Der raetselhafte Kunstraub
Vater von Fritz Treutlein ist ein freundlicher Mann. Aber alles hat seine Grenzen.“
Schließlich suchte man Eltern oder Verwandte, die eine Malerwerkstatt hatten.
„In der ganzen Stadt müssen die Fünfen aufgehen wie Gänseblümchen“, bemerkte der kleine Sputnik.
„Und welche Farbe nehmen wir?“ fragte eines von den Mädchen.
„Welchen Text schreiben wir auf unsere Plakate?“ wollte der Junge aus der Maximilianschule wissen.
„Das Einfachste ist immer das Beste“, erklärte Paul Nachtigall. „Unser Vorschlag ist, daß wir nur eine 5 auf unsere Plakate malen. Und zwar in unseren Stadtfarben.“ Paul Nachtigall schob sich mit der linken Hand sein Haar aus der Stirn und grinste. „Eine zitronengelbe 5 auf einem blassen blauen Grund.“ Ausgezeichnet“, lobte Ulli Buchholz. „Da müssen unsere Bad Rittershuder Bürger nicht umlernen.“
„Und wann soll es losgehen?“
„Wir haben keine Zeit zu verlieren“, mahnte Emil Langhans. „Am besten gleich.“
Es wurde festgestellt, wer Zeit hatte und wer unter Umständen auch erst später heimkommen konnte.
Die meisten von den älteren Schülern konnten bleiben. Andere sagten, daß sie zuerst noch zu Hause anrufen müßten.
Aber zuerst einmal zur Kasse“, rief Karlchen Kubatz. „Für jedes Stück Papier und für jedes Kilo Farbe brauchen wir Geld.“ Er verteilte leere Konservenbüchsen, die jetzt herumwanderten wie am Sonntag in der Kirche der Klingelbeutel.
„Ihr habt Glück, daß heute Montag ist“, glucksten die beiden Zwillinge. „Da ist das Taschengeld bei allen noch ganz neu. Bitte sehr.“
„Wenn ihr damit einverstanden seid, wird Hans Pigge unser Bankier. In Mathematik ist er immer Champion.“
„Wenn er mit den Moneten nicht nach Brasilien türmt“, kicherte das Mädchen mit dem himmelblauen Pulli. Ihre Eltern mußten nicht gerade knapp bei Kasse sein. Sie warf ein ganzes Fünfmarkstück in eine der Konservendosen.
Einige Stunden später, als drüben neben dem Kettenkarussell die Geisterbahn schon ihre Lichter eingeschaltet hatte und überall farbige Glühbirnen leuchteten, lagen schon die ersten Plakate bereit. Das heißt, es waren eigentlich nur blaue Papierstücke in verschiedenen Größen mit einer großen, zitronengelben Fünf darauf.
Und wieder einige Stunden später, als die Straßen schon ziemlich leer waren, machten sich die ersten Klebekolonnen auf den Weg. Sie arbeiteten vorsichtig und lautlos. Und sie klebten ihre blauen Papierstücke an jeden Bretterzaun, an Haustüren, Schaufenster und selbst an parkende Lastwagen. An Plakatsäulen natürlich auch.
Die zitronengelben Fünfen verbreiteten sich in der ganzen Stadt wie eine ansteckende Krankheit.
„Das gibt einen Wahlkampf, daß die Heide wackelt“, flüsterte der kleine Sputnik, als er schließlich zusammen mit Karlchen Kubatz nach Hause trabte. Der Atem der beiden Jungen dampfte in der Nacht, als ob sie dicke Zigarren rauchten.
Die Polizei kommt in Trab
Schon früh um sechs Uhr klingelte bei Polizeimeister Kalender das Telefon. Der Apparat stand auf dem Nachttisch. Nach dem dritten Klingeln knipste Kalender das Licht an und nahm den Hörer ab.
„Hoffentlich störe ich nicht?“ fragte eine Stimme.
„Ich habe nur geschlafen, sonst nichts“, knurrte der Polizeimeister. „Oder glauben Sie, daß ich um diese Zeit meine Blumen gieße? Wer ist denn überhaupt dran?“
„Reviervorsteher Nielsen“, sagte die Stimme im Telefon.
„Ja sind Sie denn total übergeschnappt, Nielsen?“ erkundigte sich der Polizeimeister. „Ich rate Ihnen, daß Sie mir jetzt ganz schnell sagen, warum Sie mich mitten in der Nacht aus dem Bett klingeln, oder ich fahre mit Ihnen Schlitten, daß Ihnen die Ohren schlackern.“
„Die ganze Stadt ist voller Fünfen“, berichtete der Reviervorsteher kleinlaut.
„Moment mal“, keuchte der Polizeimeister. Er stemmte sich jetzt hoch, so daß er aufrecht in seinem Bett saß. Dann schüttelte er den Kopf wie ein Hund, der aus dem Wasser kommt. So wurde er immer am schnellsten wach.
„Nun mal langsam der Reihe nach. Was reden Sie da von Fünfen? Also mal ganz ruhig, was ist passiert?“ Polizeimeister Kalender hatte die Augen zugedrückt und konzentrierte sich auf jedes Wort.
Knappe zwanzig Minuten später rannte er in voller Uniform aus seiner Wohnung am Rathaussaal vorbei und durch den Korridor. Er hatte sein Dienstzimmer gleich neben der Revierwache im Erdgeschoß.
Herr Nielsen hatte ihn mit drei Streifenbeamten erwartet.
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