das werde ich dir nicht sagen.«
Ethan holte tief Luft, zwang sich, die Wut zu unterdrücken, sich zu beherrschen, sie nicht noch einmal zu packen und zu schütteln, damit sie endlich
verstand.
»Du begreifst immer noch nicht. Die Frau, die du versteckst, hat ein Kind entführt und verlangt fünf Millionen Dollar Lösegeld. Die Frau, die du versteckst, hat Alecs Eltern gerade mit der Post einen abgetrennten Finger geschickt.«
Sie stand da und starrte ihn an, das Gesicht so blass, dass er glaubte, sie würde ohnmächtig werden. Er packte ihre Arme, als sie zusammensackte. Hievte sie wieder auf die Zehenspitzen. Zwang sie, ihm in die Augen zu sehen. »Die Frau, die du versteckst, hat vier Menschen umgebracht, Dana.
Niemand in deinem Frauenhaus ist in Sicherheit!
«
Sie sackte wie eine Marionette mit durchgeschnittenen Bändern zusammen und ließ sich auf ihre Couch fallen. Voller Schrecken sah sie zu ihm auf. »O mein Gott.« Dann machte das Entsetzen einer schockierten Panik Platz, als sie endlich verstand. Sie schnellte vor. »Evie ist da!« Sie packte seinen Arm und zog sich hoch. »Ich zieh mich an. Warte.« Sie rannte stolpernd in ihr Schlafzimmer, und er folgte ihr und sah zu, wie sie sich den Bademantel herunterriss und Unterwäsche überstreifte. »Ich wusste das nicht. Ich wusste das doch nicht.« Sie murmelte es leise vor sich hin,
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