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Der raffinierte Mr. Scratch: Roman (German Edition)

Der raffinierte Mr. Scratch: Roman (German Edition)

Titel: Der raffinierte Mr. Scratch: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Poore
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werde es darauf ankommen lassen und meine Seele behalten.«
    »Die nutzt Ihnen doch gar nichts«, sagte der Teufel.
    »Sie scheinen sich für ausgesprochen clever zu halten.« Franklin putzte seine Brille mit einem Taschentuch. »Wenn ich mich auf Sie verlassen müsste, um Erfolg und Reputation zu erwerben, müsste ich mich allerdings davon überzeugen, wie clever Sie tatsächlich sind.«
    »Was wollen Sie damit andeuten?«
    »Nichts Besonderes.« Franklin wandte sich zur Seite, kramte einen Federkiel und ein Tintenfass hervor und machte sich daran, irgendetwas auf das Deckblatt eines Buches zu schreiben. »Ich gebe Ihnen ein Rätsel auf«, sagte er dann. »Wenn Sie es binnen einer Woche beantworten können, überlasse ich Ihnen meine Seele – zu Bedingungen, die für uns beide akzeptabel sind. Falls nicht, machen wir es umgekehrt.«
    Der Teufel biss sich auf die Unterlippe. Wenn es einen Sterblichen gab, der der Erde helfen konnte, den Himmel zu überflügeln, war es Benjamin Franklin – und die Nation, die zu gründen er mithelfen würde. Dann allerdings musste er alles genau so machen, wie es vorgesehen war – was er nach Überzeugung des Teufels ohne Beeinflussung von außen eben nicht tun würde.
    »Also schön«, sagte der Teufel und griff in seine Tasche. »Aber ich möchte unserer Abmachung noch etwas hinzufügen.« Er brachte eine Glaskugel zum Vorschein und legte sie auf den Labortisch. »Diese Kugel wird Ihnen alles zeigen, was Sie wollen – aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.«
    Franklins Federkiel zitterte.
    »Ich lasse sie eine Woche hier auf dem Labortisch liegen«, fuhr der Teufel fort. »In dieser Zeit dürfen Sie keinen einzigen Blick hinein werfen. Falls doch, gehört Ihre Seele mir, ganz gleich, ob ich Ihr Rätsel lösen kann oder nicht.«
    »Einverstanden«, sagte Franklin. Er beendete seine Niederschrift, riss das Deckblatt heraus und reichte es dem Teufel.
    Der Teufel las, runzelte die Stirn und las noch einmal, diesmal laut. »Wie weit kann ein Hund in den Wald rennen?«
    »Das Rätsel«, sagte Franklin. »Dann also bis nächste Woche.«
    Der Teufel wandte sich zur Tür, zögerte, und drehte sich noch einmal zu Franklin um.
    »Stimmt was nicht?«, fragte dieser.
    »Nein, nein, alles in Ordnung«, sagte der Teufel. »Ich hatte mir nur überlegt, ob Sie vielleicht so freundlich wären, mir Ihren Hund auszuleihen …«
    ***
    Der Teufel liebte die Wissenschaft. Schließlich war er nüchtern und methodisch.
    Er mietete eine Kutsche, die ihn und Franklins große Neufundländerhündin aus der Stadt brachte und am Rand der Wälder absetzte.
    »Ich nehme an, das ist die Art von Wäldern, die er gemeint hat«, murmelte der Teufel vor sich hin.
    Die Hündin Queen bedachte ihn mit einem Seitenblick und leckte ihm die Hand.
    »Also schön«, bellte der Teufel in Queens eigener Hundesprache. »Ab mit dir!«
    Und ab ging sie. Es sei wichtig, hatte der Teufel ihr gesagt, dass sie renne . Schließlich ging es bei dem Rätsel nicht darum, wie weit ein Hund in einen Wald trotten oder springen oder schleichen konnte. Queen war zu Gehorsam erzogen. Sie rannte den ganzen Weg und blieb erst auf der anderen Seite des Waldes stehen, wo der Teufel sie durch irgendeinen unheiligen Trick bereits erwartete.
    Er hatte ein Notizbuch gekauft, in das er nun schrieb: Den ganzen Weg durch den Wald. Er fügte noch hinzu, dass Queen zwei Minuten gebraucht und die Anstrengung sie zum Sabbern gebracht habe.
    Ein guter Wissenschaftler war in den Augen des Teufels jemand, der alles beobachtete und notierte. Später konnte er beurteilen, was wichtig war und was nicht. Man sagte dem Teufel häufig nach, er stecke im Detail. Dem konnte er nur beipflichten.
    Sie verbrachten einen ganzen Nachmittag in den Wäldern. Der Teufel ließ Queen in die entgegengesetzte Richtung durch den Wald rennen (zwei Minuten zehn Sekunden). Er ließ sie einen Versuch unternehmen, unterwegs Hindernissen auszuweichen (drei Minuten vierzehn Sekunden) und einen weiteren, bei dem sie in gerader Linie rennen musste, egal was im Weg stand, ob tote Bäume, Erdlöcher oder Dornengestrüpp (genau neun Minuten, hauptsächlich wegen des Dornengestrüpps). Er ließ sie rückwärts rennen. Er ließ sie rennen, als würde sie Beute jagen, und er ließ sie rennen, als würde sie selbst gejagt. Er ließ sie an verschiedenen Stellen rennen. Er fertigte Notizen über die Position der Sonne, des Mondes (der um halb aufging und beinahe voll war, wenngleich noch sehr

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