Der Rache Suesser Klang
und sie verharrte. Und schwieg. Sein Herz setzte aus, als er begriff, was das bedeuten konnte. »Ist es das, was du wolltest, Dana?«
Müde machte sie sich von ihm los, wischte sich die Augen mit dem Ärmel und rieb sich die Stirn. »Nein. Ich bin vielleicht dumm, aber nicht selbstmordgefährdet.«
Nein, nicht im herkömmlichen Sinne, dachte er. »Weißt du, warum ich vorhin so wütend war?«
Sie seufzte. »Weil ich Mia gesagt habe, sie soll einen Austausch vorschlagen. Ich hab’s verstanden, Ethan. Jetzt ist mir das klar.«
»Nein, das war es nicht. Sich als Geisel anzubieten ist ziemlich tapfer, kann sogar ein echtes Opfer sein. Wenn man weiß, dass es eine Kehrseite hat.«
Sie schaute durch die Wimpern auf, doch die Geste hatte nichts Schüchternes oder Kokettes. »Was?«
»Du hast dich ganz automatisch angeboten. Als ob es keinerlei Zweifel an deiner Handlungsweise geben könnte.«
»Gab es auch nicht«, presste sie zwischen den Zähnen hervor. Langsam machte er sie wütend.
»Und warum nicht?«
Sie machte auf dem Absatz kehrt und ging ins Bad. Er kam ihr nach und sah zu, wie sie sich kaltes Wasser ins Gesicht spritzte. »Ist dein Leben so wenig wert, dass du es ohne einen weiteren Gedanken wegwirfst?«
Ihre Hände verharrten unter dem Wasserstrahl, dann schüttelte sie sie, drehte den Hahn zu und nahm sich ein Handtuch. »Du kennst mich seit vier Tagen, Ethan. Als Richter bist du wohl kaum qualifiziert.«
Er packte ihre Schultern. »Jetzt hör mir genau zu. Ich kenne dich seit vier Tagen, die mir wie vier Jahre vorkommen. Als ich dich kennen lernte, bist du von einem Fremden niedergeschlagen worden, weil du einer Frau helfen wolltest. Dann erfahre ich, dass das genau das ist, was du tust – du beschützt Frauen vor gewalttätigen Männern. Du begibst dich täglich in Gefahr, und ich frage mich, warum. Du lebst in Armut, und ich frage mich, warum. Natürlich kann jeder sehen, dass du an das, was du tust, glaubst. Aber, Dana – du weißt nicht, wie du ausgesehen hast, als du Mia gesagt hast, du wolltest dich als Geisel anbieten. Da war keine Trauer, keine Furcht. Nur Überraschung, dass irgendjemand tatsächlich etwas dagegen einzuwenden haben könnte. Das hat mir Angst gemacht, und darüber bin ich wütend geworden.«
Sie schloss die Augen. »Ich bin müde, Ethan. Ich gehe jetzt ins Bett. Du kannst schlafen, wo immer es für dich am bequemsten ist.« Sie löste sich von ihm, ließ ihn stehen und kroch ins Bett. Nach einer halben Minute folgte er ihr.
»Rutsch rüber.« Er legt sich hin und zog sie an sich, so dass sie hintereinanderlagen. Es würde reine Folter sein, ihr Hinterteil an seinen Lenden zu spüren, aber wenn sie das aushalten konnte, dann konnte er es auch. »Und weißt du noch was?«, knurrte er. »Es hat mich auch wütend gemacht, dass du nur von deiner blöden Idee mit dem Austausch abgegangen bist, weil es allen anderen mehr schaden als nützen würde.«
»Schlaf endlich, Ethan«, zischte sie durch zusammengebissene Zähne hindurch.
»Nicht, bevor du mir nicht gesagt hast, wieso. Warum machst du das? Warum soll dein Leben eine umfassende Buße sein?«
»Das. Ist. Es. Nicht.«
»Und ob es das ist.« Er hob sich auf einen Ellenbogen und drehte sie auf den Rücken. Ignorierte den heißen Zorn in den Augen, die normalerweise so ruhig waren. »Liebling, ich bin katholisch erzogen worden. Ich erkenne Buße, wenn ich sie sehe. Liegt es daran, dass du als Kind und als Jugendliche ein paar falsche Entscheidungen getroffen hast? Verdammt, glaubst du nicht, dafür hättest du schon ein Vielfaches abgeleistet?«
Das Feuer in ihren Augen schlug höher. »Du« – ihr Finger bohrte sich in seine Brust –»bist kein diplomierter Therapeut. Und du« – sie pikste wieder –»hast überhaupt keine Ahnung, wovon du redest. Also solltest du« – eine dritte Attacke, die bestimmt einen kleinen blauen Fleck hinterlassen würde – »am besten den Mund halten.«
Jetzt kam er der Wahrheit nahe. Er packte ihre Hand und hielt sie über ihrem Kopf fest, dann die zweite, als sie sich befreien wollte. Sie versuchte zu entkommen, aber er rollte sich auf sie. »Ich habe Männer kennen gelernt, die widerwillig getötet haben, weil es ihre Pflicht war, aber nicht einmal sie sind mit solchen Schuldgefühlen belastet.« Sie wand sich unter ihm, und der musste all sein Gewicht auf sie legen, um sie ruhig zu halten. »Du hast gesessen. Hast gekifft. Es ist ja nicht so, als ob du jemanden umgebracht
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