Der raffinierte Mr. Scratch: Roman (German Edition)
erweckt.
»Lassen Sie mich raus!«, krächzte das Butterfass.
Franklin hob die Augenbrauen. »Warum sollte ich?«
Der Wind und die Leiter ließen ihn einen Meter die Straße hinunterstolpern.
Das Butterfass folgte ihm auf dem Fuß. Hopp, klonk, hopp, klonk.
»Hören Sie!«, sagte es zu Franklin. »Ich wollte Ihnen doch nur behilflich sein. Dass Sie unsere kleine Wette gewonnen haben, hat lediglich meine These untermauert.«
»Die da wäre?«
»Ihre eigene Cleverness. Die Verschlagenheit und der Geist der Landbevölkerung im Allgemeinen. Es macht mich glücklich, dass ich beides unterschätzt habe, gewaltig unterschätzt.«
»Trotzdem«, brummte Franklin. »Was man fair gewonnen hat …«
»Ich lass Sie in die Kugel schauen«, sagte das Butterfass.
Franklin schien zu überlegen und machte einen Stolperschritt um das Butterfass herum, als der Wind ihn in die andere Richtung trieb, sodass er den Kirchturm erneut verfehlte.
»Außerdem helfe ich Ihnen mit der Leiter.«
»Na gut«, sagte Franklin, der den Kirchturm ein weiteres Mal verfehlte.
»Also einverstanden!«, rief das Butterfass. Der Deckel flog herunter, und ein Springteufel kam zum Vorschein – ein echter obendrein. Im Handumdrehen wehte der Wind die Leiter mit voller Breitseite gegen den Kirchturm, wo sie fest und unverrückbar stand. Der Teufel saß auf einer Runge in vielleicht zehn Metern Höhe und tippte sich an den Hut.
»Ein bisschen Respekt wäre angebracht!«, brummte Franklin mürrisch. »Das ist immerhin eine Kirche.«
Donner grollte. Die wenigen Philadelphier auf den Straßen hielten sich die Hüte und eilten in ihre Häuser. Der Teufel kramte in seinen Taschen, brachte die Glaskugel zum Vorschein und warf sie. Franklin fing sie geschickt mit einer Hand und schaute hinein.
Er sah Armeen und brennende Felder. Gewaltige Auseinandersetzungen. Neue Ideen. Neue Maschinen. Sogar seinen eigenen Tod. Was er sah, trug er für den Rest seiner Tage mit sich herum. Zugleich nahm das Wissen ihm jede Furcht, auch wenn es ihn traurig stimmte. Er starrte gut fünf Minuten lang in die Kugel, dann warf er sie zum Teufel zurück, der sie in seine Tasche schob.
Ein Blitz zuckte, fast im gleichen Augenblick begleitet vom Donnerhall.
Franklin wickelte seinen Blitzableiter aus und betrachtete ihn verzagt.
»Ich nehme nicht an …«, sagte er zum Teufel, der in diesem Moment die Leiter hinunterglitt, »dass Sie das hier nehmen«, er deutete auf den Blitzableiter, »und um der Wissenschaft und öffentlichen Sicherheit willen da oben«, er deutete auf die Kirchturmspitze, »befestigen würden?«
»Nein«, sagte der Teufel, als er am Fuß der Leiter angekommen war und seinen Kragen hochklappte.
»Warum nicht?«
»Es ist Ihre große Idee, nicht meine.«
»Es ist an mir, Sir, Beobachtungen anzustellen und Notizen festzuhalten. Man sollte den Wert sorgfältiger Notizen niemals unterschätzen.«
»Tue ich ja gar nicht. Meine allerbesten Wünsche, aber ich muss jetzt los.«
Franklin hielt die Leiter mit einem Fuß an ihrem Platz und wischte sich mit den Mantelschößen die Brille sauber.
»Ganz wie Sie meinen«, sagte er zum Teufel. »Aber könnten Sie kurz bei mir hereinschauen und Mrs. Franklin bitten, mir zur Hand zu gehen?«
8
Lieblingsspeisen
und
Gut
und
Böse
Verschiedene Highways, 1969
So viel zur Dan Paul Overfield Band , dachte Memory.
Es war einen Tag und eine Nacht her, dass der Mast auf sie gefallen war. Fish und Zachary waren in ein Krankenhaus in New York City eingeliefert worden, wo die Chirurgen sich bemühten, Fishs Daumen wieder anzunähen, während Zachary auf Hirnschäden untersucht wurde.
»Wir wissen erst in ein paar Wochen mehr«, informierten sie Memory, was den Zustand von Zachary betraf. »Es hat wenig Zweck, wenn Sie warten …«
Sie besuchte Fish, der einen dicken weißen Gips um den Arm trug. Er war high vor Schmerzmitteln, aber wach genug, um Memory die Schuld zu geben dafür, dass sie in Woodstock aufgetreten waren und ihr zu sagen, sie solle verschwinden.
»Wie du meinst«, sagte sie.
Es war ihr ziemlich egal, was Fish oder sonst jemand zu sagen hatte. Sie fühlte sich wie betäubt, als würde die Amnesie sich von ihrem Kopf in ihren Körper hinein ausbreiten. Wie in einem Nebel verließ sie das Krankenhaus und setzte sich an eine Bushaltestelle einen Block die Straße hinunter. Sie beobachtete die Tauben und blinzelte alle paar Minuten.
Es war vorbei. Der große Traum war mit Dan Paul gestorben, dann für einen
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